Deutschland

Weltweiter Mangel an Getreide – und Deutschland legt wertvolle Ackerflächen still

Weltweiter Mangel an Getreide – und Deutschland legt wertvolle Ackerflächen still
Cem Özdemir: Landwirtschaftsverbände werfen dem Minister (Bündnis 90/Die Grünen) Pflichtverletzung vor

In Deutschland sollen Landwirte ab 2023 mindestens vier Prozent der Anbauflächen einfach brach liegen lassen und nichts mehr einsäen. Das ist angesichts der bevorstehenden und vorhersehbaren Hungerkrise ein nicht erklärbarer Wahnsinn.

von Alexander Schwarz

Nicht nur, aber zu einem großen Teil wegen des Ukraine-Krieges herrscht derzeit eine alarmierende weltweite Getreideknappheit. Viele Regionen der Erde, besonders aber Afrika, sind davon akut bedroht. Deutschland könnte hier ausnahmsweise einmal tatsächlich und vergleichsweise problemlos einen erheblichen Beitrag leisten, um den humanitären Folgen dieser Krise abzuhelfen; doch wie fast immer und überall, verhindert auch hier wieder die monströse Inkompetenz der Ampel-Regierung einen Hilfsbeitrag und etwaige Besserungen.

„Kein Verständnis“ der Landwirte

Im Rahmen ihrer „Agrarreform 2023“ hat die EU-Kommission eigenmächtig-zentralistisch dekretiert, dass vier Prozent der europäischen Ackerflächen ab 2023 aus „Umweltschutzgründen” brachzuliegen haben. Obwohl diese absurde Regelung angesichts der derzeitigen Entwicklungen in der Ukraine von derselben EU temporär außer Kraft gesetzt wurde und den Mitgliedsstaaten somit ausdrücklich die Bebauung der Ackerflächen erlaubt ist, und überdies sogar die ansonsten duschregulierten Fruchtwechsel durch Ausnahmeregeln frei bestimmbar sind, schafft es Deutschland nicht, daraus pragmatisches Handeln abzuleiten und die Flächenbrachlage zu beenden.

So konnten sich die Landwirtschaftsminister von Bund und Ländern letzte Woche bei einem digitalen Sondergipfel nicht auf die Aussetzung der Flächenstilllegungen einigen. Der Präsident des Deutschen Bauernverbands, Joachim Rukwied, zeigte sich empört:

„Keinerlei Verständnis haben wir deutschen Bauern dafür, dass die überfällige Entscheidung zur Aussetzung der Stilllegung nicht erfolgt ist. Das bedeutet: keine Lebensmittelerzeugung auf mindestens 200.000 Hektar. Wir bedauern, dass das Angebot der Landwirte nicht angenommen worden ist und vor allem den Umstand, dass damit die angespannte Versorgungslage weiter wissentlich verschärft wird.“

Auch die ostdeutschen Landwirtschaftsverbände werfen dem grünen Landwirtschaftsminister Cem Özdemir vor, die landwirtschaftlichen Betriebe in Verruf zu bringen, anstatt seiner Pflicht nachzukommen, deren Nachhaltigkeit zu erhöhen. „Wir kritisieren deutlich, dass das zuständige Ministerium in Zukunft die Anbauflächen für Tierfutter oder die Agrarkraftstoffproduktion einschränken will“, erklärten die Landwirte in einer gemeinsamen Stellungnahme, worin sie auch feststellten, dass die deutsche Politik sich bereits viel zu lange in einer Hängepartie rund um die Aufstellung, Einreichung und Genehmigung des nationalen Strategieplans durch Brüssel befinde. Bei den Betrieben sorge Özdemirs Ministerium für deutliches Unverständnis bezüglich der Umsetzung der gemeinsamen europäischen Agrarpolitik ab dem Antragsjahr 2023.

Statt sich einfach darauf zu einigen, die Flächenstilllegungen zu stoppen und die Bauern ihre Felder bestellen zu lassen, ziehen es Özdemir und seine Länderkollegen vor, die Landwirte in der Luft hängen zu lassen. Dabei bräuchten diese jedoch unbedingte Planungssicherheit, um mit der Aussaat endlich beginnen zu können. Zumindest beim Fruchtwechsel hat, zu Rukwies Erleichterung, das Bundeslandwirtschaftsministerium nun eine „Flexibilisierung” wenigstens angekündigt. Zudem seien bei einer Aufhebung der Stilllegungspflicht Flächen wie mehrjährige Blühstreifen, Gewässerrandstreifen und Landschaftselemente nicht betroffen, die auf jeden Fall erhalten bleiben würden.

Özdemir ist am Zug, die skandalöse Situation zu beenden

Dies ändert jedoch nichts daran, dass deutsche Landwirte weiterhin völlig sinnloser und schikanös daran gehindert werden, irgendetwas gegen die Getreidekrise zu unternehmen – obwohl dies problemlos möglich wäre. Die linksgrünen Agrarpolitiker fürchten viel zu sehr, dass die enge Dauerregulierung nachlassen könnte und zudem irgendwelche Umweltbestimmungen verletzten würden, statt dass sie die Landwirte ihr professionelles Tagewerk tun lassen. Dass jedoch willkürliche definierte wertvolle Agrarflächen von der Bewirtschaftung behördlicherseits ausgenommen werden, während weltweit Getreidemangel herrscht, ist an Perversion kaum zu überbieten. Die niedersächsische Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Künast (CDU) brachte den Skandal auf den Punkt, als sie die Frage aufwarf:

„Wie sollen wir hungernden Menschen erklären, dass wir vier Prozent der Ackerfläche ab 2023 nicht bestellen?“

Auch die Generaldirektion Landwirtschaft und ländliche Entwicklung der EU hatte erklärt: „Jede Tonne Getreide, die in der EU produziert wird, hilft, um die Ernährungssicherheit auf der Welt zu verbessern.“ Mit den von der EU-Kommission am 22. Juli vorgeschlagenen Ausnahmen könnten rund 1,5 Millionen Hektar Zusatzfläche bewirtschaftet werden. Gemeinsam mit acht weiteren Bundesländern forderte Niedersachsen den Bund auf, die Vorschläge der EU-Kommission „eins zu eins” umzusetzen. Bei einem Verzicht auf die Stilllegung könnten in Niedersachsen rund 70.000 Hektar weiterhin landwirtschaftlich genutzt werden. Bei sechs Tonnen Ertrag pro Hektar entspreche dies einem Getreideertrag von bis zu 420.000 Tonnen. Es bleibt abzuwarten, ob der studierte Sozialpädagoge an der Spitze des Bundeslandwirtschaftsministeriums sich von solchen Argumenten zur Vernunft bringen lässt.

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