Meinung

Aufruf an die Geimpften

Aufruf an die Geimpften
Wann, wenn nicht jetzt, täte es sonst Not, um eine Grenze zu ziehen und zu protestieren?

Die Gesellschaft wird gespalten wie nie zuvor. Eine brutalisierte Sprache wird gesprochen, Begriffe aus dem Wörterbuch des Unmenschen schleichen sich ein. Während die Fronten zwischen Impfgegnern und der Regierung klar bezogen scheinen, gibt es noch eine Gruppe, die im Widerstand gegen kommende Repressionen eine unerwartete, aber wichtige Rolle spielen könnte: die Geimpften.

von David Boos

Nun ist es also Realität geworden. Hätte die Ampel das Tempolimit doch durchbekommen, es hätte an diesem denkwürdigen Tag Punkte in Flensburg geregnet. Das Bundesverfassungsgericht, die Ministerpräsidenten, der designierte Kanzler, die Medien – ihnen allen hätte wohl Führerscheinentzug gedroht, angesichts der Geschwindigkeit, mit der sie die „Verschwörungstheorie“ der allgemeinen Impfpflicht innerhalb eines Tages auf den Weg gebracht haben. Es ist bemerkenswert, wie viel Einigkeit urplötzlich über eine Sache herrschen kann, bei der man sich vor einiger Zeit noch über das genaue Gegenteil einig war. Wobei: So ganz stimmt das nicht. Die Grünen waren ja schon lange für eine allgemeine Impfpflicht, hier zeichnet sich also nur eine erste Erfolgsmeldung von Sandra Detzers Plan, „nicht mehr zu verhandeln, wenn die Grünen erst an die Schalthebel der Macht kommen”, ab. Und Scholz? Im September hieß es noch, „es wäre falsch, wenn jetzt eine Debatte beginnt über Impfplichten und Ähnliches”. Zukünftige Generationen werden dies wohl als Paradebeispiel für eine Wahllüge in Lexika abdrucken.

Doch war diese Kehrtwende wirklich nicht absehbar? Glaubte tatsächlich jemand, dass diesmal alles anders würde? Dass unter Scholz, dessen größte Errungenschaft im Wahlkampf es war, sich im Gegensatz zu seinen designierten Hauptkonkurrenten nicht ständig selbst ein Bein zu stellen – wobei er dabei großzügige Unterstützung von den Medien erhielt, die ihm freies Geleit boten –, nun wieder die glorreiche Zeit der Sozialdemokratie und ihrer vermeintlichen Politik für den „kleinen Mann” wieder anbrechen würde? Dass die FDP sich diesmal als irgendetwas anderes, als gnadenlos opportunistisch und rückgratlos erweisen würde? Dass die Grünen im Zaum gehalten werden könnten? Dass Versprechen gehalten würden, Sozialismus diesmal ja funktionieren könnte?

Das Versagen der Demokratie ist nirgendwo deutlicher ablesbar als an den Wahlergebnissen des vom Hochwasser verwüsteten Landkreises Ahrweiler. Eine Region, die wenige Wochen vor der Wahl einer Katastrophe zum Opfer fiel, die nachweislich von Teilen der Parteien und der von ihnen gestellten Regierungen  verursacht und verschlimmert wurde, die unter der ineffizienten und teilweise selbst unterbliebenen Hilfestellung durch die Regierenden über Tage und Wochen noch weiteres Leid erfuhr – diese Region wählte, als die Zeit zur Abrechnung kam, wieder mit überwältigender Mehrheit dasselbe Herrschaftssystem, das ihnen das Dilemma eingebrockt hatte (daran ändern auch interne Verschiebungen zwischen CDU, SPD und Grünen nichts). Die Regierenden dieses Landes haben vom sogenannten Souverän nichts zu befürchten und folglich tun sie es auch nicht.

