Seit der Antike gilt, was auch Grundlage des Schachspiels ist: Hat man den König der Gegner erledigt, ist der Krieg gewonnen. Militärstrategische und politische Frage: Warum verschont Wladimir Putin Wolodymyr Selenskyj?
von Hans Korallus
Ob Xerxes gegen Leonidas, ob Wellington und Blücher gegen Napoleon Bonaparte, ob Roosevelt, Churchill und Stalin gegen Hitler, ob George W. Bush gegen Saddam Hussein oder Osama bin Laden, ob Israel gegen die Führer von Hamas, Hisbollah und die Mullahs: Stets greifen Kriegsparteien die Anführer der Gegner an, um sie zu beseitigen und dadurch den Krieg zu gewinnen.
Wenig zimperlich sind Regierungen auch bei Staatsstreichen im Ausland, wenn es den eigenen Zielen nutzt. Ohne irgendeine Unterstellung starben sechs afrikanische Präsidenten, die 2020-2021 nicht an der Corona-Hysterie teilnehmen wollten, binnen weniger Monate überraschend an Herzversagen, wie Tansanias Präsident John Magufuli, am 17. März 2021. Das war natürlich purer Zufall, und dass Geheimdienste nicht nachweisbare Gifte verwenden, die einen Herzstillstand verursachen, ist bloße Propaganda der „Schwurbler“. “Tagesschau”-Zuschauer und “Spiegel”-Leser wissen es besser: Solche Gifte gibt es nicht, das würden Geheimdienste nie tun, und „Corinna Neunzehn“ war die tödlichste Gefahr für die Menschheit aller Zeiten, abgesehen vom Klimawandel, den man zum Glück durch die Besteuerung von Luft aufhalten kann.
Politiker und Kriegstreiber gehen nie an die Front
Auch bei Attentaten zielen Gegner bevorzugt auf den Kopf der Feinde – siehe historische Beispiele Lincoln, Franz Ferdinand, Gandhi, Hitler (Staufenberg), Kennedy, Reagan, Trump. Jeder Mensch sollte sich unbedingt die 2022er Verfilmung von Erich Maria Remarques „Im Westen nichts Neues“ anschauen (hier der Trailer). Nirgends sonst kommt man der Realität des Krieges näher. Nur wer diesen Film gesehen hat, kann erahnen, wie der Krieg in der Ukraine tatsächlich abläuft. Erich Maria Remarque fand auch die treffenden Worte: „Ich dachte immer, jeder Mensch sei gegen den Krieg, bis ich herausfand, dass es welche gibt, die dafür sind. Besonders die, die nicht hineingehen müssen.“ „Im Westen nichts Neues“ veranschaulicht, wie wichtig es ist, Kriege so schnell wie möglich zu beenden, wenn man schon den Ausbruch nicht verhindern konnte.
Was ist die Strategie Putins hinsichtlich Selenskyj?
Ende Mai sollen die Ukrainer den russischen Präsidenten-Hubschrauber in der Nähe der Front mit Drohnen angegriffen haben. Da im Krieg die Wahrheit das Erste ist, was stirbt, wissen wir nicht, ob das stimmt. Im Kontext der Fragestellung dieses Artikels ist die entscheidende Frage jedoch: Wenn die Ukrainer die Gelegenheit hätten – würden Sie dann versuchen, Putin oder gar die gesamte russische Regierung und den russischen Generalstab zu eliminieren? Es sieht bisher nicht so aus, als hätten die Ukrainer diese Möglichkeit, aber wer zweifelt daran, dass sie es tun würden, wenn sie könnten?
Umgekehrt haben die Russen die Möglichkeit, nutzen sie aber nicht. Sie hätten längst eine Rakete auf jeden Standort abfeuern können, an dem sich Selenskyj gerade aufhält. Niemand wird ernsthaft behaupten, dass die russische militärische Aufklärung und der russische Geheimdienst seit über 29.000 Stunden (seit Kriegsbeginn 24. Februar 2022) nie in der Lage war, den aktuelle Aufenthaltsort von Selenskyj zu bestimmen, um dort eine Rakete hinzuschicken.
