Hintergründe

Der dritte Mann: Die Selbstmord-Lüge von Uwe und Uwe

Der dritte Mann: Die Selbstmord-Lüge von Uwe und Uwe
4. November 2011, kurz nach 12 Uhr mittags: Der Caravan mit den zwei Leichen ist bereits geöffnet, der Innenraum qualmt noch.

Am 4. November 2011 erschossen sich Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos in einem Wohnmobil in Eisenach. So die amtliche Version. Doch es gab einen dritten Mann im Caravan, der die NSU-Mitglieder womöglich liquidierte. Das beweisen Spuren und Augenzeugenberichte, von denen man heute nichts mehr wissen will.

von Kai Voss

Am 4. November 2011 wurden die gesuchten Rechtsradikalen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt in einem Wohnmobil in Stregda bei Eisenach tot aufgefunden. Das ist das Einzige, was feststeht. Alle anderen Feststellungen der staatlichen Ermittler und Anklagebehörden sind strittig.

«Auch ich habe an der Selbstmordtheorie erhebliche Zweifel. Solche Tätertypen bringen sich in der Regel nicht selbst um.» Udo Nagel, Hamburgs Ex-Innensenator und früherer Polizeipräsident

Betrachten wir die Abläufe genauer. Am Vormittag jenes Tages gegen 9.30 Uhr raubten die beiden eine Sparkasse am Nordplatz 13 in Eisenach aus, schlugen einen Mitarbeiter der Filiale nieder und rannten hinaus. Wie sie sich zunächst fortbewegten, ist nicht bekannt. Der MDR meldete am 5. November, dass die Täter «zu Fuß geflüchtet» sind, andere Medien sprachen davon, dass die beiden Bankräuber wie bei einem Sparkassenüberfall in Arnstadt im September 2012 mit Fahrrädern unterwegs waren. Deutschland Today zitierte am 8. November einen Zeugen, der etwas gesehen haben wollte, das von großer Bedeutung sein könnte: «Ich stand draußen, als auf einmal drei Personen raus kamen, links runter in die Mosewaldstraße rannten und mit einem Wohnmobil wegfuhren. Von der Stregdaer Allee kam dann Polizei. Irgendeiner muss denen das vom Wohnmobil gesagt haben. Ich war es nicht. Die Polizei hat sich gleich in die Spur gemacht – die Stregdaer lang, die Tongrube und am OBI vorbei nach Stregda.»

Die Polizei sprach am 8. November 2011 davon, dass ein Zeuge beobachtet haben wolle, wie zwei Fahrräder an der ehemaligen Großdiskothek MAD in einen Caravan geladen wurden, dieser mit «quietschenden Reifen losgeprescht» und in Richtung Wohngebiet Wartburgblick gefahren sei. «Der Zeuge konnte uns sogar noch den Anfangsbuchstaben des Kennzeichens nennen», ließ ein Kriminaldirektor wissen. (Thüringer Allgemeine, 17.11.2011) Welcher Zeuge ist glaubwürdiger — der, der drei Flüchtende, oder der, der nur zwei Flüchtende gesehen haben will? Die Aussage des letzteren ist aus zwei Gründen zweifelhaft: Zum einen kann seine Beobachtung mit den «quietschenden Reifen» schwerlich stimmen. Das Gewicht des Fluchtfahrzeuges, eines Caravans vom Typ Sunlight Alkoven A70, beträgt im fahrbereiten Zustand fast drei Tonnen! In der Standardausführung bringt es der Motor auf 115 P5. Quietschende Reifen können da ausgeschlossen werden…

