Gesundheit

Erkältungen: Viren-Killer Tee

Erkältungen: Viren-Killer Tee
Grüner Tee zeigt vielversprechende Wirkung gegen Erkältungen. Ein Grund mehr, ihn täglich zu trinken.

Husten alle um Sie herum? Kratzt es im Hals? Ein Anti-Erkältungs-Mittel haben Sie wahrscheinlich längst zu Hause: Tee! Welche Sorten Viren am stärksten bekämpfen und Symptome lindern.

von Maria Kirady

Wenn ich ein verdächtiges Kratzen im Hals spüre und fürchte, dass eine Erkältung im Anmarsch ist, gehe ich als Erstes nach draußen: An meinen Kräutertopf. Dort stehen das ganze Jahr winterharter Salbei und Thymian bereit. Daraus brühe ich mir meinen eigenen Medizintee gegen Erkältung zusammen. Manchmal trinke ich zusätzlich noch Ingwertee, um sicherzugehen.

Ich bin überzeugt, dass die ätherischen Öle in mediterranen Kräutern Viren vertreiben und bei mir schon manche Erkältung abgewehrt oder verkürzt haben. Auch der Volksglaube erklärt Salbei, Pfefferminze und Thymian zu verlässlichen Erkältungsmitteln. Das Internet ist voll von Artikeln, die die antiviralen Wirkungen von Ingwer und Co. preisen. Aber was davon lässt sich wissenschaftlich beweisen? Und welche Teesorten sind Studien zufolge besonders wirksam?

Forscher haben in zahlreichen Experimenten untersucht, wie sich Extrakte aus unterschiedlichen Heilkräutern auf Atemwegsviren wie SARS-CoV2 oder Influenza auswirken. Die Coronapandemie, in der anfangs kaum andere Mittel zur Verfügung standen, hat dieser Forschung zusätzlichen Auftrieb gegeben.

Allerdings sind Studien an Menschen rar. Kaum jemand trinkt beispielsweise täglich Thymiantee. So lässt sich schwerlich rückblickend beurteilen, ob Thymiananhänger die Erkältungssaison besser überstanden haben als Kamille bevorzugende Zeitgenossen. Und eine placebokontrollierte Studie an hospitalisierten Corona-Patient*innen verbietet sich in der Regel schon aus ethischen Gründen. 

Deshalb gründen sich die meisten Empfehlungen auf Untersuchungen an Zellkulturen – und traditionelles Heilwissen. Manches alte Hausmittel hat sich dadurch zumindest in der Theorie bestätigt. Bei anderen Sorten dürfte der Effekt überraschen. Im Folgenden werden die fünf vielversprechendsten vorgestellt:

Grüner Tee: Der heimliche Star unter den Virenkillern

Viele dürfte es überraschen: die blasse grüne Flüssigkeit, die Liebhaber feiner Sorten täglich trinken, steht Studien zufolge ganz oben auf der Liste der antiviralen Teezubereitungen. Das mag sicherlich auch daran liegen, dass grüner Tee so verbreitet und daher besonders gut untersucht ist. 2018 haben Forscher in einer Übersichtsarbeit Studien an Menschen ausgewertet. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass Probanden, die täglich eine bis fünf Tassen grünen Tee getrunken hatten, ihr Risiko, an Influenza zu erkranken, um bis zu 50 Prozent verringerten.

Für diesen Effekt werden Katechine verantwortlich gemacht. Das sind natürliche Polyphenole aus der Klasse der Flavonoide. Besser bekannt als: sekundäre Pflanzenstoffe. Diesen werden zahlreiche gesundheitsfördernde Wirkungen zugeschrieben, in diesem Fall antivirale und antientzündliche Eigenschaften. So sollen Katechine zum einen das Immunsystem beeinflussen, aber auch die Viren direkt am Eindringen in Körperzellen und an der Vermehrung hindern. An einer Stelle vergleichen die Studienautoren die Wirkung gar mit dem antiviralen Medikament Tamiflu.

Allerdings: In die Überblicksarbeit flossen überwiegend randomisiert kontrollierte Studien ein, die Grüne-Tee-Kapseln und das Gurgeln mit grünem Tee untersuchten (beides reduziert ebenfalls das Erkrankungsrisiko). Nur zwei Studien legten den Fokus auf das Teetrinken. Diese waren Beobachtungsstudien. Das schränkt die Aussagekraft etwas ein. Für schwarzen und weißen Tee gibt es ebenfalls Hinweise, dass sie antiviral, beziehungsweise antibakteriell wirken könnten. Aber die Studienlage ist noch dünner als zu grünem Tee.

