Als Begleiter von Wolodymyr Selenkskyj sind Europas Möchtegern-Weltpolitiker wie Friedrich Merz nach Washington aufgebrochen und dann als Nebendarsteller in der Trump-Show aufgetreten. Der Gastgeber feiert einen Erfolg.
von Peter Grimm
Politik und Medien hatten den gestrigen Montag in Washington schon vorab zu einem welthistorischen Moment erklärt. Der Ausgang des Treffens von Trump und Selenskyj wurde mit Spannung erwartet. Es standen verschiedene Szenarien im Raum: Es hätte zum unwahrscheinlichen Eklat kommen können, wie bei Selenskyjs vorigem Besuch im Weißen Haus, zum Totreden und Verschieben oder zum Einlenken in den durch das Trump-Putin-Treffen vorgegebenen Verständigungs-Kurs. Der ukrainische Präsident setzte vorab schon rein äußerlich ein Kompromiss-Signal. Er erschien zwar in einem Anzug, aber in einem offenbar speziell kreierten, wie stern.de berichtet:
„Der Stil des Anzugs sei ‚militärisch‘, zitiert ‚Politico‘ Designerin Elvira Gasanova. Die Symbolik bleibe: Selenskyj als Staatsoberhaupt eines Landes, das sich im Krieg befindet.“
Man kann es etwas geschmacklos finden, wenn ein Präsident im Kriege deshalb eigens eine Designerin beauftragt, statt sich einfach einen normalen Anzug anzuziehen, aber das Signal der Kompromissbereitschaft verfing offenbar bei den amerikanischen Gesprächsteilnehmern, die das Outfit des Ukrainers lobten. Diese kleinen Äußerlichkeiten spielten offenbar eine große Rolle in dieser Aufführung.
Der Auftritt des US-Präsidenten und seines ukrainischen Kollegen bei ihrer Begegnung im Vorfeld der großen Runde mit Selenskyjs europäischen Begleitern war denn auch durch und durch versöhnlich. Zwar erfuhr die Öffentlichkeit nicht viel über die konkreten Inhalte des Gesprächs, aber Selenskyj bemühte sich um Harmonie und vermied möglichst den offenen Widerspruch. Hauptsache – so die übereinstimmende Botschaft – man fände endlich einen Weg, den Krieg zu beenden.
„Hammer-Ansage“?
Der öffentliche Teil des anschließenden Treffens mit den angereisten europäischen Regierungschefs, dem NATO-Generalsekretär und der EU-Kommissionspräsidentin war dann ein besonderes Schauspiel. Eigentlich spielten die Möchtegern-Weltpolitiker aus der alten Welt vor der Kamera nur die Nebenrolle in einer Trump-Show. Sie traten nicht – wie zuweilen angekündigt – als die wackeren Rückenstärker für einen ukrainischen Präsidenten auf, der seinem viel mächtigeren US-Kollegen die Stirn bietet. Auf Letzteres hatte Selenskyj aus gesundem Eigeninteresse schon selbst verzichtet. Und den Interessen der nicht besetzten Teile seines Landes wollte er damit sicher auch dienen. Die europäischen Mächte sind derzeit – das weiß er – allein viel zu schwach an Kraft und Willen, seinen Staat ohne amerikanische Unterstützung zu retten.
Vor den Kameras der Welt spielten die Europäer die Nebenrolle in einer Trump-Show. Als Showmaster zeigte sich der US-Präsident durchaus generös gegenüber seinen Nebendarstellern. Jeder bekam freundliche Worte, mal als bedeutender Führer, mal als Freund oder manche auch beides. Friedrich Merz durfte sich auch über ein Präsidenten-Kompliment ob seines Urlaubs-Teints freuen. Aber all die verbalen Elogen waren nur die freundliche Verpackung der Botschaft, dass er gar nicht daran denkt, den mit an den Tisch gebetenen Herrschaften auf Augenhöhe zu begegnen.
Friedrich Merz, der sich augenscheinlich gern in einer führenden Rolle in Europa gesehen hätte, blieb einer von vielen. Sein Statement wurde von Bild zwar unter die Überschrift gestellt „Merz macht Hammer-Ansage an Trump!“, doch so hört es sich nicht an, wenn man es sieht. Er sagte lediglich, dass es vor weiteren Gesprächen einen Waffenstillstand geben sollte, um von Trump die Antwort zu bekommen, dass es auch bei den letzten Friedensschlüssen, die seine Regierung vermittelt habe, im Vorfeld nicht immer einen Waffenstillstand gegeben hätte.
