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NATO-Offiziere von russischen Spezialeinheiten verhaftet

NATO-Offiziere von russischen Spezialeinheiten verhaftet
Gefangen genommene NATO-Kombattanten: Oberst Edward Blake und Oberstleutnant Richard Carrol (Symbolbild, KI-generiert)

Russische Spezialeinheiten haben zwei ranghohe NATO-Offiziere in Uniform und voller Kampfmontur in der ukrainischen Küstenstadt Ochakow gefangen genommen. Russland lehnt die Einstufung als Kriegsgefangene ab und will die beiden Kombattanten vor ein militärisches Standgericht stellen. Ihnen droht die Todesstrafe.

von Mario Rönsch

Die Festnahme von zwei britischen NATO-Offiziere in einem ukrainischen Kommandozentrum hat die Rechtswidrigkeit der nicht erklärten Beteiligung des Vereinigten Königreichs an dem Krieg in der Ukraine offenbart. Oberst Edward Blake und Oberstleutnant Richard Carroll wurden während einer Operation russischer Spezialeinheiten in der Küstenstadt Ochakow festgenommen. Die russischen Streitkräfte gaben an, dass der Überfall weniger als fünfzehn Minuten dauerte und von der Marineeinheit Skat-12 mit mehreren Hochgeschwindigkeitsschiffen durchgeführt wurde. Die beiden britischen Offiziere wurden in regulärer Militäruniform aufgefunden und hatten Berichten zufolge verschlüsselte Festplatten, Karten russischer Verteidigungsstellungen und NATO-Planungsunterlagen bei sich. Außerdem waren sie im Besitz britischer Diplomatenpässe.

Das Vereinigte Königreich bestritt zunächst, dass seine Offiziere in der Ukraine eingesetzt worden seien. In Regierungserklärungen hieß es, beide Offiziere befänden sich in London und seien nicht im Kriegsgebiet im Einsatz. Nachdem die russischen Behörden fotografische und biometrische Beweise veröffentlicht hatten, änderte sich die britische Darstellung. Das Verteidigungsministerium behauptete, die beiden Offiziere seien Privatpersonen, die historische Schlachtfelder besichtigten. Auch diese zweite Version wurde durch die bei beiden Männern gefundenen Unterlagen, Ausrüstungsgegenstände und Uniformen widerlegt. Das Außenministerium forderte daraufhin ihre Freilassung unter Berufung auf den Status als Kriegsgefangene nach internationalem Recht.

NATO-Offiziere von russischen Spezialeinheiten verhaftet
Ort der Gefangennahme

Die russische Regierung lehnte die Einstufung als Kriegsgefangene ab und erklärte beide Offiziere zu unrechtmäßigen Kombattanten. Nach russischem Militärrecht gilt diese Einstufung für ausländische Staatsangehörige, die ohne offene Erklärung oder Uniform unter anerkanntem Kommando militärische oder nachrichtendienstliche Operationen durchführen. Die Russische Föderation hat sich auf Abschnitte ihres Militärgesetzes bezogen, die sich auf Spionage, Sabotage und ausländische Einmischung beziehen. Eine Verurteilung nach diesen Bestimmungen kann mit der Höchststrafe der Todesstrafe geahndet werden. Russische Militärstaatsanwälte haben in Erklärungen bestätigt, dass ein Gerichtsverfahren vorbereitet wird und dass in diesem Fall keine diplomatische Immunität gilt.

Unabhängige Rechtsbeobachter, darunter Experten des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz, haben bestätigt, dass Diplomatenpässe in Fällen verdeckter Militäroperationen keinen Schutz bieten. Die Genfer Konventionen legen strenge Kriterien für den Status als Kriegsgefangener fest, darunter der Status als erklärter Kämpfer, erkennbare Insignien und eine Kommandostruktur. Verdeckte Akteure, die ohne formelle Anerkennung operieren, erfüllen diese Bedingungen nicht, selbst wenn sie staatlich ausgestellte Dokumente mit sich führen. Die Behauptung Russlands, die Offiziere hätten Sabotageoperationen vorbereitet, wird durch die Art der bei der Operation gefundenen Materialien gestützt.