Außerdem stimmt die angegebene Fluchtrichtung nicht — der Wohnwagen wurde tatsächlich, wie vom ersten Zeugen angegeben, in Stregda und nicht im Wohngebiet Wartburgblick gefunden. Behalten wir also die Frage eines «dritten Mannes» im Hinterkopf, wenn wir die weiteren Abläufe an jenem Tag untersuchen. Das Wohnmobil wird — wie vom ersten Zeugen erwartet — gegen 11.30 Uhr im Ortsteil Stregda von der Polizei lokalisiert, wo es Anwohner schon am Vortag bemerkt hatten. (Thüringer Allgemeine, 5.11.2011) Als zwei Beamte sich dem Caravan nähern, vernehmen sie zwei «Knallgeräusche» und gehen in Deckung, ohne zu wissen, ob es sich überhaupt um Schüsse gehandelt hat. Während die beiden Polizisten auf Verstärkung warten, geht der Wagen in Flammen auf. Nachdem die Feuerwehr eingetroffen und das Feuer gelöscht ist, werden die Leichen von zwei Männern mit tödlichen Schussverletzungen geborgen — Böhnhardt und Mundlos.

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Banküberfall am 7. September 2011 in Arnstadt.

Offen bleibt, warum stets von zwei «Knallgeräuschen» die Rede war — müssten Polizisten nicht Schüsse erkennen können? Die Hauptfrage ist allerdings, warum sich angebliche Terroristen, die über 13 Jahre lang kaltblütige Morde — unter anderem an einer Polizistin! — begangen haben sollen, nicht gegen zwei Streifenpolizisten zur Wehr setzten. Um diesen Widerspruch aufzulösen, ändert sich die Sprachregelung knapp drei Wochen nach dem Todestag von Böhnhardt und Mundlos: Ab 22. November ist davon die Rede, dass die Polizei aus dem Wohnwagen heraus beschossen wurde. Außerdem sollen die Polizisten drei «Knallgeräusche» wahrgenommen haben.

Spiegel-Online schreibt zum Beispiel: «Im Fahrzeug wurde „unter anderem griffbereit eine mutmaßlich defekte Maschinenpistole aufgefunden, aus der möglicherweise ein weiterer Schuss abgegeben wurde“. Beim Absuchen des Tatorts sei eine mögliche Einschussstelle außerhalb des Wohnmobils festgestellt worden.» (spiegel.de, 22.11.2011) An diesem Zitat wird deutlich, wie zurückhaltend die Presse die neuen Erkenntnisse anfänglich wiedergibt. Tatsächlich ist die geänderte Darstellung dubios: Die zuerst eingetroffenen Polizisten haben mit ziemlicher Sicherheit ein Protokoll geschrieben. Sie sind darin geschult worden, Sachverhalte präzise zu erfassen und zu Papier zu bringen. Nicht nur aus diesem Grund wird Aussagen von Polizisten vor Gericht hohes Vertrauen entgegengebracht. Warum sollten die Beamten am Tatort nur Knallgeräusche wahrgenommen haben, wenn es doch Schüsse waren, und warum sollen es zunächst zwei gewesen sein — und dann drei? Dass hier ein Ablauf im Nachhinein frisiert wurde, legen andere Aussagen nahe. «Schüsse sind aber keine gefallen, das hätte ich gehört», berichtet eine Anwohnerin, die keine zehn Meter neben dem abgestellten Wohnmobil wohnt und an diesem Tag ihre Fenster offen hatte. Mit dieser Beobachtung war sie nicht allein. Stern-Online berichtete am 20. November 2011, dass «die meisten Anwohner und Augenzeugen die ersten Polizisten zwar kommen und das Wohnmobil brennen sehen, aber weder davor noch danach Schüsse gehört» haben.

Auch aus einem anderen Grund sind Schüsse unwahrscheinlich: Die Polizisten sollen sich dem Caravan von hinten genähert haben. Das Wohnmobil hatte an der Rückseite aber gar kein Fenster, wie also sollten! Böhnhardt und Mundlos auf sie gezielt haben? Doch mit größer werdendem zeitlichen Abstand wurde die Polizeiversion von den angeblichen Schüssen immer detaillierter. «Die haben mit einer MPi auf uns geschossen (…). Wir wussten, dass sie scharfe Waffen hatten. Sie haben sofort auf uns geschossen». (bild.de, 26.11.2011) Was hier wie der reißerische Bericht eines Augenzeugen kurz nach Rettung aus gefährlicher Situation klingt, sind die Aussagen des damaligen SoKo-Chefs Michael Menzel drei Wochen nach den Ereignissen. Menzel selbst war zu jenem Zeitpunkt gar nicht vor Ort in Stregda gewesen, auch wenn seine Sätze etwas anderes suggerieren sollen, vermittelt aber das Bild eines um sich schießenden Terror-Duos…