Das bedeutet aber nicht, dass der Beschluss der Impfpflicht gegen den Willen des Volkes entstand. „Nudging” funktioniert – und zwar erschreckend gut! Der Ton im Alltag wird rauer, selbst vermeintlich zivilisierte Freunde und Kollegen greifen zu stets aggressiverer Rhetorik, wenn es gegen die Ungeimpften, die plötzlichen Verursacher allen Unheils, geht. Auch hier kommt man kaum aus dem Staunen, wenn man die Bereitschaft sieht, mit der die von der Politik und den Medien angebotenen Sündenböcke übernommen werden. Dieselbe Politikerkaste, die über Jahrzehnte zuließ, dass der Gesundheitssektor überstrapaziert wird, und der es in zwei Jahren nicht nur nicht gelang, die Kapazitäten für Intensivbetten aufzustocken, sondern sie sogar leicht zu reduzieren (Klauseln zur Geschäftemacherei inklusive), dieselben Politiker sagen nun, es wäre alles die Schuld einiger unserer Mitmenschen. Sie, die Ungeimpften, wären es, die sich nicht solidarisch zeigten, die Schuld daran sind, dass nun wohl bald wieder alle für mehrere Monate weggesperrt würden.

Und leider gibt es einen nicht geringen Anteil der Bevölkerung, der an diesem machtpolitischen Stockholm-Syndrom leidet. Der harte Kern der Impfpflichtbefürworter ist teilweise sehr ideologisch geprägt, doch viele wünschen sich wohl tatsächlich, dass die Sache einfach nur zu Ende geht, sind dabei aber nicht politisch genug in ihrem Denken, um bestimmte Prozesse entsprechend zu hinterfragen, geschweige denn sich daran zu erinnern, wie oft in den letzten eineinhalb Jahren Versprechungen innerhalb weniger Wochen in ihr Gegenteil verkehrt wurden. Dem gegenüber steht ein relativ geschlossener Block Ungeimpfter, deren Impfstatus mittlerweile schon längst nichts mehr mit einem „Mangel an Impfangeboten” zu tun hat, sondern die eine bewusste Entscheidung für sich und ihre leibliche Unversehrtheit getroffen haben. Vor allem jedoch haben die immer unverhohleneren Lügen, gebrochenen Versprechen und einseitigen Interpretationen der Lage – unter Ausblendung und Diffamierung aller legitimen Gegenargumente – durch Politik und Medien zu einem gerechtfertigten Vertrauensverlust in diese Instanzen geführt, sodass nur wenige noch an die letztendlich guten Absichten unserer Politiker glauben.

Lange war der Widerstand der Ungeimpften ein stiller Widerstand, vor allem in den deutschsprachigen Ländern. Doch der Beschluss zur Impfpflicht in Österreich brach dies auf, die großen Wiener Demonstrationen brachte Zehntausende Menschen auf die Straße und wurde – was womöglich noch wichtiger ist – begleitet von solidarischen Demonstrationen in ganz Europa. Nun da Deutschland völlig absehbar nachzieht in Sachen Impfpflicht, werden auch hierzulande die Demonstrationen zunehmen müssen, und es bleibt zu hoffen, dass wiederum ein europaweites Echo von Solidarität folgen wird. Ironischerweise sind es gerade diese – vom Mainstream dem rechten (lies: fremdenfeindlichen) Spektrum zugeordnete – Demonstrationen, in denen die tatsächlich europäische und supranationale Verbundenheit der Menschen verschiedenster Nationen spürbar wird, Menschen die, verbunden in ihrem abendländischen Geist, nicht auf Erden sind, um ein Dasein in wattierter Knechtschaft zu fristen. Doch diese Demonstrationen, so lehrt uns die Vergangenheit, sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein. In Österreich fand am 1. Dezember ein erstmaliger „Streik der Ungeimpften” statt, und viele Ungeimpfte verständigen sich bereits über die koordinierte Verweigerung der Aufforderung zur Impfung um damit den Verwaltungsapparat vor nahezu unüberwindbare administrative Probleme zu stellen. Gut so!

