Windige Anbieter im Internet versprechen den deutschen Pass ohne großen Aufwand. Den Behörden ist die Masche zwar bekannt, sie schauen dem Treiben aber nur tatenlos zu. Das Problem ist hausgemacht – und wurde billigend in Kauf genommen.
von Kai Rebmann
Eine Betrugsmasche mit gefälschten Sprach-Zertifikaten, die für die Einbürgerung oder Erteilung einer Niederlassungserlaubnis benötigt werden, rauschte in diesen Tagen durch den deutschen Blätterwald. Dabei ist es ein Skandal mit Ansage, der die fast schon logische Folge eines jahrelangen Versagens in der Migrationspolitik ist, getreu dem Motto „Gelegenheit macht Diebe“.
Für bis zu 2.700 Euro, teils aber auch schon deutlich weniger, werden die täuschend echt und im Stile verifizierter Herausgeber wie telc oder anerkannter Volkshochschulen gehaltenen Dokumente über das Internet angeboten. Und sie finden einem Bericht von RTL und Stern zufolge auch reißenden Absatz. Die Chance damit durchzukommen ist tatsächlich erschreckend hoch, denn die Ausländerbehörden in Deutschland sind in den meisten Fällen hoffnungslos überlastet. Eine Überprüfung vorgelegter Dokumente, wie etwa Sprach-Zertifikaten oder Einbürgerungstests, findet, wenn überhaupt, nur stichprobenartig statt.
Dabei handelt es sich um ein hausgemachtes Problem. Spätestens mit der noch von der Ampel auf den Weg gebrachten Turbo-Einbürgerung ist der deutsche Pass so schnell – und offenbar auch so leicht – zu bekommen wie in kaum einem anderen Land der Europäischen Union. Laut einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) streben 98 Prozent aller Flüchtlinge, die zu uns kommen, eine Einbürgerung an – was im klaren Widerspruch zum Grundgedanken des Asylrechts steht, wonach es sich dabei immer nur um temporäres Bleiberecht handeln kann.
Ampel-Politik schuf Markt mit praktisch unbegrenzter Nachfrage
Problem in vielen Fällen: Vor den deutschen Pass hat der Gesetzgeber die jeweils erfolgreiche Teilnahme an Sprach- und Integrationskursen gestellt. Zudem müssen Antragsteller unter anderem nachweisen, dass sie ihren Lebensunterhalt in Deutschland selbst bestreiten können. Zumindest für die beiden erstgenannten Hürden bietet das Internet die scheinbar bequeme Lösung – Sprach- und Einbürgerungstests per Mausklick und gegen Bezahlen, „ganz ohne Schule und Prüfung“, wie die windigen Anbieter versprechen.
Der Markt ist also riesig, wenn praktisch jeder Flüchtling ein dauerhaftes Bleiben in Deutschland anstrebt. Und die Migrations- und Einbürgerungspolitik der offenen Scheunentore unter Verantwortung der Ampel hat ihr Ziel offenbar nicht verfehlt: Im Zeitraum von 2021, als noch 2,1 Prozent der Migranten eingebürgert wurden, hat sich diese Quote innerhalb von nur zwei Jahren bis 2023 auf 7,5 Prozent mehr als verdreifacht. Die Quote der entsprechenden Anträge ist im selben Zeitraum ebenfalls sprunghaft auf zuletzt 25,7 Prozent angestiegen.
Kein Wunder also, dass der künstlich verursachte Tsunami von Einbürgerungswilligen auf chronisch unterbesetzte Ausländerbehörden in den Rathäusern bzw. Landratsämtern trifft. Wartezeiten von mehreren Jahren sind keine Seltenheit, zudem dürfen Sprachtests bei Nichtbestehen nur einmal wiederholt werden. Der „erste Schuss“ sollte also sitzen, was den zwar illegalen, aber schnellen Weg über ein gefälschtes Dokument aus dem Internet sowohl für Käufer als auch Verkäufer so attraktiv erscheinen lässt – hier die vermeintlich sichere Einbürgerung, dort das leicht verdiente Geld!
Boris Reitschuster hat schon im März aufgezeigt, wie in Deutschland im Zusammenhang mit dem Asylrecht über Jahre hinweg ein äußerst fruchtbarer Nährboden geschaffen wurde für florierende Korruption geschaffen wurde. In den aktuellen Fällen sind es zwar, anders als damals in München, keine käuflichen Beamten, aber es ist dasselbe marode System, das einen Betrug ermöglicht, dessen ganzes Ausmaß mitsamt der daraus resultierenden Folgen noch gar nicht abzusehen ist.
Geschäft mit gefälschten Zertifikaten wird zum Fass ohne Boden
Alleine in der bayrischen Landeshauptstadt wurden einem „Merkur“-Bericht zufolge schon mehr als 70 Fälle zur Anzeige gebracht, in denen Einbürgerungen auf Grundlage gefälschter Dokumente erteilt wurden. Der WDR berichtet in diesem Zusammenhang von einer Anklage gegen drei Männer in Bonn, die allein in NRW mehr als 500 gefälschte Sprachzertifikate an den Mann gebracht und damit den großen Reibach gemacht haben sollen. Ein ähnlicher Fall beschäftigt auch die Justiz in Husum (Schleswig-Holstein), in dem ein Angeklagter mit eben dieser Betrugsmasche bundesweit aktiv gewesen sein sollen.
Es dürfte also nur die winzige Spitze eines gigantischen Eisbergs sein, die durch die Recherchen jetzt zum Vorschein gekommen ist. Wie hilflos der Staat dem Treiben am Ende des Tages nur zusehen kann, zeigt eine andere Zahl: gerade einmal 270 Einbürgerungen, die nachweislich auf der Grundlage gefälschter Zertifikate erteilt wurden, sind laut entsprechender Daten des Bundesverwaltungsamts im laufenden Jahr wieder einkassiert worden – nicht mehr als der berühmte Tropfen auf den heißen Stein!
Dabei wäre es in vielen Fällen relativ einfach, frisierte Anträge zu entlarven, zumindest in der Theorie. Bei vielen zertifizierten Anbieter wie etwa dem g.a.st. eV oder der telc GmbH sind die Ergebnisse von ab Oktober 2021 abgenommenen Prüfungen in einer Online-Datenbank hinterlegt.
Die Sachbearbeiter auf den Ausländerbehörden können die Namen von Antragstellern also vom eigenen Büro aus und mit nur wenigen Mausklicks überprüfen – was in der Praxis aber schon am Personalmangel hakt und in teils absurde „Lösungen“ mündet. So werden etwa in Berlin schon Einbürgerungen erteilt, ohne dass die Antragsteller auch nur einmal auf ihrer jeweils zuständigen Behörde vorstellig werden müssen. Alles läuft rein digital ab, alles wirkt wie die Soll-Erfüllung selbstgesteckter Ziele. Ein eventuell gefälschtes Zertifikat, das tatsächlich nicht vorhandene Sprachkenntnisse bescheinigt, kann bei diesem Verfahren also überhaupt niemandem auffallen – viel leichter kann man es Betrügern also gar nicht mehr machen!
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