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Der tote Uwe Böhnhardt. Auffällig: Hinter seinem zerschossenen Schädel sind an dem Furnier keine Blutspritzer zu sehen. Das deutet darauf hin, dass er nicht an dieser Stelle erschossen wurde.

In dem ausgebrannten Wohnmobil wurden schließlich vier Pistolen, eine Maschinenpistole, drei Gewehre und eine Handgranate gefunden (bei den Zahlen- und Typenangaben differieren die Quellen). Mit diesem Waffenarsenal wäre es für die beiden möglich gewesen, sich gegen die Polizei den Weg freizuschießen — zumal wenn die Beamten sich schon wegen zwei Knallgeräuschen in Deckung begeben und diese nicht mehr verlassen… Außerdem ist völlig unklar, warum die beiden überhaupt so viele Waffen in ein extra angemietetes Wohnmobil geladen haben, wenn sie diese letztendlich nicht gebrauchen wollen und sich beim Eintreffen des ersten Polizisten erschießen.

Auch andere Fundstücke aus dem Caravan geben Rätsel auf, etwa ein Rucksack. Wie verschiedene Medien, unter Berufung auf die Ermittlungsakten meldeten, wurde dieser dort gefunden, war aber im Vergleich zu der Matratze darunter und den daneben liegenden Kleidungsstücken nicht vollkommen verrußt oder vom geschmolzenen Plastik verunreinigt, sondern — ein physikalisches Wunder — «fleckenlos». (Stuttgarter Nachrichten, 25.11.2011) In dem nagelneuen Rucksack wurden am 5. November, also erst einen Tag später, Geldbündel eines Banküberfalls und Patronen gefunden. Erst am 1. Dezember 2011, fast einen Monat später, fielen den Ermittlern auch noch sechs DVDs mit dem Paulchen-Panther-Bekennervideo auf — und es brauchte fast ein weiteres Jahr, bis diese sogenannte Fahndungspanne Ende November 2012 in den Medien gemeldet wurde. Warum hat man diese DVDs bei der ersten Durchsuchung des Rucksacks nicht bemerkt — und warum sah dieser überhaupt nicht so aus, als ob er beim Brand im Wohnwagen gelegen hätte? Und warum sollten die beiden Bankräuber sechs dieser Videos, die sie Jahre zuvor erstellt haben sollen, für einen Bankraub in einen vollkommen neuen Rucksack packen? Oder wurde dieses Beweismittel nachträglich platziert? Wer hatte Zugang zu dem Wohnmobil, das angeblich erst am nächsten Tag durchsucht wurde?

Noch ein weiterer Fund sorgt für Verwunderung. Die Ermittler stellten im Caravan nicht nur die Beute des vormittäglichen Banküberfalls in Eisenach sicher, sondern auch das Geld des Banküberfalls vom 7. September 2011 in Arnstadt — und zwar noch komplett mit den originalen Banderolen der bestohlenen Bank. Warum aber sollten die beiden ihre frühere Beute in das aktuelle Fluchtfahrzeug mitgenommen haben? Erfahrene Bankräuber, die sie angeblich waren, hätten die Scheine an einem sicheren Ort deponiert oder «gewaschen». Selbst im Falle einer Verhaftung in Eisenach wären ihnen dann frühere Überfälle vielleicht nicht nachzuweisen gewesen; falls doch, hätten sie das Diebesgut als «verloren» oder «durchgebracht» deklarieren und sich nach Haftentlassung wieder daraus bedienen können… Oder hatten die beiden nach dem Bankraub in Arnstadt gar keine Möglichkeit, sich der Beute zu entledigen? Dagegen spricht zweierlei. Einerseits sollen sie in Arnstadt eine Schreckschusspistole benutzt haben (bild.de, 26.11.2011); ausgerechnet diese fand sich aber nicht im Waffenarsenal des Wohnwagens, war also entsorgt worden. Und: Das «Eisenacher» Wohnmobil wurde erst am 25. Oktober 2011, also nach dem Überfall in Arnstadt, angemietet. Böhnhardt und Mundlos müssten also das Arnstädter Geld eigens in das neue Fahrzeug umgeladen haben…