Doch es gibt noch eine weitere Form von Widerstand, die in dieser Zeit von immenser Wichtigkeit ist. Denn viele Skeptiker mussten sich bereits – meist aus beruflichen Gründen, die wiederum im Zusammenhang mit familiären Notwendigkeiten stehen – impfen lassen. Dies geschah, wenn nicht unter direktem Zwang, so doch meist mit entsprechendem Unwillen und sicherlich nicht aus einer naiven Hoffnung, dass diese Impfung ein Freifahrtschein zurück in die Normalität sein würde, geschweige denn eine medizinische Notwendigkeit. Persönliche Erzählungen von dieser Entscheidung sind meist begleitet von einem Gefühl von Scham, wenn nicht sogar Gebrochenheit. Manche erbitterten Kritiker der Impfung wurden nach dem Stich zu zahmen Lämmchen, zumindest was die öffentliche Kritik an der Impfung anging. Die Gefühlslage dieser unwillig Geimpften muss wohl komplex sein: Einerseits hatten Sie es womöglich gut überstanden (zumindest soweit absehbar) und empfinden es nachträglich womöglich als doch nicht so schlimm. Andererseits kann auch Defätismus eine Rolle spielen, denn nun, wo es einen selbst erwischt hat, zeigt sich einem die Sinnlosigkeit des Widerstands in seiner ganzen Tragweite. Und zu guter Letzt mag es bei dem einen oder anderen auch tief unterbewusst eine Ebene der Schadenfreude geben, die hämisch davon zehrt, dass, nachdem man dem Stich selbst nicht ausweichen konnte, es nun mit der allgemeinen Impfpflicht auch die anderen erwischen wird.

Ziemlich sicher spielt auch Erschöpfung eine Rolle: Das Dasein im Widerstand gegen die Impfung ist psychologisch kräftezehrend, und die Impfung stellt eine psychologische „Rückkehr in die Herde” dar. Als soziales Wesen kostet es den Menschen immer wieder Kraft, sich konstant außerhalb der Gemeinschaft zu positionieren, und das Untergehen in der Masse kann ein weiches Federbett für ausgemergelte Seelen sein. Gerade im konservativen Spektrum gibt es nicht wenige, die nach Jahren der Opposition gegen den Zeitgeist die Impfung als Gelegenheit nutzen, um endlich mal wieder dazu zu gehören. Dabei übersehen sie, dass die Herde selbstverständlich auch in Zukunft Bekenntnisse einfordern wird, eine Tatsache, über die sie sich selbst täuschen, indem sie sich einreden, es wäre eine rein medizinische und keine politische Entscheidung.

Doch es mag auch ein tiefes Gefühl des Sündenfalls sein, das die unwillig Geimpften quält. Wie einst Judas die 30 Silberlinge verfluchte, so mag auch der eine oder andere Geimpfte den Tag verfluchen, an dem er schwach wurde und mit seiner Schwäche dem Freiheitsentzug aller Vorschub leistete.

Was auch immer die Seelen jener Geimpften plagen mag, die sich gegen ihre Überzeugung impfen lassen mussten, sie dürfen nie vergessen, dass nicht nur Gott, sondern vor allem sie selbst die Sünde hassen sollen, nicht den Sünder. Ohnehin gibt es unter den Ungeimpften nur wenige, die Geimpften gegenüber vorwurfsvoll auftreten, meist respektieren sie deren persönliche Entscheidung bzw. bedauern die Zwangslage, in der diese Entscheidung getroffen werden musste. Wer also die Schlacht um die erste Injektion verloren hat, muss deshalb noch lange nicht zum Gegner überlaufen oder die Flinte ins Korn werfen. Denn genau darauf basiert die psychologische Kriegsführung der Impfpropagandisten: Ein Stich genügt, um den Widerstand zu brechen.