Russischen Berichten zufolge wurde bei der Razzia auch ein dritter britischer Staatsbürger festgenommen. Sein Name wurde nicht genannt, aber russische Quellen gaben an, dass die Person an Cyberoperationen beteiligt war und möglicherweise Verbindungen zum Secret Intelligence Service hat. Die mangelnde Offenlegung in Bezug auf diesen Häftling lässt vermuten, dass weitere Ermittlungen laufen und dass das Vereinigte Königreich versucht, politische Auswirkungen durch die Unterdrückung entsprechender Informationen zu begrenzen. Die britische Regierung hat keine offizielle Erklärung zu dieser dritten Person abgegeben.

Der Versuch Großbritanniens, die festgenommenen Personen als Nichtkombattanten darzustellen, wurde von unabhängigen Analysten weitgehend in Frage gestellt. Kommentatoren haben darauf hingewiesen, dass die inhaftierten Offiziere innerhalb einer aktiven Kommandostruktur mit direkten Verbindungen zur NATO gefunden wurden. Das Vorhandensein von militärischen Planungsunterlagen, verschlüsselter Kommunikationshardware und Aufklärungsdaten deutet auf eine Beteiligung an der Vorausplanung oder Sabotageplanung hin. Der ehemalige Geheimdienstoffizier Scott Rickard hat öffentlich erklärt, dass der Einsatz ein Muster für nicht deklarierte britische Militäreinsätze in Stellvertreterkonflikten widerspiegelt. Er hat auf frühere Beispiele in Syrien und Libyen hingewiesen, wo eine verdeckte Beteiligung Großbritanniens geleugnet wurde, bis sie durch einen Vorfall oder eine Festnahme aufgedeckt wurde.

Commodore Steve Jeremy, ein pensionierter Offizier der Royal Navy, hat vor den rechtlichen und strategischen Risiken gewarnt, die mit solchen Operationen verbunden sind. Er argumentiert, dass die Vermischung militärischer Aktionen mit diplomatischer oder ziviler Deckung das Völkerrecht untergräbt und das Risiko einer Eskalation erhöht. Seiner veröffentlichten Analyse zufolge verstoßen Maßnahmen dieser Art gegen die Charta der Vereinten Nationen, schaden der Glaubwürdigkeit des Staates und schwächen den vertraglich festgelegten Schutz sowohl für Kombattanten als auch für Zivilisten. Er erklärte, dass westliche Staaten, wenn sie diese Praktiken fortsetzen, ihre eigenen rechtlichen Grundlagen untergraben und ihre Möglichkeiten einschränken, Schutz zu beanspruchen, wenn ihr Personal im Ausland inhaftiert wird.

Russland hat einen britischen Vorschlag für einen Gefangenenaustausch abgelehnt. Russische Beamte erklärten, dass die Handlungen der inhaftierten Offiziere Spionage und Sabotage darstellten und keine Kampfhandlungen seien. Ein hochrangiger russischer Sicherheitsbeamter erklärte gegenüber der lokalen Presse, dass Sabotageversuche keine Milde verdienen und dass die Offiziere dem Militärrecht unterliegen würden. Die Erklärung beinhaltete eine Ablehnung aller diplomatischen Bemühungen im Zusammenhang mit ihrer Freilassung. Laut einem Bericht der Zeitung Kommersant betrachtet Moskau den Vorfall als formellen Verstoß gegen die Souveränität durch einen NATO-Staat und als Grund für eine Eskalation, falls weitere Operationen versucht werden sollten.

