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Das Debanking-System

Das Debanking-System
Durch „Debanking“ werden Regierungskritiker gelähmt.

Innerhalb der vergangenen Jahre hat sich die Methode „Debanking“ zum schärfsten Schwert im „Kampf gegen rechts“ entwickelt: Fast unbemerkt und ohne offensichtlichen staatlichen Eingriff werden Regierungskritiker gelähmt.

von Boris Cherny

Querdenken-Gründer Michael Ballweg wurde unter fadenscheinigen Vorwänden vor Gericht gestellt und in Untersuchungshaft gesteckt, der Gründer der Identitären Bewegung, Martin Sellner, mit einem Einreiseverbot nach Deutschland belegt. Der AfD drohen Parteiverbot und Wahlausschluss. Die Verfolgung oppositionelle Politiker und Aktivisten mit einer solchen Brachialität ist ein Novum.

Alle erwähnten Akteure verbindet dabei auch noch eine Sache: Sie sind Opfer von „Debanking“ geworden – dem eigentlich schärfsten Schwert des „Kampfs gegen rechts“, das in der Öffentlichkeit jedoch kaum Beachtung findet. „Debanking“ bezeichnet dabei die Kündigung von Bankkonten, teils in systematischer Weise – in den vergangenen Jahren ist das bereits für viele Aktivisten und rechte Journalisten zum Alltag geworden. Konten werden ohne Angabe von Gründen gekündigt – in vielen Fällen pilgern die Betroffenen dann von Bank zu Bank. Egal ob Privatkonto, Spendenkonto oder Geschäftskonto – Betroffene werden oftmals vollständig vom modernen Bankgeschäft ausgeschlossen.

Anders als bei anderen Maßnahmen ist das „Debanking“ dezent, aber äußerst wirksam: Man wird nicht verhaftet und eingesperrt, man wird nicht öffentlichkeitswirksam an der Grenze an der Einreise behindert – stattdessen wird einem völlig legal das Konto gekündigt. Dennoch ist man fast vollständig vom Geldverkehr ausgeschlossen – ein Unternehmen zu führen ist praktisch unmöglich; Gehälter oder Honorare zu erhalten, wird zur Herausforderung; das Privatleben leidet ebenfalls. Kurzum: Unter solchen Bedingungen wird der Aufbau von komplexeren Strukturen praktisch vollständig unterbunden.

94 Kontokündigungen: Der unglaubliche Fall Martin Sellner

Der wohl prominenteste Fall ist dabei Martin Sellner – immer wieder veröffentlicht er Briefe von Banken, in denen seine Konten gekündigt werden. Nach seinen Angaben sollen ihm seit 2017 insgesamt 94 Konten und Zahlungsdienstleister gekündigt oder grundlos ein Konto verweigert haben. Die Redaktion fragte bei mehr als einem halben Dutzend Banken an, die nach seinen Angaben dem IB-Aktivisten ein Konto gekündigt haben sollen – keine der Banken, darunter etwa die Deutsche Postbank oder Neobanken wie N26 und Trade Republic, dementierte die Kündigungen.

Gegenüber der Redaktion berichtet Sellner von den massiven Beeinträchtigungen durch die Kontokündigungen: „Die finanziellen Folgen der Kontosperrungen lassen sich kaum beziffern. Regelmäßige Unterstützer fallen weg, weil Daueraufträge nicht mehr funktionieren.“ Zahlreiche Überweisungen würden zurückgebucht. Der IB-Aktivist führt aus: „Jede Sperre bedeutet einen organisatorischen Albtraum: Miete, Versicherungen, Telefon – alles muss umgebucht werden. Die Buchhaltung eines ‚Debankten‘ ist ein einziges Chaos.“

Noch schwerer würde die Unsicherheit wiegen: „Wenn einem plötzlich das Konto entzogen wird, verliert man von einer Sekunde auf die andere sein wirtschaftliches Fundament. Unter solchen Bedingungen ist es praktisch unmöglich, eine Firma aufzubauen, Mitarbeiter einzustellen oder langfristige Projekte zu planen.“

Das „Debanking“ greift in nahezu jeden Lebensbereich eines Betroffenen ein. „Kredite sind natürlich ausgeschlossen, wenn man nicht einmal ein Konto bekommt. So bleiben zentrale Lebensaspekte, die für andere selbstverständlich sind, für mich unerreichbar“, erläutert Sellner.