Das aber muss nicht wahr sein! Wie wichtig wäre es gerade jetzt, wenn Geimpfte – ob nun freiwillig oder unter Zwang geimpft – deutlich Stellung gegen die Impfpflicht und für die Freiheit beziehen würden. Ja, der harte Kern der Impffanatiker mag die Speerspitze der Propaganda sein, doch letztlich stützt sich das System auf die vermeintliche Mehrheitsmeinung der Geimpften, die – so die unverifizierte Annahme – Maßnahmen gegen die Impfverweigerer eigentlich durchwegs unterstützen müssten. Eigentlich sollte es lauten: Geimpfte und Ungeimpfte Hand in Hand (wer will, darf sogar eine Maske tragen) gegen die Bürokraten der Gesundheitsdiktatur!

Darum, Geimpfte: Erhebt eure Stimmen, denn sie tragen noch nicht den öffentlichen Makel des Querdenkers und Verschwörungstheoretikers. Wenn im Büro, an der Universität, im öffentlichen wie im privaten Raum, auf sozialen Netzwerken, usw. das Thema zur Sprache kommt: Schweigt nicht und hakt es als für euch erledigt ab! Nutzt die unerwartete Kraft eurer geimpften Stimme, um euren Widerspruch zur Impfdiktatur hörbar zu machen, denn wenn es eine Sache gibt, mit der die treibenden Kräfte dieses gesellschaftlichen Umbaus nicht rechnen, dann damit, dass sich jemand aus der Bequemlichkeit der samtenen Unterwerfung noch einmal aufrafft und ins Kreuzfeuer der Kritik stellt. Wer sich freiwillig impfen ließ, sollte auch in Zukunft diese mündige Entscheidung treffen dürfen, und wer dazu gezwungen wurde, sollte diesen Zwang nicht noch einmal erleben müssen. Gegen eine Impfpflicht, die in dieser Form nur den Startschuss für weitere Verschiebungen der Grenzen darstellt, die uns wie so vieles in den letzten zwei Jahren als vermeintliches Ende der Maßnahmen vorgesetzt wird, nur um uns doch wieder zu enttäuschen. Gegen eine Impfpflicht, weil hier der Punkt erreicht ist, an dem nun endgültig die Frage beantwortet wird, ob wir noch in einer freien Gesellschaft leben, leben wollen und leben werden, oder ob wir jederzeit bereit sind, uns auf niedrigsten Untertanenstatus reduzieren zu lassen.

Liebe Geimpfte: Ihr mögt die Impfung nicht gefürchtet haben und womöglich deren politische Dimension unterschätzt haben, doch was tun, wenn euch die Maßnahmen des kommenden Frühjahrs, Herbstes, Jahres dann betreffen werden? Und was, wenn euch eure heutige Zustimmung oder Untätigkeit dann zum Verhängnis wird? Glaubt ihr wirklich, dass diejenigen, die euch seit anderthalb Jahren wegsperren, schikanieren und nachweislich belügen, diesmal Wort halten werden? Warum gilt eure Solidarität einem Staat, der viel verspricht und kaum was hält, anstatt euren Familien, Freunden, Kollegen, Landsleuten? Kaum sind die „Maßnahmen” gegen die Ungeimpften beschlossen, dämmern schon die nächsten Einschränkungen für die Geimpften am Horizont. Niemand wird sich „freiimpfen”, dieser Terror kann nur durch Widerstand enden! Denkt darum an die so häufig zitierten und wenig beherzten Worte Martin Niemöllers, der da sagte:

„Als die Nazis die Kommunisten holten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Kommunist. Als sie die Sozialdemokraten einsperrten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Sozialdemokrat. Als sie die Gewerkschafter holten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Gewerkschafter. Als sie mich holten, gab es keinen mehr, der protestieren konnte.“

Wann, wenn nicht jetzt, täte es sonst Not, um eine Grenze zu ziehen und zu protestieren? Nicht weil es einen momentan selbst betrifft, sondern weil es die einzig richtige Entscheidung ist. Für euch, für eure Kinder, für uns alle!

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