Aus eigener Erfahrung kann ich die Befunde jedenfalls bestätigen: Seit ich täglich grünen Tee trinke, bin ich im direkten Vergleich zu rein kaffeetrinkenden Kollegen tatsächlich deutlich seltener erkältet. Dabei hatte ich grünen Tee als Erkältungsmittel bislang gar nicht auf dem Schirm.

Thymian: Aromatischer Hustenlöser mit langer Tradition

Kommen wir zu meinem persönlichen Favoriten unter den Heiltees. Ich glaube, in meinem speziellen Fall wirken schon der ätherische Duft des frischen Grüns und das selbstwirksame Erlebnis des Selberpflückens heilsam.

Der Name des Krauts stammt vermutlich vom altgriechischen Wort “thymos” ab – was so viel heißt wie “Lebenskraft”. Schon in der Antike wurde es gegen allerlei Leiden eingesetzt, darunter auch Atemwegserkrankungen. Sumerische und ägyptische Kulturen verwendeten Thymian zudem zum Einbalsamieren von Mumien – wohl wegen seiner konservierenden, antibakteriellen Eigenschaften – und reinigten mit seinem Rauch das Innere von Tempeln. Das Heilkraut hat also eine lange Tradition. Aber was sagt die Wissenschaft?

Was als Erstes auffällt: Dass man Thymian als Tee trinkt, scheint unter Forschern nicht sonderlich verbreitet zu sein. Untersucht wurden vor allem Öle und Extrakte. In dieser Form ist das Kraut auch in gängigen Erkältungsmitteln wie Hustensäften und Pastillen enthalten. Als Hauptwirkstoffe gelten die ätherischen Öle Thymol und Carvacrol, sowie Rosmarinsäure. Als Tee genossen, können die flüchtigen ätherischen Öle durch Verdampfung vermutlich nicht nur den Rachen, sondern auch die Nasennebenhöhlen erreichen und dort ihre Wirkung entfalten. So weit die Theorie.

In der Praxis haben Forscher getestet, wie ein Trockenextrakt aus Thymiankraut beziehungsweise isoliertes Thymol auf im Labor gezüchtete menschliche Lungenzellen wirkt, die mit dem Humanen Rhinovirus (dem Hauptauslöser von Erkältungen) und einem Influenza-A-Virus (Grippe) infiziert waren. Tatsächlich tötete der Extrakt die Viren effektiv ab und hinderte sie daran, weitere Zellen zu infizieren und zu zerstören. Zu einem ähnlichen Ergebnis kam eine Studie, die mit felinen Coronaviren infizierte Zellen mit ätherischem Thymianöl behandelte. Feline Coronaviren werden oft als Ersatzmodell für menschliche Coronaviren verwendet.

Eine iranische Pilotstudie hat Thymiansirup sogar an Menschen getestet. 83 Patientinnen und Patienten, die an COVID-19 erkrankt waren, erhielten entweder den Sirup oder ein Placebo. In der Versuchsgruppe waren anschließend Symptome wie Fieber, Husten, Schwäche und Muskelschmerzen verringert. Ob dies auf antivirale Effekte zurückgeht, ist allerdings unklar. Es könnte auch sein, dass Thymian vor allem entzündungslindernd und damit in erster Linie auf die Symptome einwirkt. Als Mittel gegen schleimigen Husten bei Erwachsenen ist Thymianöl jedenfalls von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) anerkannt.

Verschiedenen Studien zufolge soll Thymianextrakt darüber hinaus gegen eine ganze Bandbreite von Bakterien wirken. Das hilft zwar nicht gegen Erkältung, aber gegen gefährliche bakterielle Superinfektionen, die sich auf Erkältungen draufsetzen und eine Lungenentzündung auslösen können. Die Folge sind Fieber, Schwächegefühl und wochenlanger, schleimiger Husten. Für Risikopersonen kann eine Lungenentzündung sogar lebensbedrohlich sein, und sie sollten schon bei ersten Anzeichen einen Arzt aufsuchen.