Auch Journalisten aus den neuen Medien werden zur Zielscheibe

Nicht nur Aktivisten, selbst zahlreiche Journalisten der neuen Medien kommen ins Visier der Banken. Vor allem während der Corona-Krise nahm das zu: Boris Reitschuster begleitete die Proteste gegen die Corona-Maßnahmen, äußerte immer wieder selbst Kritik am Vorgehen der Regierung. Insgesamt viermal wurden dafür seine Bankkonten gesperrt – jeweils ohne Angabe von Gründen.

Mittlerweile werden immer mehr Medien und Journalisten zum Ziel solcher Kontokündigungen: Sei es das Online-Radio Kontrafunk, das Magazin Compact oder das österreichische Online-Portal Freilich. Kürzlich wurde die freie Journalistin Aya Velázquez, die etwa hinter der Veröffentlichung der ungeschwärzten RKI-Protokolle steht, ebenfalls Opfer von „Debanking“.

Auf X veröffentlichte sie das Schreiben der GLS Bank. Wie in vielen Fällen davor kündigte die Bank nach „Ziffer 19 Absatz 1“ der Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Geschäftsbeziehungen – ohne Angabe von Gründen. Zuvor hatte Velázquez, die öffentlich unter einem Pseudonym auftritt, ihren geschäftlichen Alias bei der Bank angegeben – davor war der Bank nur ihr echter Name bekannt. Auf Anfrage wollte sich die GLS Bank unter Berufung auf das Bankgeheimnis zu dem Bericht nicht äußern. Seine E-Mail an uns schloss der Sprecher der Bank mit „mit antifaschistischen Grüßen“.

Die Bank spielt immer wieder eine Rolle im System „Debanking“ – aufgrund ihrer Verbindungen zur esoterischen anthroposophischen Bewegung galt sie bei vielen Kritikern der Corona-Maßnahmen als sicherer Hafen. Die Bank möchte eigentlich eine liberale Kundenpolitik führen – noch am Anfang des Jahres rief man als Ziel die Stärkung der Pressefreiheit aus. Immer wieder kommt es dann doch zu prominenten Fällen von Kontokündigungen – etwa bei den prominenten Corona-Maßnahmen-Kritikern Stefan Homburg und Markus Haintz.

Beim neuesten Fall in der Serie handelt es sich um die Kontokündigung beim Journalisten Flavio von Witzleben. Die Sparkasse Karlsruhe hat ihm Ende Oktober zwei Konten, die er als Geschäftskonto nutzte, zum Januar 2026 gekündigt. Die Bank schreibt von „gravierenden Gründen“, die die Kündigung begründet hätten, möchte diese Gründe aber nicht nennen. Von Witzleben, der ebenso als Teil der neuen Medien betrachtet werden kann, klagt nun gegen die Kündigung.

Auch die AfD ist als größte Oppositionspartei Opfer von „Debanking“

Insgesamt sind vor allem viele Aktivisten aus der Szene der Corona-Maßnahmenkritiker zum Opfer von Kontokündigungen geworden: Querdenken-Gründer Michael Ballweg wurde noch im Mai 2022 ein Spendenkonto durch die Volksbank am Württemberg gekündigt – kurze Zeit später wurde der Aktivist aufgrund von Vorwürfen von Betrug und Steuerhinterziehung verhaftet. Mittlerweile haben sich die Vorwürfe als vollständig falsch herausgestellt.

Zuvor war Ballweg in die Ermittlungsmaschinerie gelandet: Bereits im Frühjahr beziehungsweise Winter 2021 meldeten zwei Banken Ballwegs den Verdacht auf Geldwäsche an die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FIU). Zahlreiche sensible Daten landeten daraufhin bei Landeskriminalamt und Staatsanwaltschaft – jeweils mit dem Hinweis „staatsschutzrelevant“, wie Gerichtsdokumente, zeigen. Im Dokument des LKA in der Sache wird an einer Stelle darauf hingewiesen: „“Zu Ihrer Information teile ich Ihnen mit, dass der Analysebericht gem. § 32 Abs. 2 Satz 3 GwG an das Bundesamt für Verfassungsschutz übermittelt wurde.“

Auch andere Aktivisten, etwa der Rechtsanwalt Markus Haintz oder der Professor Stefan Homburg, sind ins Visier geraten.

