Der selbst ernannte Militärhistoriker Sönke Neitzel dreht nun völlig frei. Es reicht ihm offenbar nicht, unsere Geschichte in bester Guido Knopp Manier umzudeuten und zu verfälschen. Ein Krieg gegen Russland muss her. Am besten noch zu Lebzeiten.
Der russische Präsident Wladimir Putin hat den Umbau und die weitere Aufrüstung der Marinestreitkräfte angekündigt. Bereits bis Jahresende würden zwei Marineinfanteriebrigaden in Divisionen umgewandelt, weitere drei in Kürze, erklärte er bei der Abnahme eines großen Flottenmanövers. Dadurch würden Schlagkraft und Kampfmöglichkeiten der Flotte enorm steigen, sagte er. US-Präsident Donald Trump hat die 50-Tage-Frist, die er Putin für den Abschluss eines Waffenstillstandes gesetzt hatte, nun auf „10 bis 12 Tage“ verkürzt.
Inzwischen geht die deutsche Kriegstreiberei auch auf Expertenseite weiter: Der Potsdamer Militärhistoriker Sönke Neitzel scheint in seiner Rolle als unermüdlicher Warner vor Russland und Anwalt einer massiven Aufrüstung Deutschlands mehr und mehr aufzugehen. „Die nächsten drei Jahre sind die gefährlichsten“, orakelte er wieder einmal. Russland rüste massiv auf und habe trotz der Verluste in der Ukraine 1,2 Millionen Mann unter Waffen. Allerdings werde es diesen Rüstungsvorsprung nur so lange geben, bis die NATO aufgeholt habe. „Es gibt für Putin also nur einen engen Zeitkorridor, in dem er sich entscheiden muss: Geht er in die Konfrontation oder nicht?“, so Neitzel.
Die Lage für Putin sei in den kommenden Jahren auch deswegen günstig für Putin, auch deswegen günstig, weil er darauf hoffen könne, „dass sich die USA aus einer Konfrontation beispielsweise im Baltikum heraushalten“. Verteidigungsminister Boris Pistorius wirft er Versagen bei der Reform der Bundeswehr vor. Pistorius habe zwei Seiten. „Er ist ein exzellenter Kommunikator, um den Menschen zu erklären, warum wir Rüstungsinvestitionen brauchen. Aber mit Blick auf das, was er wirklich verändert, sieht die Bilanz deutlich schlechter aus. Wir können die Soldaten heute nicht guten Gewissens in den Kampf schicken“, meint Neitzel, womit er sogar Recht hat, wenn man sich der Illusion hingibt, dass zwischen Atommächten tatsächlich noch so etwas wie konventionelle Großkriege realistisch seien.. Als Vorbild für eine Reaktivierung der deutschen Wehrpflicht sieht er Schweden. Seiner Meinung nach braucht es „einen verpflichtenden Wehrdienst von wenigstens zwölf Monaten“. Aber nicht nach dem alten deutschen, sondern nach dem schwedischen Modell, bei dem alle gemustert werden, und man dann zum Wehrdienst verpflichtet wird, wenn es nicht genug Freiwillige gebe. Neitzel bedauert, dass Teile der SPD dies blockiere.
Funktionsalarmisten in ihren Elfenbeintürmen
Neitzel ist nicht der einzige Funktionsalarmist im Dienst und Geist der politisch Tonangebenden: Auch der „Sicherheitsexperte“ Helge Adrians von der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) schlägt Alarm: Europa müsse sich auf eine weitere Eskalation im Konflikt mit Russland in der Ostsee einstellen, die „unmittelbar“ bevorstehe, verkündete er, wobei von „einer deutlichen Steigerung „der Begleitung russischer Schattentanker durch die russische Marine durch Nord- und Ostsee“ auszugehen sei. Christian Bueger von der Universität Kopenhagen mahnte, Europa müsse sich „auf eine Provokations-Dynamik mit Russland einstellen, die sich nicht nur auf dem Meer abspielt“. Er glaube, „wir werden auch mehr und mehr Drohneneinsätze sehen“.
Und so geht es immer weiter. Analog zu ihren Kollegen von der „Klimaforschung“, gefallen sich irgendwelche sogenannten „Experten“ aus ihren Elfenbeintürmen heraus als Großstrategen ohne Verantwortung, die Praktikern Ratschläge über Krieg und Frieden erteilen. Von den Mainstream-Medien wird ihnen gerne jederzeit ein Forum geboten, um ihre oft vor Banalitäten strotzenden Szenarien voller Konjunktive und Geraune zum Besten zu geben, um der allgemeinen Kriegsagenda einen wissenschaftlichen Anstrich zu geben. Für jemanden wie Neitzel, der sich mit Auftritten in zahllosen militärgeschichtlichen Dokumentationen, vor allem zum Zweiten Weltkrieg, einen guten Namen erworben hat, ist die Versuchung, nun endlich auch einmal selbst, wenn auch nur vom Spielfeldrand, Gegenwart mitzugestalten, offenbar unwiderstehlich. Dies bedeutet jedoch nicht, dass man ihm und den zahllosen anderen Gestalten aus Universitäten und Think Tanks, die sich seit Beginn des Ukraine-Krieges in allen Medien tummeln, großen Glauben schenken müsste.
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