Meinung

Politiker und Medien jubeln: Ukraine-Frieden erfolgreich weggebombt

Politiker und Medien jubeln: Ukraine-Frieden erfolgreich weggebombt
Marie-Agnes Strack-Zimmermann und Vitali Klitschko

Inmitten der Friedensverhandlungen sprengt die Ukraine zwei Brücken und Personenzüge in die Luft und zerstört bei einem umfangreichen Drohnenangriff beträchtliche Teile der russischen Atombomber-Flotte. Deutsche Politiker und Journalisten jubeln: Ukraine-Friedensaussichten erfolgreich weggebombt, Krieg gerettet!


von Olli Garch

Die von Russland-Hass und wohlfeilem moralischen Größenwahn durchtränkten Etappenhasen des deutschen Hauptstadtfeuilletons und von allen guten Geistern verlassene Berliner Politdilettanten kommen aus dem Jubel nicht mehr heraus: Am Sonntag gelang es der ukrainischen Armee, mit einem umfangreichen Drohnenangriff auf die vier russischen Luftwaffenstützpunkte in Belaja, Djagilewo, Olenja und Iwanowo rund 40 Flugzeuge zu zerstören, darunter offenbar auch etliche Langstreckenbomber. Der Schaden geht in die Milliarden, die strategische Bomberreserve Russlands scheint empfindlich getroffen zu sein, wenn man der berauschten und im Westen kritiklos übernommenen Kiewer Propaganda Glauben schenken kann.

Vor allem bei der deutschen Kriegstreiberpresse lösten die Nachrichten unverhohlene Euphorie und Endsiegstimmung aus. So meldete etwa „Bild“ kritiklos und offenbar ungeprüft (Recherchen wären schon aufgrund der Kürze der Zeit gar nicht möglich gewesen) die Angaben des ukrainischen Geheimdienstes SBU getreulich weiter und sprach von einem „schlimmen Versagen der russischen Sicherheits- und Verteidigungssysteme“ und einer „Demütigung Putins“. Der immer für Plattitüden und Durchhalteparolen Gewehr bei Fuß stehende „Sicherheitsexperte“ Nico Lange durfte umgehend vermelden, dass Russland doch nicht „unbesiegbar“ sei. Noch am Samstag hatte Lange übrigens unheilvoll geunkt, dass die russische Armee fast überall massiv vorrücke, und eine regelrechte Horror-Bilanz von der Ukraine-Front konstatiert.

Schizophrener Jubel: Dieses Russland soll Europa erobern wollen?

“Bild“ kommentierte: „Selenskyjs Woche endet rabenschwarz!“ Die russische Sommeroffensive sei ein voller Erfolg gewesen, Russlands Übermacht bei der Infanterie wirke sich „immer stärker auf dem Schlachtfeld aus“.  Keine 24 Stunden später musste man bei der Lektüre dieser jüngsten Einschätzungen entweder den Eindruck gewinnen, die vorherige Analyse sei Grimms Märchen entsprungen – oder das Kriegsglück habe sich komplett gedreht, und Russland stünde nun unmittelbar vor dem militärischen Zusammenbruch. Wie groß der Rückschlag für Putin wirklich ist, lässt sich schwer beurteilen, doch die Kritik russischer Militärblogger an den eigenen Streitkräften verweist auf tatsächliche empfindliche Verluste – und ist überraschend offen: Das Versagen der eigenen Aufklärung wird bemängelt und für den erfolgreichen ukrainischen Angriff verantwortlich gemacht; die Rede ist von einem „schwarzen Tag für die russische Luftwaffe“ und gar von einem „russischen Pearl Harbor“.

Wie auf ukrainischer Seite und bei den westlichen Verbündeten dieser Teilerfolg bewertet wird, zeigt jedoch einmal mehr, im Zustand welcher totalen Verblendung und Schizophrenie dieser gesamte Krieg unterstützt wird. Offenbar scheint überhaupt niemandem mehr aufzufallen, dass die russische Niederlage, sollte sie in ihrer Tragweite zutreffen, sämtliche für die unbedingte Aufrüstung, Herstellung von Kriegstüchtigkeit und bedingungslose Ukraine-Unterstützung ins Feld geführten Argumente widerlegt und einmal mehr die ganze Absurdität des Lügenmärchens vom angeblich spätestens 2029 bevorstehenden russischen Großangriff auf Westeuropa – und damit NATO-Gebiet (!) – entlarvt. Denn wenn Russland so schnell kampfunfähig gemacht wird, kann es wohl kaum die akute Bedrohung für ganz Europa sein.