Ebenso wird die AfD zunehmend zum Opfer von „Debanking“ – das betrifft dabei sowohl prominente Politiker, etwa Björn Höcke (Kontokündigung 2020), oder den Co-Bundessprecher Tino Chrupalla (Kontokündigung 2023), als auch Parteistrukturen. Mitten im Wahlkampf zur Bundestagswahl wurden mehreren Kreisverbänden, dem nordrhein-westfälischen Landesverband und sogar der Bundespartei Geschäftskonten in NRW gekündigt. Auch das erfolgte ohne Angabe von Gründen.

Meistens halten sich Banken bezüglich solcher Kontokündigungen bedeckt – nur manchmal lässt sich eindeutig die politische Motivation herauslesen: So etwa auch im Fall der Berliner Volksbank, die dem dortigen AfD-Landesverband im vergangenen Jahr ein Spendenkonto kündigte. Zuvor hatten die „Omas gegen rechts“ eine Online-Petition gegen das Konto mit (nach deren Angaben) über 33.000 Unterschriften gestartet – man organisierte gar ein Treffen der Aktivisten mit dem Chef der Bank, bei dem man ihm die Unterschriften übergab. Kurz darauf kündigte die Volksbank das Konto der AfD.

Der Staat als Treiber von „Debanking“

Manchmal sind es also staatlich finanzierte NGOs, die Bankkonten von Oppositionsaktivisten zur Sperrung bringen. In manchen Fällen ist auch der Staat direkt beteiligt. In Deutschland dürfen der Zoll, aber auch Verfassungsschutzbehörden sogenannte Finanzabfragen zu Personen an Banken stellen – sie dürfen ohne das Wissen der Person also sensible Informationen, etwa Kontoauszüge, einsehen. Beim Verfassungsschutz wird das freilich auch politisch eingesetzt.

Auf Anfrage wollte sich der Verfassungsschutz Baden-Württemberg nicht zu der Zahl der jährlich gestellten Finanzabfragen äußern. Auch das Bundesamt für Verfassungsschutz wollte keine Auskünfte zu dem Thema erteilen. Eine Sprecherin meint lediglich: „Das BfV sammelt im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags gem. § 3 Abs. 1 BVerfSchG Informationen und wertet diese aus.“ Damit bestätigt die Behörde immerhin, dass man das Instrument der Finanzabfragen nutzt.

Nur durch das vorzeitige Ende der Ampel-Regierung konnten noch tiefer greifende Berechtigungen für den Verfassungsschutz verhindert werden: Die damalige Bundesinnenministerin Nancy Faeser hatte im Februar 2024 angekündigt, eine Gesetzesänderung durchbringen zu wollen, um die Geldflüsse vermeintlicher Rechtsextremisten und ihrer Spender (!) zu kontrollieren. Künftig solle das Bundesamt für Verfassungsschutz mehr Möglichkeiten zur Überwachung von Bankkonten erhalten – selbst eigenhändig sollte das Amt die Möglichkeit erhalten, Konten stillzulegen. Öffentlich gab Faeser zu: Bereits jetzt würde das BfV „im Austausch mit Banken stehen, um diese für Transaktionen und Akteure zu sensibilisieren.“

Es ist also ein scheinbar undurchsichtiger Dschungel entstanden – der Staat greift aktiv in das Bankenwesen ein, um bestimmte politische Kräfte in ihren Möglichkeiten zu beschneiden. Gleichzeitig wird wohl das Regime der Controlling-Abteilungen in großen Banken immer rigoroser. Kontroverse Figuren wie Martin Sellner oder Michael Ballweg werden nicht mehr geduldet.

Solche Auswüchse sind für eine liberale Demokratie ein Alarmsignal – im modernen Leben ist ein Bankkonto für jedwede Art von Organisation unerlässlich. Dass Staat und Banken nahezu im Einklang gegen „Geldflüsse“ einer oppositionellen rechten Bewegung vorgehen, erscheint deshalb äußerst bedenklich.

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