Tausende schwere Straftaten, Straßenschlachten, Scharia-Urteile – arabische Clans, die eigene Regeln etablieren und eine Polizei, die bei alledem zum Zuschauen verdammt ist. Die Politik weiß von den Missständen und möchte bei der Problemlösung nun ausgerechnet den Bock zum Gärtner machen.
von Kai Rebmann
Die sogenannte Clan-Kriminalität stellt die Justiz in Deutschland vor seit Jahren stetig wachsende Herausforderungen. Der Kipppunkt zum vollständigen Kontrollverlust ist angesichts von 5.000 einschlägigen Straftaten pro Jahr allein in Nordrhein-Westfalen vielerorts längst erreicht. Insbesondere in den Hotspots im Ruhrgebiet werden Polizei und weitere Behörden regelmäßig zum Zuschauer degradiert, wenn Großfamilien vor allem aus Syrien und Libyen aufeinander losgehen – und anschließend die Konflikte unter sich und auf ihre Weise lösen.
Hintergrund: Städte wie Essen oder Recklinghausen sind bzw. waren seit Jahren, wenn nicht Jahrzenten fest in den Händen libanesischer Clans. Geldwäsche, Sozialbetrug und allerlei weitere krumme Geschäfte waren an der Tagesordnung, fielen der Justiz mangels Konkurrenz entweder nicht auf oder es interessierte schlicht niemanden.
Inzwischen hat sich diese Lage jedoch grundlegend geändert. Aber nicht etwa, weil die libanesischen Clans die viel zitierte „volle Härte des Rechtsstaates“ zu spüren bekommen hätten, sondern weil ihnen von syrischen Großfamilien in „ihren“ Revieren zunehmend das Wasser abgegraben wird. Die Platzhirsche (Libanesen) einerseits treffen auf zahlenmäßig mittlerweile deutlich überlegene Emporkömmlinge (Syrer), die ein immer größer werdendes Stück vom Kuchen für sich beanspruchen.
Die Folge sind teilweise bürgerkriegsähnliche Zustände in deutschen Großstädten. Der vorläufige traurige Höhepunkt wurde im Sommer 2023 erreicht, als es in mehreren Städten in NRW zu regelrechten Straßenschlachten mit teils Dutzenden verletzten Clanmitgliedern auf beiden Seiten gekommen ist. Polizei, Staatsanwaltschaften und Politik – kurz: das gesamte deutsche Rechtssystem – haben vor diesen Zuständen offenbar längst kapituliert und versuchen allenfalls noch den Anschein von so etwas wie einer Rest-Kontrolle zu vermitteln.
Politik und Justiz werben für ‘Austausch’ mit Friedensrichtern
Nicht anders sind die Aussagen ehemaliger und aktueller hochrangiger Funktionsträger im Rahmen der ZDF-Doku „Blutsbande – Clans in NRW“ zu interpretieren. Innenminister Herbert Reul glaubt, mit den bisherigen Maßnahmen schon für Abschreckung zu sorgen und den Clans damit deutlich zu machen: „Was heißt ‚der Rechtsstaat‘? Wie funktioniert das hier? Wieso muss man sich hier an Regeln halten und wie unangenehm kann es werden, wenn man sich nicht dran hält?“
Der CDU-Politiker bezieht sich dabei auf Kontrollen der Gewerbeaufsicht, die in einschlägig bekannten Betrieben in NRW inzwischen beinahe täglich stattfänden und Teil einer sogenannten „Strategie der tausend Nadelstiche“ seien. Diese „gewerberechtlichen Kontrollen“ würden die Clans nerven, ist Reul überzeugt. Das ist natürlich gut möglich – mehr als „nerven“ tut es aber eben auch nicht…
Klartext kommt dagegen von Frank A. Richter, dem ehemaligen Polizeipräsidenten von Essen und Mühlheim an der Ruhr, der einen gänzlich anderen Blick auf die Lage zu Protokoll gibt: „Wir haben ein großes Problem. Arabische Clans versuchen der Polizei oder dem Staat die Stirn zu bieten und manchmal habe ich das Gefühl, dass der Staat zusieht, wie er lächerlich gemacht wird, wie er entmachtet wird.“ Damit spielt der Ex-Funktionär auf die „Friedensrichter“ an, die in den Herkunftsländern der Clans bzw. im arabisch-muslimischen Kulturraum durchaus anerkannte Stellen für Konfliktlösungen sind – aber eben (noch) nicht in Deutschland.
Dass das auch so bleibt, daran wollen auch Reul und Achim Schmitz vom Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen keinen Zweifel aufkommen lassen, jedenfalls offiziell nicht. Der NRW-Innenminister betont mit Blick auf die Friedensrichter zwar: „Ich kann nicht akzeptieren, dass die für sich den Anspruch haben, sie sind diejenigen, die die Rechtsprechung machen, das geht nicht.“ Bedenklich ist dann aber der Nachsatz, dass es „immer klug“ sei, miteinander zu reden.
‘Dann können wir uns vom Rechtsstaat verabschieden’
Eine klare Absage an das in Hotspot-Städten de facto längst etablierte Parallel-Justizsystem hört sich anders an. Zu eben dieser kann sich auch LKA-Mann Schmitz nicht durchringen, der dabei einen ähnlich unglücklichen Zickzack-Kurs wie sein Innenminister fährt. Die vermeintliche Klartext-Aussage, wonach Friedensrichter in Deutschland „kein anerkannter Teil der Konfliktlösung oder Problembewältigung“ sein könnten, geht einher mit dem Werben für einen wie auch immer gearteten „Austausch“ mit eben diesen Hobby-Richtern. Diese fällen ihre Urteile auf Grundlage ihrer jeweiligen Interpretation der Scharia, also Grundsätzen wie etwa, dass die Ehre der Familie über allem stehe, ausdrücklich auch über dem Rechtsstaat.
Etwas überspitzt formuliert, zeigen sich hochrangige Vertreter aus Politik und Rechtsstaat also zu Gesprächen oder zumindest einem „Austausch“ mit Friedensrichtern bereit, während selbiges zum Beispiel mit nach allen demokratischen Regeln gewählten Volksvertretern der AfD nach wie vor ein eisernes Tabu zu bleiben hat.
Auffällig ist zudem, dass es in der ZDF-Doku in Frank Richter ein ehemaliger Polizeipräsident ist, der nicht mehr unmittelbarer Teil des Rechtsstaates und dessen System ist, der sich ohne Handbremse äußert. Kann er im Gegensatz etwa zu seinem Kollegen vom LKA ganz ohne diplomatische Zwänge reden? Das muss freilich Spekulation bleiben, dennoch zieht Richter ein unmissverständliches Fazit: „Dass die Paralleljustiz, unsere Justiz, die deutsche Justiz ersetzt. Das ist eine Katastrophe und das passiert. Wenn wir anfangen, mit diesen Friedensrichtern zu kooperieren, dann sollten wir uns von diesem Rechtsstaat verabschieden.“
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