Aber was lässt sich daraus für den Genuss von Thymiantee schließen? Auch wenn manches darauf hindeutet, dass einige Stoffe in Thymian antiviral und antibakteriell wirken, lässt sich zum Effekt von Tee noch keine gesichterte Aussage treffen. Das liegt auch daran, dass die Wirkstoffkonzentrationen in selbst gepflückten Kräutern schwanken und vermutlich nicht an Extrakte heranreichen. Womöglich muss man für denselben Effekt entsprechend mehr Thymiantee trinken. Schaden kann er jedenfalls nicht. Also einfach ausprobieren.

Ingwer: Immunbooster aus der chinesischen Küche

Beim Trinken von Ingwertee hat man schon aufgrund der Schärfe das Gefühl, dass da etwas im Rachen passiert, ja, dass die Viren regelrecht weggebrannt werden. Tatsächlich gibt es Anhaltspunkte, dass Ingwer antivirales und antibakterielles Potenzial besitzt und das Immunsystem ankurbelt.

Studien an Menschen existieren allerdings nur wenige, und die haben Ingwer nicht gesondert, sondern als Teil von medizinischen Kräutermischungen untersucht. Spezifischer ist eine Studie an Zellkulturen. Darin wurde die Wirkung von frischem und getrocknetem Ingwertee auf Atemwegszellen beobachtet, die mit RSV-Viren infiziert waren. RSV ist ein häufiger und hochansteckender Erreger von Atemwegsinfektionen, der insbesondere für ungeimpfte Säuglinge gefährlich ist.

Das Ergebnis: Frischer Ingwertee verringerte die Infektionsrate von Zellen um bis zu 80 Prozent. Zudem regte er die Freisetzung von Immunbotenstoffen in den Zellen an. Je höher die Dosis und je frühzeitiger der Einsatz, desto stärker der Effekt. Bei getrocknetem Ingwer zeigte sich diese Wirkung jedoch nicht. Die Studienautoren haben selbst keine Erklärung, woran das liegt oder welcher Inhaltsstoff letztlich für den Effekt verantwortlich ist. Zwei der Hauptwirkstoffe des Ingwers, 6-Gingerol und Shogaol, konnten sie jedenfalls ausschließen.

Die kamen dafür bei anderen Viren zum Tragen. In einer Studie hinderte Shogaol aus erhitztem Ingwer SARS‑CoV‑2-Viren daran, sich in kultivierten Nierenzellen zu vermehren. Shogaol entsteht aus 6-Gingerol, wenn Ingwer gekocht oder getrocknet wird. In einer weiteren Studie wirkte Gingerenone A in Zellkulturen und bei Mäusen gegen Influenza-A-Viren. Ein Experiment des Leibniz-Instituts zeigte zudem, dass 6-Gingerol aus Ingwertee über den Magen-Darm-Trakt ins Blut aufgenommen wird und bestimmte Immunzellen ankurbelt – was letztlich auch der Virenbekämpfung zugute kommt.

Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass unterschiedliche Inhaltsstoffe aus dem Ingwer tatsächlich gegen einige Virusarten wirken könnten. Die traditionelle Verwendung als Heilmittel sowie die Studien an Menschen, in denen Ingwer als Teil einer Kräutermischung untersucht wurde, stützen diese Annahme.

Heißt also: Wer Atemwegsinfekte vorbeugen oder bekämpfen möchte, greift am besten zum feinen Messer oder zur Ingwerreibe. Den Sud sollte man eine ganze Weile ziehen lassen, um möglichst viele der Wirkstoffe zu extrahieren. Bei Bio-Ingwer darf die Schale ruhig dran bleiben. 

Wie abgepackter Ingwertee in Beuteln im Vergleich zu frischem Ingwer abschneidet, ist nach derzeitiger Studienlage noch unklar. Aber zum Glück gibt es frische Ingwerwurzeln mittlerweile in jedem Supermarkt.

Pfefferminze: Lindert Schmerzen und verleiht freien Atem

Menthol kommt natürlicherweise in den ätherischen Ölen von Minzen vor. Es wird in jeder erdenklichen Form gegen Erkältungen eingesetzt: als Hustenbonbon, Salbe, Nasenspray – oder als Pfefferminztee.

Durch seinen kühlenden Effekt wirkt Menthol nachweislich schmerzlindernd auf gereizte, brennende Schleimhäute. Eine Studie im Fachmagazin “Nature Communications” hat sogar entschlüsselt, was dabei auf molekularer Ebene geschieht. Demnach bindet das Menthol an einen speziellen Rezeptor, der auf Kälte reagiert und dem Gehirn einen Kältereiz signalisiert. Zudem wird die Schmerzweiterleitung gehemmt und die Muskulatur der Atemwege entspannt. Wir haben sofort das Gefühl, freier durchzuatmen.