Doch das ist letztlich Spiegelfechterei, denn ob es einen Waffenstillstand vor Verhandlungen geben muss oder ob er auch zu den ersten Verhandlungsergebnissen gehören darf, ist nicht die entscheidende Frage. Undiplomatisch formuliert, geht es jetzt vor allem darum, wie viel Kriegsbeute Russland behalten darf und ob zumindest die Krim offiziell als russisches Territorium anerkannt wird.
Europas begrenzter Einfluss
Dass Putin auch den Donbass vollständig zugestanden haben will, wurde mittlerweile berichtet. Im Westen gab es diesbezüglich schon Überlegungen, wie man die Annexion besetzter Gebiete de facto akzeptieren könnte, ohne sie offiziell anerkennen zu müssen. Jetzt kommt wohl die Stunde der Erfinder von öffentlich gut verkäuflichen Kompromissformeln.
Trotz der vielen Schmeicheleien, die Donald Trump an die Europäer verteilte, machte er unmissverständlich klar, wer auf westlicher Seite die Richtlinienkompetenz besitzt. Nicht die schwachen Europäer, die allerdings nach Trumps Vorstellung dennoch zahlen sollten, u.a. für den Wiederaufbau der Ukraine.
Es hat zwar niemand klar ausgesprochen und dennoch war es überdeutlich: Die Europäer sollen dem Kurs des US-Präsidenten folgen und sie sind – unter mehr oder weniger Murren – anscheinend dazu bereit. Wer von ihnen möchte schon ohne die USA eigenverantwortlich im Krieg stehen?
Über allem schweben die Gesprächsergebnisse von Trumps Gesprächsrunde mit Putin am Freitag. Putin ist der Mann, mit dem Trump auf Augenhöhe redet. Und der US-Präsident sagte dann am Abend zwischendurch auch, dass er jetzt erst einmal mit Putin telefonieren müsse.
Nach dem Telefongepräch ließ Trump verlauten, dass ein direktes Treffen zwischen Putin und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Vorbereitung wäre. Auf seinem Netzwerk Truth Social hat Trump laut Medienberichten geschrieben:
„Am Ende der Treffen habe ich Präsident Putin angerufen und mit den Vorbereitungen für ein Treffen zwischen Präsident Putin und Präsident Selenskyj an einem noch zu bestimmenden Ort begonnen. Nach diesem Treffen wird es ein Trilateral-Treffen geben, an dem die beiden Präsidenten und ich teilnehmen werden. Ich möchte noch einmal betonen, dass dies ein sehr guter erster Schritt in einem Krieg ist, der seit fast vier Jahren andauert. Vizepräsident JD Vance, Außenminister Marco Rubio und Sonderbeauftragter Steve Witkoff koordinieren die Gespräche mit Russland und der Ukraine.“
Es ist etwas in Bewegung, aber die Möchtegern-Weltpolitiker aus Europa haben darauf nur einen sehr begrenzten Einfluss. Dieses Bild aber möchten die meisten von ihnen nicht auf ihren jeweiligen heimischen Medienbühnen aufgeführt wissen. Deshalb hielten sie ihren Auftritt in der Trump-Show wohl für nützlich. Gebraucht hat ihn wahrscheinlich außer ihnen niemand. Unseren Kanzler werden die heimischen Probleme nach seiner Rückkehr trotz des vorherigen Weltbühnen-Auftritts und der kommenden, wohl inszenierten internationalen Nachbereitungs-Gespräche mit voller Wucht einholen.
🆘 Unserer Redaktion fehlen noch 74.000 Euro!
Um auch 2025 kostendeckend arbeiten zu können, fehlen uns aktuell noch 74.000 von 125.000 Euro. In einer normalen Woche besuchen im Schnitt rund 250.000 Menschen unsere Internetseite. Würde nur ein kleiner Teil von ihnen einmalig ein paar Euro spenden, hätten wir unser Ziel innerhalb kürzester Zeit erreicht. Wir bitten Sie deshalb um Spenden in einer für Sie tragbaren Höhe. Nicht als Anerkennung für erbrachte Leistungen. Ihre Spende ist eine Investition in die Zukunft. Zeigen Sie Ihre Wertschätzung für unsere Arbeit und unterstützen Sie ehrlichen Qualitätsjournalismus jetzt mit einem Betrag Ihrer Wahl – einmalig oder regelmäßig: