Der deutsche Wähler mag vieles aushalten: Steigende Preise, bröckelnde Infrastruktur, sinkende Kaufkraft. Aber er hat ein feines Gespür, wann Politik nicht mehr für ihn, sondern über ihn hinweg betrieben wird. Jens Spahn ist dafür das Paradebeispiel.
von Michael Münch
Jens Spahn ist ein Mann, der nach allen Maßstäben durchgefallen ist, und absurderweise im politischen System dennoch als „kommender Mann“ gehandelt wird. Dabei sprechen die Zahlen für sich: Drei Viertel der Bürger halten Spahn für nicht vertrauenswürdig, selbst zwei Drittel der eigenen Parteigänger stufen ihn als ungeeignet ein. Normalerweise reicht das, um sich in jedem Kaninchenzuchtverein für den Posten des stellvertretenden Kassenwarts zu disqualifizierten. In der CDU wird man damit Fraktionschef und hat sogar Chancen, als nächster Kanzlerkandidat aufgebaut zu werden.
Die Erklärung dafür ist simpel und erschreckend zugleich: Nicht mehr die Basis hat das Sagen, sondern die abgehoben Führungszirkel. Nicht mehr der Wähler, entscheidet, sondern das Hinterzimmer. Dort wird festgelegt, wer Karriere macht – und dort scheint man sich längst darauf verständigt zu haben, dass Spahn, trotz seiner unsäglichen Maskenaffäre mit Milliardenschäden, trotz aller Corona-Pannen, trotz berechtigtem Vertrauensverlust, bleiben darf und muss. Warum? Weil er in der “Pandemie” geliefert hat. Geliefert allerdings für wen? Das ist hier die eigentliche Frage, die nicht gestellt werden darf. Fakt ist: Spahn war der willige Vollstrecker einer Politik, die Grundrechte einschränkte, Existenzen ruinierte und eine ganze Gesellschaft in Angst und Gehorsam versetzte. Während die Bürger ihre Kinder nicht in die Schule schicken durften und Betriebe dichtmachen mussten, jonglierte Spahn mit Milliarden für Masken, Tests und Impfstoffe. Jeder Kritiker wurde als unsolidarisch abgetan, jede Warnung vor Übertreibung verhallte.
Spahn war wertvoll fürs System
Doch für das System war er damit überaus wertvoll: Er hielt die Linie, er wich nicht vom Kurs ab, er trug alles mit, was anderswo beschlossen wurde – in den berüchtigten “Kanzlerrunden”, in Brüssel oder bei der WHO. Seine Skandale waren dabei gigantisch. Da waren die besagten Maskendeals: Spahn ließ unter anderem eine Firma beliefern, die kaum älter war als ein Wochentag und keinerlei Erfahrung hatte. Eine andere in seinem Wahlkreis erhielt Riesenaufträge für maßlos überteuerte Schutzmasken.
Kurz darauf das infame “Spendendinner” – organisiert von einem Geschäftspartner derselben Firma, bei dem all die Abstands- und Isolationsregeln, die für alle anderen im Lockdown galten, mit Füßen getreten wurden. Dann die an kriminelles Gewährenlassen grenzende politische Unterstützung von milliardenschwerem Testcenter-Abrechnungsbetrug. Der Verdacht – oder sogar das Erwiesene – ist inzwischen so offensichtlich, dass man sich fragt, warum hier nicht längst die Handschellen klickten.
Eine Gutachterin, Margaretha Sudhof, nannte Spahns Gebaren überhastet, überteuert, dilettantisch. Doch dann verschwanden Unterlagen; das Gutachten wurde diskreditiert – und die neue Ministerin Warken stellte sich schützend vor ihren Parteifreund. Am Ende waren es handverlesene CDU-nahe Beamte, die die Fehler eines CDU-Mannes “prüften” – und selbstverständlich nichts fanden. Aufklärung à la Bananenrepublik, Täter und Mittäter alle im selben Raum. Und genau an diesem Punkt wird klar, wie das System funktioniert: Offiziell gilt Spahn als angeschlagen, als umstritten, als Ballast, in Wahrheit aber läuft ein unausgesprochener Pakt. Kein Vertrag auf Papier, keine Unterschrift, keine Öffentlichkeit. Aber jeder Beteiligte kennt die Bedingungen: Du ziehst für uns in der Krise die Linie durch, egal wie hart, egal wie unpopulär, du hältst die Partei und das Land in Reih und Glied – und dafür bekommst du später die Rückendeckung, selbst wenn du versagst.
Der Lohn der Skrupellosigkeit
Der Lohn heißt Fraktionsvorsitz und mögliche Kanzlerkandidatur. Der Preis ist die Glaubwürdigkeit. Doch die zahlt am Ende nicht Spahn, den zahlt der Bürger, der alles ausbaden muss. Und genau so erklärt sich, warum ein Politiker mit miserablen Umfragewerten nicht etwa stürzt, sondern weiter aufsteigt; warum Fehler nicht bestraft, sondern befördert werden; warum selbst der größte Bockmist keine Konsequenzen hat. Die Logik des Hinterzimmers belohnt nicht den Fähigsten, sondern den Gehorsamsten und Skrupellosesten.
Natürlich fühlt sich der Bürger, der all das mit ansieht, verhöhnt. Er sieht die Fehler, er kennt die Namen, er erlebt die Folgen. Aber seine Stimme bleibt ohne Gewicht. Kritik verhallt wirkungslos. Die Brandmauern der etablierten Parteien verhindern jede Politikwende, egal in welche Richtung – und sie schützen nicht das Land, sondern die Deals, die hinter verschlossenen Türen geschlossen wurden. Jens Spahn ist damit mehr als ein Politiker: Er ist Symbol für ein System, das jede Logik auf den Kopf stellt und politischen Anstand pervertiert. Ein ist die Personifikation des unausgesprochenen Vertrags, der keine Unterschrift mehr braucht, um wirksam zu sein. Die Botschaft und Lehre: Wer einmal für das System geliefert hat, wird von ihm geschützt. Und der Wähler? Der bleibt Zuschauer, Statist in einer Aufführung, deren Handlung längst vorgezeichnet und deren Ausgang längst entschieden ist, bevor der Vorhang aufgeht. So entsteht Frust. So wächst Politikverdrossenheit. So werden Räume geöffnet für jene, die am Ende aufbegehren und gegen die Hinterzimmer wenden. Doch noch bleiben die Hinterzimmer standhaft – denn solange dort die Mächtigen sitzen, gelten nur ihre Regeln: Der Pakt steht, das Volk hat zu schweigen.
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