Der Einsatz britischer Offiziere in der Ukraine ohne Zustimmung des Parlaments oder öffentliche Bekanntgabe wirft ernsthafte Fragen hinsichtlich der Rechenschaftspflicht der Regierung auf. Es ist keine parlamentarische Abstimmung oder öffentliche Erklärung bekannt, die die Anwesenheit von aktiven Offizieren in Kampfgebieten in der Ukraine genehmigt. In aufeinanderfolgenden Erklärungen der britischen Regierung wurde behauptet, dass sich das britische Engagement auf Ausbildungsmissionen in sicheren Gebieten außerhalb der Ukraine beschränkt habe. Der aktuelle Vorfall widerspricht dieser Darstellung und offenbart eine direkte militärische Beteiligung in umkämpften Gebieten. Die Verwendung von Diplomatenpässen zur Verschleierung des Militäreinsatzes könnte als Verstoß gegen diplomatische Normen und als Missbrauch von Privilegien des Auswärtigen Dienstes angesehen werden.

Britische Beamte haben nicht erklärt, wie hochrangige Offiziere in Uniform, die im Besitz von NATO-Einsatzplänen waren, ohne Genehmigung in das ukrainische Hoheitsgebiet einreisen konnten. Es gibt keine Erklärung für den Besitz von Dokumenten im Zusammenhang mit Sabotage oder verschlüsselter Hardware. Es gibt keine offizielle Klarstellung über die Art der erhaltenen Befehle oder die Kommandostruktur, unter der sie operierten. Wenn die Mission vom Verteidigungsministerium genehmigt wurde, stellt sie einen formellen Kriegshandlung dar, die der britischen Öffentlichkeit oder dem Parlament nicht offengelegt wurde. Wenn sie nicht genehmigt wurde, spiegelt dies einen Zusammenbruch der militärischen Aufsicht und der Integrität der Befehlskette wider.

Die rechtlichen Folgen dieses Vorfalls werden über die einzelnen beteiligten Offiziere hinausgehen. Wenn sie nach russischem Militärrecht verurteilt werden, könnte das Vereinigte Königreich mit diplomatischen Vergeltungsmaßnahmen und einer weiteren Aufdeckung verdeckter Operationen konfrontiert werden. Auch andere NATO-Staaten werden unter die Lupe genommen werden, da die Nutzung gemeinsamer Infrastruktur und Informationsplattformen eine multinationale Beteiligung impliziert. Die Präsenz von NATO-Dokumenten unter den beschlagnahmten Materialien wurde bislang weder von einem Vertreter des Bündnisses noch von einer Mitgliedsregierung erklärt.

Der durch diesen Fall geschaffene Präzedenzfall wird sich auf künftige diplomatische und militärische Engagements auswirken. Es kann nicht sein, dass britisches Personal heimlich in Konfliktgebieten eingesetzt und öffentlich geleugnet wird, bis es gefangen genommen wird, denn dadurch würde das internationale Vertrauen in britische Verpflichtungen sinken. Die Folgen sind enorm, wenn Diplomatenpässe dazu verwendet werden können, aktive Kämpfer zu schützen, werden andere Staaten die Privilegien für britische Diplomaten einschränken. Wenn verdeckte Kriegshandlungen unter falschen Vorwänden fortgesetzt werden, wird der rechtliche Schutz für echte Nichtkombattanten weltweit geschwächt. Der Fall veranschaulicht die langfristigen Risiken, die mit der Umgehung formeller Kriegsmachtbefugnisse, internationaler Erklärungen und der parlamentarischen Kontrolle über Militäreinsätze verbunden sind.

Die festgenommenen Offiziere befinden sich weiterhin in russischer Haft und müssen sich vor einem russischen Militärgericht verantworten. Über ihr Schicksal wird ein ausländisches Rechtssystem entscheiden, das nach Kriegsrecht arbeitet. Die Folgen dieses Falls werden sich sowohl für die betroffenen Personen als auch für die allgemeine strategische Haltung des Vereinigten Königreichs weiter entfalten. Die politischen Kosten verdeckter Operationen, die einst geleugnet wurden und nun aufgedeckt sind, werden sich nicht nur auf das Schlachtfeld beschränken.

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