Aber damit nicht genug. Es wurden noch mehr Beweismittel im Wohnwagen gefunden, die das Duo früherer Straftaten überführten, etwa die Tatwaffe des Heilbronner Polizistenmordes aus dem Jahr 2007 nebst den Handschellen der damals getöteten Beamtin Michèle Kiesewetter. Wozu sollten die beiden diese verräterischen Corpus delicti mit nach Eisenach bringen? Waren es perverse Erinnerungsstücke? Aber warum wurden dann bei den anderen angeblichen NSU-Morden nie irgendwelche Dinge entwendet?

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Pistole auf dem Gasherd: Wurden mit ihr die Regeldrehknöpfe – im Foto links unten – beschwert, sodass Gas ausströmen konnte?

Sollten die Handschellen verwendet werden? Wofür? Eine Geiselnahme kam für die Terroristen ja anscheinend nicht in Frage — ihre Opfer wurden stets ohne viel Federlesens erschossen. Außerdem handelt es sich bei Handschellen um günstige Produkte, die in jedem Waffenladen frei verkäuflich sind. Fest steht: Es gibt keinen halbwegs vernünftigen Erklärungsansatz, warum die zwei Männer vor einem Banküberfall kistenweise Beweismaterial in ihr Fluchtfahrzeug schleppten und zuhause die Mietverträge für ebendiese Fluchtfahrzeuge auch noch säuberlich abhefteten. (SZ, 30.11.2011) Gut: Angeblich steckte Mundlos, bevor er sich erschoss, das Wohnmobil in Brand, um Beweise zu vernichten. Dabei hätte ihm klar sein müssen, dass man Schusswaffen nicht einfach verbrennen kann. Wenn er hingegen davon ausging, wenigstens die Geldscheine der Banküberfälle vernichten zu können, stellt sich die Frage, warum dann die vollständige Beute gefunden wurde, er die Banknoten also anscheinend auch nicht als Brennmaterial verwendete…

Hätte man die beiden gefasst und in ihrem Wohnmobil die genannten Beweismittel nicht gefunden, hätten sie nur als Bankräuber verurteilt werden können. Eine Verbindung zur Bluttat in Heilbronn oder den sogenannten Dönermorden wäre ihnen nicht nachzuweisen gewesen. Beate Zschäpe hätte in der Zwischenzeit seelenruhig alle weiteren Indizien vernichten und die gemeinsame Wohnung in Zwickau auflösen können. Auch bei der Darstellung des Ablaufs des angeblichen Doppel-Selbstmordes gibt es Widersprüche. Spiegel-Online rapportierte am 21. November 2011 den «bestätigten Ermittlungsstand»: «Demnach wurde Böhnhardt von Mundlos zunächst mit einem aufgesetzten Kopfschuss erschossen, danach setzte Mundlos das Wohnmobil in Brand und nahm sich anschließend mit der Waffe ebenfalls das Leben.» Dies widerspricht der Zeugenaussage eines der Berufsfeuerwehrmänner, der eine Leiche «mit einem großen Loch in der Stirn» am Tisch sitzen sah. Die zweite habe mit einer Schusswunde «wahrscheinlich im Oberkörper» im Gang gelegen.(Thüringer Allgemeine, 19.11.2011). Dem liegenden Toten, der Schilderung nach Mundlos, muss nach dem vom Spiegel rapportierten Kopfschuss mit einer großkalibrigen Waffe der halbe Kopf gefehlt haben. Warum hat der Augenzeuge dann von einem Schuss in den Oberkörper berichtet?

Der Thüringer Innenminister Jörg Geibert gab an, dass sich die beiden mutmaßlichen Terroristen «nach damaligem Stand der Rechtsmedizin mit Langwaffen getötet» hätten (ARD, 17.11.2011). Warum Langwaffen — wo doch so viele kurzläufige Pistolen im Wohnmobil waren? Und wie schießt man sich mit einer Pumpgun — andere Langwaffen wurden im Wohnmobil nicht gefunden – selbst in die Brust, wie es zuerst hieß? Das ist fast noch schwieriger als das sprichwörtliche «von hinten durch die Brust ins Auge»… Da der Widerspruch in dieser Darstellung zu offensichtlich war, wurde die Story auch an diesem Punkt begradigt – zwei Wochen nach dem Banküberfall war nur noch von zwei Kopfschüssen die Rede… Mittlerweile wird die Pumpgun Winchester 1300 von ermittelnder Seite zweifelsfrei als Tatwaffe des Selbstmordes angegeben. Warum vernahm die Polizei bei so einer lauten Waffe dann nur Knallgeräusche?

Aufklären könnten mögliche Fotos der Leichen. Doch gibt es weder welche davon, wie am Tatort der Abtransport erfolgte (eigentlich ein lohnendes Motiv für Journalisten!), noch sind Aufnahmen von einem späteren Zeitpunkt veröffentlicht worden. Stattdessen wurden die beiden Toten schon Anfang des Jahres 2012 in aller Heimlichkeit beigesetzt und damit die Möglichkeit weiterer unabhängiger Untersuchungen zunichte gemacht. Die amtliche Obduktion der Leichname von Mundlos und Böhnhardt fand erst am 5. November statt, obwohl die Leichen schon gegen 15 Uhr am 4. November weggebracht worden waren. Ob einen Tag später noch der genaue Todeszeitpunkt feststellbar war, ist fraglich. Auch das Wohnmobil wurde um diese Uhrzeit abtransportiert, ohne vorher eine umfangreiche Spurensicherung vorzunehmen. Warum die Leichen so schnell fortgeschafft wurden, obwohl doch offensichtlich ein Gewaltverbrechen vorlag, ist unerklärlich. Laut Obduktionsbericht spricht vieles dafür, dass Mundlos seinen Freund Böhnhardt erschoss und anschließend sich selbst. Das passt aber wiederum nicht zu dem Charakterprofil der beiden, das die Polizei erstellt hat. Demnach hätte Böhnhardt der irre Pistolero sein müssen: «Böhnhardt soll nach Einschätzung eines Mitarbeiters der Zielfahndung ein „Durchgeknallter“ gewesen sein, der rabiat und nicht vorausschauend handelte, sondern einfach „machte“. (Schäfer-Gutachten der Thrüringischen Landesregierung) Mundlos wird als Gegentypus dargestellt: «Demgegenüber schätzte der Mitarbeiter des Thüringer LKA Mundlos als überlegter und intelligenter ein. (…) Er sei ein Schwiegermuttertyp gewesen, war besonnener und habe viel geredet.» (ebenda) Legt man diese Psycho-Studien zugrunde, wäre dem unbeherrschten Böhnhardt viel eher zuzutrauen gewesen, in einer Drucksituation auszurasten und um sich zu schießen, auch auf einen langjährigen Freund und sich selbst. Aber in der offiziellen Polizeilegende jenes 4. November soll es Mundlos gewesen sein…

Der dritte Mann: Die Selbstmord-Lüge von Uwe und Uwe
Hier soll die Dienstwaffe vom Polizistenmord in Heilbronn (April 2007) gefunden worden sein. Nur: Auf dem Foto ist keine Waffe sichtbar. Die Aufnahmen der Feuerwehr vom Innenraum des Wohnmobils sind verschwunden, deswegen gibt es keinen Beweis, dass die Waffe tatsächlich dort lag und nicht erst später platziert wurde.