Reealitätsblinde Vabanque-Spieler

Abgesehen davon, dass diese Behauptungen schon immer grotesk waren, weil Russland sich damit selbst zur nuklearen Auslöschung verurteilen würde und gar nicht die Mittel für einen solchen Angriff hätte (zumal es, trotz aller teuer erkauften Erfolge, außer einem schmalen Streifen in der Ostukraine auch nach über drei Jahren keinen entscheidenden territorialen Durchbruch in der Ukraine verbuchen konnte): Wenn ein simpler Drohnenangriff ausreicht, um etwa ein Drittel der russischen Bomberflotte zu vernichten, wird von Russland ganz sicher keine Gefahr für Kerneuropa ausgehen – weder was einen “Durchmarsch” durch das Baltikum und Polen noch die an die Wand gemalten Szenarien von einer Besetzung Brandenburgs und Berlins anbelangt.

Was hingegen sehr wohl immer wahrscheinlicher wird, ist die weitere Eskalation dieses Konflikts, der völlig außer Kontrolle geraten könnte – und zwar bis hin zu einer nuklearen Stufe. Dass Russland eine Atommacht ist und definitiv kein Land der Welt eine militärische Niederlage oder gar Kapitulation hinnehmen würde, ohne alle Mittel bis zum letzten auszuschöpfen, was eben zwingend auch einen Atomeinsatz einschließt, scheint man bei den in drei Nachkriegsgenerationen völlig abgehobenen und realitätsblinden Vabanque-Spielern der EU schlicht zu ignorieren. Da wird nonchalant diese unweigerliche letzte Konsequenz für abwegig erklärt und ins Lächerliche gezogen, weil Russland sich damit ja selbst auslöschen würde – und damit mal eben die Arithmetik des Gleichgewicht des Schreckens, des metastabilen Zustands im Kalten Krieg beiseite gewischt. Nach  der Logik der fahrlässigen und arroganten westlichen Zündler und Kriegstreiber hätten sich NATO und Ostblock ja jederzeit währen des Kalten Krieges tatsächlich konventionell angreifen können – weil die Atomwaffen ja eh niemals jemand einsetzt. Gnade uns Gott bei soviel Dummheit.

Kriegsausweitung als europäisch-ukrainisches Gemeinschaftsprojekt

Was wirklich geschieht, zeichnet sich bereits ab: In Russland wird nun schon teilweise offen gefordert, den Krieg nun ebenfalls mit allen Mitteln zu eskalieren, weitere Vergeltungsangriffe zu fliegen und sogar die nukleare Option ernsthaft zu erwägen. Es muss jedem ganz klar sein: Früher oder später wird es ernst; ein Zustand, in dem die Supermacht Russland kapituliert, ist völlig undenkbar. Der einzige Ausweg wäre die diplomatische Lösung – ein Kanal, der selbst während der brenzligsten Phasen des Kalten Kriegs immer offengehalten wurde, der diesmal aber von verantwortungslosen Stümpern und Moralfanatikern des Westens abgelehnt oder torpediert wird. In Brüssel und Berlin höhnten und  jubelten sie, als die Istanbuler Verhandlungen ins Stockenen gerieten und Trump vermeintlich gescheitert war – und genau in diesem Kontext ist auch der Großangriff zu sehen: Heute hätten eigentlich die dortigen Gespräche fortgesetzt werden sollen, doch Selenskyj – übrigens direkt nach der Blankoscheck-Zusage Merz‘ von 5 Milliarden Euro deutscher Steuergelder – drehte die Herdflamme des Konflikts mal eben um drei Stufen hoch und sorgte mit dem gestrigen Blutsonntag dafür, dass jeglicher Frieden garantiert in weite Ferne rückt.

Da passt es ins Bild, dass die Offensive auch nicht mit den USA abgestimmt, sondern ein rein europäisch-ukrainisches Gemeinschaftsprojekt war – mit dem Ziel, eine Einigung in Istanbul zu vereiteln. Man will den Krieg auf europäischer Seite offenbar um jeden Preis fortsetzen; auf deutscher Seite auch deshalb, um durch die massive Aufrüstung eine wirtschaftliche Scheinblüte zu erzeugen, die die desaströsen Folgen der Zerstörung der Autoindustrie und zahlloser anderer Unternehmen durch die wahnwitzige Klimapolitik kaschieren soll. Und das alles unter Inkaufnahme des Dritten Weltkriegs. Dies alles bestätigt, dass sich Deutschland und Europa sich in den Händen gemeingefährlicher und völlig verantwortungsloser Hasardeure befinden, die nicht mehr wissen, was sie tun. Jede durch historische Erfahrung gebildete staatsmännisch-realpolitische Vernunft ist völlig auf der Strecke geblieben, stattdessen geben unbedarfte Schwätzer und rückgratlose Postenjäger den Ton an. Der Wettlauf um die Frage ist eingeleitet, ob Europa zuerst von innen oder von außen vernichtet wird.

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