Warum kein “Enthauptungsschlag”?
Eine Ankündigung der Russen an Selenskyj würde genügen: „Entweder stimmst Du unseren Kapitulationsbedingungen zu, oder wir senden eine Rakete an Deinen Standort.“ Wie schnell wären seine Bodyguards verschwunden? Selbst wenn Selenskij sich wie Yahya Sinwar oder Ali Chamenei verstecken würde: Eher früher als später würde ihn eine Rakete eliminieren. Im Unterschied zu islamistischen Wahnsinnigen, bei denen wahnsinnige Nachfolger nachrücken, lieben Ukrainer meiner Meinung nach ihr Leben zu sehr, um es sinnlos zu opfern. Es ist unwahrscheinlich, dass sich nach einer Eliminierung Selenskijs ein Nachfolger eine Zielscheibe auf die Stirn kleben würde. Der Krieg wäre vorbei.
Die Wahrscheinlichkeit, dass die Ukraine kapituliert, wenn Selenskij eliminiert wurde, ist also sehr hoch. Warum versucht Putin es nicht? Was ist sein Kalkül? Gemessen am Raketenarsenal führt Putin einen Krieg mit angezogener Handbremse, und das seit über 3 Jahren, ohne ein Ende in Sicht. Wäre nicht Putin, sondern ein skrupelloser Hardliner im Kreml an der Macht, ist die Wahrscheinlichkeit einer Atombombe auf Kiew hoch. Stattdessen führt er einen Zermürbungskrieg, der auch hunderttausende seiner eigenen Soldaten das Leben kostete.
In Ermangelung einer Gesprächsmöglichkeit mit Putin (der in einem Gespräch auch nicht unbedingt seine geheimen Pläne preisgeben würde) spekuliere ich einmal.
Zwei Theorien
Theorie 1: Sowohl der Einsatz von Atombomben als auch die Eliminierung von Selenskyj sind rote Linien, die er nicht überschreiten kann, weil der Preis zu hoch wäre. Eine Atombombe auf Kiew scheidet aus, weil der Tod so vieler unschuldiger Zivilisten nicht zu rechtfertigen ist und der Einsatz von Atombomben zu Recht ganz besonders geächtet ist. Die Eliminierung Selenskyjs kann er (noch) nicht riskieren, weil dieser (noch) unter dem besonderen Schutz der Europäer, der USA und der NATO steht. Würde Putin diese roten Linien überschreiten, würden auch Russlands Partner Indien und China sich entweder abwenden, oder Indien und China so wie alle anderen Partner Russlands bekämen erstmalig zu spüren, wie verletzlich sie durch einen tatsächlichen Totalboykott des Westens sind
Theorie 2: Gäbe es einen Nachfolger, könnte dieser dem Friedensvertrag zustimmen, den Israels Ex-Premier Naftali Bennet zwei Monate nach Kriegsbeginn zusammen mit Erdogan vermittelt hatte: Unter anderem die Anerkennung der Krim als russisch, Unabhängigkeit des Donbass, keine NATO-Mitgliedschaft, Rückzug der russischen Truppen. Putin will den Krieg inzwischen jedoch nicht mehr beenden, bevor nicht die gesamte Ukraine oder zumindest die gesamte Schwarzmeerküste bis Odessa erobert ist. Putin sagte am 21. Juni 2025 beim Wirtschaftsforum in St. Petersburg, Russen und Ukrainer seien “ein einziges Volk, und in diesem Sinne gehört die ganze Ukraine uns. Wohin ein russischer Soldat seinen Fuß setzt, das gehört uns.“ Dazu benötigt er Selenskyj, der den Krieg ebenfalls vorantreibt und lieber alle Ukrainer in einen sinnlosen Tod schickt, bevor er aufgibt.
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