Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán hat die Panikmache und Angstpropaganda des Westens scharf kritisiert. Die vermeintliche Sorge der politischen Eliten vor einem Angriff der Russen in Europa bezeichnete er als absolut lächerlich.
von Theo-Paul Löwengrub
Viktor Orbáns Kritik am Ukraine-Krieg hat – von Beginn an und hochdifferenziert – stets auch eine ukrainische Mitschuld an dem Konflikt eingeschlossen. Und da sich Orban um gute Beziehungen zum östlichen Nachbarn bemüht, pflegt er auch unbeirrt bis heute ein möglichst unbefangenes Verhältnis zum Kreml. Diese Nähe könnte sich dereinst noch als lebenswichtiger diplomatischer Rettungskanal für die in die Hände von durchgeknallten Kriegstreibern gefallene EU erweisen. Orbán hat keine Hemmungen, offen Klartext zu reden – und agiert multilateral, im Sinne eines Interessenausgleichs; eine politische Maxime, die eigentlich als wichtigste Lektion der Schrecken des 20. Jahrhunderts überall weltweit als Notwendigkeit verinnerlicht sein müsste. Doch leider gilt für Mittel- und Westeuropa das genaue Gegenteil.
In einem Interview, das Springer-CEO Mathias Döpfner für seinen Podcast „MD MEETS“ nun mit Orbán führte, rückte dieser auf wohltuend offene Weise die Verhältnisse grade – und übte scharfe Kritik an der Panikmache und Angstpropaganda des Westens. In seinem Budapester Büro, umrahmt von Weltkarten aus USA, China und Europa (eine russische fehlt, wie “Bild” betont) unterstrich Orbán seine in der Tat einzigartige Brückenbauer-Rolle zwischen Donald Trump und Wladimir Putin. Als einziger EU-Staatschef mit derart engen Kontakten zu beiden Großmächten gilt der ungarische Ministerpräsident den einen als wichtiger Mittler, den antirussischen Hetzern jedoch als – was sonst – “Putins Sprachrohr”. Dagegen wehrt er sich vehement: „Mich interessiert nicht, ob Putin gewinnt oder verliert. Mich interessiert die Zukunft der europäischen Völker, darunter auch der Ungarn.“
“Falsch, völlig falsch”
Aus Orbáns Sicht ist die auf militärische Zuspitzung setzende Härtepolitik der EU gegen Putin der völlig falsche Weg. Die spieltheoretisch abwegige Linie, den Krieg fortzusetzen, um bessere Verhandlungsbedingungen zu erzielen, sei „falsch, völlig falsch“. Die Zeit arbeite für Russland: „Die Russen sind auf dem Vormarsch.“ Er warnt vor dem absurden Versuch, Russland militärisch zu “besiegen”: „Wenn eine Atommacht einen konventionellen Krieg verliert, dann liegt das nukleare Risiko sofort auf dem Tisch.“ Es sind Weisheiten, die jeder insgeheim als richtig erkennt, die man aber im verlogenen Westen und vor allem im heuchlerischen deutschen Politik- und Medienzirkus nicht mehr sagen darf, wenn man nicht sogleich das Etikett des Schwurblers oder Putinisten aufgepappt bekommen möchte.
Die Sorgen vor einem russischen Angriff auf NATO oder EU, oft noch garniert mit möglichst kurzfristigen “Zeitfenstern” eines solchen Harakiri-Projekts, nennt Orbán mit Fug und Recht „lächerlich“, und weist darauf hin: „Wir sind viel stärker als sie. Die EU hat über 400 Millionen Menschen, Russland nur 140 Millionen. Unsere militärischen Kapazitäten sind überlegen. Die Russen schaffen es seit mehr als drei Jahren nicht, die Ukraine zu besetzen – wie sollen sie dann Europa angreifen?“ Dies sind genau die Fragen, die sich jeder rational Normaldenkende hierzulande seit Jahren stellt, die aber im öffentlichen und politischen Raum nicht mehr gestellt oder auch nur verklausuliert verbalisiert werden dürfen. Dabei ist klar: Wenn es eine reale Kriegsgefahr für den Westen und Deutschland gibt, besteht diese nicht in einem herbeiphantasierten russischen “Überfall”, sondern in den apokalyptischen Auswirkungen eines Dritten Weltkriegs – und der wird die anhaltende Eskalationspolitik von EU und europäischen Staaten tatsächlich fahrlässig in Kauf genommen. Wenn, dann werden Feindseligkeiten von Russland erst durch diese Schwätzer provoziert – ganz so, als ginge es ihnen darum, in einer Art selbsterfüllender Prophezeiung das herbeizureden, wovor sie warnen.
Die EU hat sich moralisch und außenpolitisch vergaloppiert
Umso wohltuender das, was stattdessen Orbán – als quasi letzte Bastion der Realpolitik in Europa – einfordert: Endlich Verhandlungen unter konstruktiver Einbeziehung Putins und auch Trumps, den er als „Mann des Friedens“ lobt; Rückkehr zu Dialog und Diplomatie; Anerkenntnis von Realitäten wie auch der trivialen Weisheit, dass man Friede nun einmal stets mit Feinden und nicht mit Freunden schließt, was eine Abkehr von der politischen Hypermoral voraussetzt. Ungarn wolle dahingehend ein „gutes Instrument“ sein, um ein Abkommen zu erleichtern, so Orban: „Ich versuche, dem amerikanischen Präsidenten zu helfen.“
Dass ein Politiker mit derart rundum hochvernünftigen und verantwortungsethischen Positionen in der EU nicht nur nicht ernstgenommen, sondern angefeindet und isoliert wird, beweist, wie sehr sich der “Wertewesten” moralisch und außenpolitisch vergaloppiert hat. Milliardenunterstützung und Waffenlieferung für ein hochkorruptes Regime, zu dem keinerlei Bündnisverpflichtungen bestehen, unter Inkaufnahme wirtschaftlicher und energiepolitischer Selbstschädigung und Eigengefährdung durch nachhaltige Zerstörung aller mühsam nach dem Ende des Kalten Krieges wiederhergestellten Beziehungen zu Russland: Dieser Irrweg wird insbesondere Deutschland noch sehr, sehr teuer zu stehen kommen. Es ist die unweigerliche Folge, wenn ein Land 20 Jahre lang von gegen die eigenen Interessen handelnden Politikern zugrunderegiert wird. Orbán steht hingegen für das exakte Gegenteil.
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