Die Menthol-Mengen in Pfefferminztee sind zwar deutlich geringer als in konzentrierten Erkältungsmitteln. Dennoch sollten sie theoretisch ausreichen, um beruhigend auf gereizte Atemwege wirken. Aber: Der Schleim wird offenbar zäher und langsamer abtransportiert. Kleinkinder sollten sicherheitshalber keine Menthol-Erkältungsmittel einnehmen. Erwachsenen kann ein zusätzlicher Schleimlöser helfen.

Zerstört Pfefferminze auch Viren? Studien an Menschen zu dieser Frage fehlen. In Zellkulturen und im Tierversuch hat Pfefferminzöl einem Review und verschiedenen Einzelstudien zufolge Influenza- und RSV-viren unschädlich gemacht. Neben den ätherischen Ölen wie Menthol und Menthon werden vor allem die beiden Phenole Rosmarinsäure und Luteolin für den Effekt verantwortlich gemacht.

Sehr wahrscheinlich ist Pfefferminztee ein gutes Mittel gegen Rachenschmerzen. Bestenfalls bekämpft er auch einige Viren. Einen eindeutigen wissenschaftlichen Beleg gibt es für Letzteres bislang allerdings nicht.

Salbei: Schmeichelt dem Rachen und vertreibt wahrscheinlich Viren

Vermutlich hat fast jeder bei Husten schon mal Salbei-Bonbons gelutscht. Für Salbeispray ist jedenfalls nachgewiesen, dass es entzündungsstillend wirkt und Rachenschmerzen lindert. Bei den Bonbons dürfte vor allem das Lutschen helfen, die Speichelproduktion anzuregen und die Schleimhäute konstant zu befeuchten. Salvia stammt von dem lateinischen Wort “salvare” (“heilen”) und hat als Hausmittel lange Tradition. Aber was sagt die Wissenschaft?

Salbei enthält Gerbstoffe, die mit dem Speichel und den Proteinen in der Schleimhaut reagieren. Auf diese Weise bildet sich vermutlich eine Schutzschicht, die Schmerzen und Entzündungen lindert und Erreger am Eindringen hindert. Die Folge: Weniger Husten, Halsschmerzen und Heiserkeit.

Ein Report der Europäischen Arzneimittelagentur listet Salbeitee als Mittel gegen Halsschmerzen und begründet dies mit der traditionellen Verwendung als pflanzliches Heilmittel. Die reicht so weit zurück (mindestens 30 Jahre), dass es dafür aus Sicht der EMA keines Studienbelegs mehr braucht.

Aber wirkt Salbeitee auch antiviral? Wie schon bei anderen Teezubereitungen müssen wir uns mit Studien an Zellkulturen begnügen. Anlässlich der Coronapandemie haben Forscher der Universität Essen überlegt, wie unsere Vorfahren jene Coronaviren bekämpft haben, die schon seit Langem kursieren und regelmäßig für Schnupfen sorgen. Sie kamen auf: Salbei.

Um dessen antivirale Eigenschaft zu testen, stellten sie verschieden starke Teeaufgüsse aus frischem und getrocknetem Salbei her und behandelten damit Zellen, die mit SARS-CoV-2-Viren infiziert waren. Je höher die Konzentration, desto stärker war die antivirale Wirkung. Auch bei Konzentrationen, die mit handelsüblichen Teebeuteln erreicht werden, konnte noch ein Effekt nachgewiesen werden.

Die Autoren betonen, dass Kräutertees weder Impfungen noch Arztbesuche und Medikamente ersetzen können und fordern hochwertige klinische Studien, um den Effekt an Menschen zu bestätigen. Das gilt im Übrigen auch für alle anderen hier vorgestellten Teesorten. Sie sagen aber auch, dass Heilkräuter für jedermann günstig und überall verfügbar sind und pharmakologische Maßnahmen ergänzen können. Schaden tun die seit Jahrtausenden bewährten Pflanzenaufgrüsse jedenfalls nicht.

Ohnehin ist bei einer fiesen Erkältung, die einen zur Untätigkeit im Bett verdammt, oft oft vor allem eines heilsam: das Gefühl, selbst etwas tun zu können, um die Genesung zu beschleunigen. Zum Beispiel mit einer heißen Tasse Tee.

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