Sie sind überall – und kaum in den Griff zu kriegen. Langsam festigen sich kriminelle Clan-Strukturen auch in der niedersächsischen Provinz. Die Landesregierung agiert hilflos.
Im Sommer vergangenen Jahres machte eine Überfall-Aufnahme die Runde in den sozialen Netzwerken. Sie zeigte mehrere Fahrzeuge, die vor einem Döner-Imbiß in einer Innenstadt anhielten. Die Kennzeichen stammten aus verschiedenen norddeutschen Landkreisen sowie Nordrhein-Westfalen. Den Autos, Typ 600er Benz und dicker BMW, die den Verkehr blockierten, entstiegen Männer, die das Lokal betraten. Am hellichten Tag schlugen sie auf einen Mann ein, stürzten Sonnenschirme um und fuhren kurz darauf gänzlich ohne Hast wieder davon.
Der 37jährige Imbißbesitzer mußte ins Krankenhaus. Sein Bruder unterstützte die Ermittlungen nicht, sondern leistete laut Polizei „erheblichen Widerstand am Einsatzort“ und wurde in Gewahrsam genommen. Die Beamten sprachen in dem Zusammenhang von einem „Konflikt zwischen rivalisierenden Familien“.
Der Vorfall ist nur ein Beispiel für ein Problem, das die deutschen Behörden kaum in den Griff bekommen, nämlich Clan-Kriminalität. Und er geschah nicht in Berlin, Duisburg oder Hamburg – nein, die Szene spielte sich auf der Drawehner Straße im beschaulichen niedersächsischen Lüchow ab. Die örtliche Presse zeigte sich „verstört“, die Kommentare im Netz belegten, daß der Schock in der belebten City der Kleinstadt mit nicht einmal 10.000 Einwohnern weit verbreitet war.
Nur bei einem Viertel der Clan-Straftaten wurde Anklage erhoben
In Niedersachsen ist die Tat eine von 3.610 erfaßten Clan-Delikten. Landesinnenministerin Daniela Behrens (SPD) feiert diese Zahl als Erfolg, denn die Statistik weist einen Rückgang der Straftaten dieser Kategorie um 9,43 Prozent (376 Fälle) auf. Man sei in der Kooperation von Polizei und Justiz „auf dem richtigen Weg“. Negativ seien diese Verbrechen vor allem für das Sicherheitsempfinden der Bürger. „Clan-Kriminelle zeichnen sich dadurch aus, daß sie unseren Rechtsstaat und unsere freiheitliche Gesellschaft ablehnen und verhöhnen“, lamentiert die Sozialdemokratin. Sie schiebt aber gleich nach, daß 54 Prozent der ermittelten Tatverdächtigen deutsche Staatsangehörige seien.
Justizministerin Kathrin Wahlmann (SPD) zieht mit und offenbart, daß ihre vier Schwerpunktstaatsanwaltschaften 1.404 Verfahren eingeleitet hätten. Nur in 27 Prozent der Fälle sei allerdings Anklage erhoben oder ein Strafbefehl beantragt worden – ein Ergebnis der sogenannten Null-Toleranz-Strategie. Der an die Clans gerichtete Slogan, „Wir verfolgen euch weiterhin konsequent!“ wirkt alles andere als sturmfest und erdverwachsen.
Der innenpolitische Sprecher der AfD-Landtagsfraktion, Stephan Bothe, bewertet die Situation dementsprechend als „Verschlechterung der Sicherheitslage“. Die Regierung habe nicht nur kein wirksames Konzept, die unterlassene Abschiebung bei anhaltender Massenmigration stärke sogar die Strukturen der Clans. Die Daten unterstützen seine These: Die Zahl der Migranten ohne Bleibeperspektive steigt an. In Niedersachsen waren im Dezember 21.605 Personen ausreisepflichtig, das Bundesland hat im ganzen Jahr allerdings gerade einmal 1.106 Personen abgeschoben. 29.000 Menschen sind neu dazugekommen.
Der „Clankriminalität“-Begriff sorgt für Klagen linker „Experten“
Doch während Kritik daran im Mediendschungel versickert, dringt Rechtswissenschaftlerin Laila Abdul-Rahman von der Universität Frankfurt mit einer massiven Diskriminierungsklage durch. „Die rassistischen und diskriminierenden Vorstellungen über migrantische Menschen münden in einer eigenen Kriminalstatistik“, bemängelt sie gegenüber dem NDR. Der dabei verwendete Familienbegriff sei „überschätzt“. Ähnliche Kritik gibt es seitens der Sinti und Roma und von dem grünen Juniorpartner der SPD. Innenministerin Behrens geht das zu weit: „Man kann Kriminalität nur bekämpfen, wenn man sie auch erkennt und benennt.“
Eine namentliche Zuordnung nimmt ihre Behörde zwar nicht öffentlich vor. Doch die größten Clans, darunter der mhallamisch-libanesische Miri-Clan mit bis zu 8.000 Angehörigen, der arabisch-libanesische Remmo-Clan mit etwa 500 Mitgliedern und der palästinensische Abou-Chaker-Clan mit rund 300 Mitgliedern sind hinlänglich bekannt. Den Behörden sind kleinere Familien mit albanischem, italienischem oder rumänischem Hintergrund ebenfalls ein Begriff.
Dabei geht auch das Bundeskriminalamt von einer starken Bindungskraft im familiären und sozialen Umfeld aus. „Ein Clan ist eine informelle soziale Organisation, die durch ein gemeinsames Abstammungsverständnis ihrer Angehörigen bestimmt ist. Sie zeichnet sich insbesondere durch eine hierarchische Struktur, ein ausgeprägtes Zugehörigkeitsgefühl und ein gemeinsames Normen- und Werteverständnis aus“, so die BKA-Definition. Diese Zugehörigkeit stelle sich einerseits als die Täter eng verbindende, andererseits die Aufklärung behindernde Komponente dar.
CDU: „Hier ist auch der Verfassungsschutz gefordert“
Das sehen auch die niedersächsischen Sozialdemokraten so. Damit stellen sie sich diametral gegenüber ihren Genossen vom Berliner Arbeitskreis Migration, die seit langem die Abschaffung des Begriffs Clan-Kriminalität fordern und lieber damit der kriminellen Strukturen mit „soziologisch-familiärem Hintergrund“ Herr werden wollen.
Die CDU vermutet in den Clans bereits regelrechte Konzerne mit staatszersetzender Wirkung. Sie möchte nicht nur die entsprechende Kriminalität bekämpft, sondern auch finanzielle Verflechtungen der Banden zu den Islamisten aus den Strukturen herausgearbeitet wissen. „Hier sind die Sicherheitsbehörden gefordert. In erster Linie der polizeiliche Staatsschutz, aber auch der Verfassungsschutz als Frühwarnsystem“, bekennt der Fraktionsvorsitzende Sebastian Lechner indirekt eine immer größer werdende offene Flanke in der inneren Sicherheit des Landes.
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