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Autoindustrie: China überrollt Europa

Autoindustrie: China überrollt Europa
China: Neue Autos neben einer Fabrik in Chongqing

Unbemerkt von den Meisten in Europa ist Chinas Autoindustrie zur größten der Welt aufgestiegen. Nun drängt sie nach Europa, insbesondere mit preiswerten Elektroautos. Die europäische Politik und hiesige Autobauer sind in Aufruhr. Doch sie haben den Chinesen selbst den Weg bereitet.

von Leon Hendryk

Noch vor drei Jahrzehnten war China aus verkehrspolitischer Sicht ein Entwicklungsland. Fast alle im Land verkauften Autos stammten aus dem Ausland, vor allem aus Japan, Südkorea und Europa. Die wenigen im Land hergestellten Autos waren technisch veraltet und von zweifelhafter Qualität. Auch die Straßen waren in keinem guten Zustand, die erste Autobahn wurde erst 1988 eröffnet. Doch das änderte sich bald darauf in rasanter Geschwindigkeit.

Seit 2009 ist das Land der größte Automobilproduzent der Welt und mittlerweile überzieht ein Netz von mehr als 180.000 km gut ausgebauten Autobahnen das Land (zum Vergleich: Deutschlands Autobahnnetz umfasst nur 13.200 km). China ist zur Autonation geworden. Auch die Qualität chinesischer Fahrzeuge hat aufgeholt. 20 Jahre Erfahrung und ein massiver Transfer von Technologie und Know-how durch westliche und japanische Autobauer, die in China produzieren, machen sich bemerkbar.

Doch selbst der gigantische chinesische Markt ist irgendwann gesättigt. Deshalb blickt die chinesische Autoindustrie seit einigen Jahren auch nach Europa und Nordamerika. Seit Anfang 2023 ist das Land der weltgrößte Autoexporteur, noch vor Japan, Deutschland und den USA. Die europäische Autoindustrie ist darüber weniger besorgt als man meinen könnte. Denn obwohl aktuell rund 8 Prozent der in der EU verkauften E-Autos aus dem Reich der Mitte stammen, handelt es sich dabei primär um die Fahrzeuge, die von europäischen und amerikanischen Marken dort produziert werden.

Die Abhängigkeit rächt sich jetzt

So kommt beispielsweise der BMW ix3 aus China, auch viele der für den europäischen Markt bestimmtem Tesla Model 3 werden dort gefertigt. Stellantis (u.a. Peugeot, Citroën, Fiat, Opel), Renault, Volvo und SMART produzieren ebenfalls in China für den europäischen Markt. Die dortigen, niedrigen Arbeitskosten sowie geringere Auflagen für Umwelt und Sicherheit sorgen bei Vorständen und Aktionären europäischer Automobilkonzerne für gute Stimmung.

Für die Belegschaften in Europa ist die Aussicht auf eine zunehmend nach China verlagerte Produktion hingegen kein Grund zum Feiern. Und auch einheimische chinesische Marken drängen in den letzten Jahren auf den europäischen Markt. Das hat auch die Europäische Kommission mittlerweile erkannt und überlegt, mit Strafzöllen gegen chinesische Autoimporte vorzugehen. Denn sie erwartet, dass der Anteil der in Europa verkauften, aber in China gefertigten Autos in den kommenden Jahren weiter steigen wird. Ob solche Strafzölle tatsächlich kommen, ist aber fraglich, denn China würde zweifelsohne seinerseits mit Vergeltungszöllen die europäische Exportwirtschaft unter Beschuss nehmen. Hier rächt sich die Abhängigkeit vom chinesischen Markt, in die sich viele europäische Unternehmen begeben haben.

Europa hat Zustand selbst herbeigeführt

Bezeichnenderweise sind die Chinesen besonders bei den Elektroautos sehr stark, während sie den europäischen Herstellern beim Verbrennungsmotor nicht das Wasser reichen können. Gerade dieser Verbrennungsmotor wurde aber von der deutschen Regierung und der EU zum Auslaufmodell erklärt. In Deutschland wurde der Verkauf von Elektroautos zudem lange Zeit stark subventioniert, bis die Ampel-Regierung diese Förderung im Rahmen der Haushaltskrise vor einigen Wochen schlagartig einstellte. Somit begünstigt die Politik der „Mobilitätswende“ ausgerechnet chinesische Autohersteller, welche im Elektrosegment traditionell stark aufgestellt sind. Die deutschen Hersteller, die jahrzehntelange Erfahrung mit Verbrennungsmotoren und Getrieben haben, können diese Stärken hingegen weniger ausspielen.

Die Folgen einer Produktionsverlagerung der Autoproduktion nach China wären für Deutschland dramatisch. Denn nicht nur die deutschen Mitarbeiter von VW, BMW und co. würden darunter leiden – auch die vielen Zuliefererunternehmen sowie wiederum deren Zulieferer wären von einer solchen Entwicklung bedroht. Dabei geht es, grob geschätzt, um fast eine Million Arbeitsplätze. Es ist schließlich unwahrscheinlich, dass chinesische Unternehmen Bauteile teuer aus Deutschland importieren, insbesondere da viele dieser Bauteile (z.B. auf den Mikrometer präzisionsgefertigte Zahnräder, Kolben, und Lager) für E-Autos nicht mehr benötigt werden.

Im Gegenteil: In der Batterieherstellung sind die Chinesen selbst Marktführer und auch mit der benötigten Elektronik hat man dort viel Erfahrung, weil seit Jahrzehnten fast jegliche elektronische Gerätschaften in China gefertigt werden. Die Elektromobilität verspricht den erfolgsverwöhnten chinesischen Autobauern also weiterhin goldene Zeiten. Europa und Deutschland hingegen laufen Gefahr, sich mit einer einseitig auf Elektromobilität und den freien Handel mit China ausgerichteten Politik selbst zu schaden und profitable Industrien zu zerstören.

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