Offiziell wird also angenommen, die beiden entschieden in kürzester Zeit, dass eine Flucht sinnlos und der Freitod vorzuziehen sei. Das ganze Prozedere – die Liquidierung Böhnhardts, das Entzünden des Wohnmobils ohne Brandbeschleuniger und die Selbsttötung Mundlos‘ – nahm laut Ermittlungsakten sieben bis zwanzig Sekunden in Anspruch. Ist es glaubwürdig, dass sich zwei Freunde ohne lange Abschiedsworte von einem Moment auf den anderen umbringen? Außer Plausibilitätsüberlegungen sprechen auch handfeste Indizien gegen die Selbstmord-Version. Zum einen wurden zwei Ausschusslöcher im Dach des Wohnmobils festgestellt. (Stuttgarter Zeitung, 25.11.2012). Diese befanden sich abgewinkelt ungefähr an den Stellen im Dach, unter denen die Leichname lagen – also eines im vorderen Teil, eines im hinteren Teil. Wenn Böhnhardt aber, wie es die Obduktions- und die Presseberichte behaupten, mit einem aufgesetzten Schuss aus einer Langwaffe in die Schläfe getötet wurde – wie kommt dann das Einschussloch in die Decke des Wohnmobils? Die Winchester 1300 ist etwa einen Meter lang – wollte man da an der Schläfe ansetzen, muss der Lauf einigermaßen waagrecht gehalten werden, und dann würde die Kugel nicht im Dach einschlagen…

Ein weiterer Punkt erschüttert die These, dass die beiden ohne Einwirkung Dritter zu Tode kamen: Laut Focus fanden die Beamten die «beiden ausgeworfenen Patronenhülsen der Marke Brenneke (…) direkt neben den Leichen».(Focus 38 /2012) Die laut Polizei verwendete Winchester 1300 ist eine Vorderschaftrepetierflinte. In der Beschreibung des Herstellers heißt es: «Zieh den Griff ganz zurück, bis die abgeschossene Patrone aus der Auswurf-Öffnung fliegt.» Das bedeutet: Mundlos musste die Waffe repetieren, damit eine neue Patrone in den Lauf kommt. Mit dieser soll er Böhnhardt erschossen haben. Als er die Waffe erneut repetierte – man kennt das aus vielen US-amerikanischen Actionfilmen – flog die erste Hülse aus dem Lauf und eine weitere wurde geladen. Mit dieser schoss sich Mundlos in den Kopf, die Patronenhülse verblieb dabei verschossen im Lauf. Wer hat die Waffe dann erneut repetiert, damit eine zweite Hülse neben den Leichen aufgefunden werden konnte? Mundlos jedenfalls war nach dem Schuss definitiv nicht mehr dazu in der Lage… Oder war noch eine Hülse im Lauf, bevor der Showdown im Wohnwagen begann – als Überbleibsel eines früheren Schusses? Das wäre aber nur vorstellbar, wenn Böhnhardt und Mundlos die Waffe nach dieser früheren Verwendung nicht ordnungsgemäß gereinigt hätten – bei professionellen Terroristen eigentlich schwer vorstellbar.

Alle genannten Widersprüche lassen sich leicht auflösen, wenn wir nicht davon ausgehen, dass Böhnhardt und Mundlos freiwillig aus dem Leben schieden – sondern dass sie ermordet und anschließend Beweismittel platziert wurden. Tatsächlich wurde in Strega da eine dritte Person gesehen, die kurz vor dem Eintreffen der Polizei das Wohnmobil verließ und später von einem Polizeihubschrauber gesucht wurde. Die Bild-Zeitung schrieb am 7. November 2011: «Zeugen wollen einen dritten Mann gesehen haben, der aus dem Fahrzeug flüchtete.» Und: «Eine Nachbar berichtet, dass eine Person aus dem Führerhaus kletterte und die Flucht ergriff.» Wenige Tage später hieß es selbst aus Polizeikreisen: «Einem Ermittler zufolge deutet die Spurenlage in dem Wohnmobil, in dem die Leichen der beiden gefunden wurden, nicht unbedingt auf einen gemeinsamen Suizid hin.» (spiegel.de, 12.11.2011).

Auch der Vater des NSU-Terroristen Uwe Mundlos will es nicht wahrhaben. Er traut dem Verfassungsschutz alles zu, sogar einen Mord. „Die heimliche Aktenvernichtung zeigt, dass alles möglich ist“ Siegfried Mundlos dem Focus 8/2012

Die These vom «dritten Mann» erreichte schließlich auch den Bundestag. Die linke Tageszeitung Junge Welt berichtete Anfang Dezember 2012: «Gestern ab 16 Uhr trat der Innenausschuss des Bundestages in geheimer Sitzung zusammen. Ergebnisse der Sitzung lagen bis Redaktionsschluss noch nicht vor. Aus gut unterrichteten Kreisen war allerdings zu hören, dass während der Sitzung neue Erkenntnisse zum Tod von Mundlos und Böhnhardt präsentiert worden sein könnten. Es sollen Hinweise vorliegen, dass es sich „nicht um aufgesetzte Schüsse“ gehandelt habe. Wenn beide Terroristen durch Distanzschüsse im Wohnmobil zu Tode kamen, wäre eine dritte Person dafür verantwortlich. Fremdeinwirkung war bisher offiziell stets bestritten worden.» (Junge Welt, 1.12.2012). Stellen wir uns ein Szenario abseits der offiziellen Variante vor. Böhnhardt und Mundlos wurden an einem anderen Ort erschossen, Böhnhardt in die Schläfe und Mundlos durch den Mund. Die beiden Leichen wurden in das Wohnmobil gelegt. Im Anschluss wurde der Leiche Mundlos‘ die Waffe in die Hand gedrückt und zweimal in die Decke gefeuert, um die nötigen Schmauchspuren in seiner Hand zu erzeugen. Die Schrotmunition musste durch die Decke gefeuert werden, um Spuren oder Schäden an angrenzenden Wänden zu vermeiden. Schließlich wurde das Fahrzeug durch eine unbekannte Person am späteren Fundort in Stregda abgestellt. Dann erst – die Polizei war bereits auf dem Weg – entzündete der dritte Mann einen Stapel Papier und hoffte, dass sich die Gasflaschen unter dem aufgedrehten Herd entzünden würden. Das könnte auch die «Knallgeräusche» erklären – als Folge der Hitzeeinwirkung und des Zerberstens von Gegenständen. Das Feuer sollte eigentlich die Schusslöcher im Dach kaschieren, aber das Kalkül ging nicht auf: Im Gegensatz zu den erfahrenen Campern Mundlos und Böhnhardt wusste der dritte Mann nicht, dass man die Knöpfe des Herdes gedrückt halten muss, damit weiter Gas entweicht. Das Wohnmobil wurde abgeschleppt und in einer Halle verwahrt, zu der auch die Mörder von Böhnhardt und Mundlos Zutritt hatten, oder deren Hintermänner und Komplizen. Im verrußten Wohnmobil deponierten sie einen Rucksack mit präparierten Beweismitteln, die die hanebüchene Geschichte glaubhaft machen sollten, die seither in aller Munde ist.

Für eine Liquidierung von Böhnhardt und Mundlos vor ihrer Einkreisung im Wohnmobil spricht auch, dass ihre Freundin Zschäpe am 4. November morgens zwei Stunden lang im Internet auf Zeitungs- und Radioportalen herumsurfte und nach Verkehrsunfällen des Vortages suchte. (FR, 10.4.2012). Das könnte darauf hindeuten, dass sich ihre Freunde am Vortag nicht wie abgesprochen gemeldet hatten – sie vermutete also einen Autounfall oder ein ähnliches Problem. Als sie bis 12:43 Uhr keine entsprechenden Meldungen gefunden hatte, beschlich sie ein ungutes Gefühl. Erwiesen ist, dass sie im Folgenden im Netz nach natürlichen Mitteln gegen Übelkeit googelte.

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