Mehrere Hundert Bundeswehr-Soldaten des Wachbataillons vagabundieren gerade durch Berlin und trainieren im Stadtzentrum den Endkampf um die Hauptstadt.
von Dirk Schmitz
Das Wachbataillon führt von heute bis Mittwoch die Bundeswehr-Übung „Bollwerk Bärlin III“ in der Hauptstadt durch. Das ist kein Scherz, weder das Manöver noch sein Name. “Scharfschützen am U-Bahnhof: Bundeswehr bringt den Krieg nach Berlin”, titelt die “Berliner Zeitung”. Es werde der „Orts- und Häuserkampf sowie der Objektschutz verteidigungswichtiger Infrastruktur im urbanen Raum“ geübt. Das Jüngelchen oben rechts im Beitragsbild ist Oberstleutnant Maik Teichgräber. Er wäre heute „Stadtkommandant“ von Berlin und verfügt über 750 „Dienstposten“. Seine Aufgabe in diesen Tagen, laut Manöverbeschreibung:
„Der Hauptstadtauftrag des Wachbataillons beim Bundesministerium der Verteidigung ist dabei ein Alleinstellungsmerkmal, denn der infanteristische Kampf in einer Großstadt wie Berlin ist mit besonderen Herausforderungen verbunden: Enge Straßen und hohe Gebäude sorgen für schlechte Sicht- und Funkverbindungen. Eine besondere Herausforderung ist der Kampf im Untergrund einer U-Bahn-Station … 01:15 – 04:00 Uhr: Freikämpfen von Verkehrswegen, Evakuierung eigener Kräfte, Festsetzen von Saboteuren, Kampf bei eingeschränkter Sicht…“.
Die letzte Schlacht um Berlin liegt genau 80 Jahre und sieben Monate zurück. Sie dauerte vom 16. April bis zum 2. Mai 1945 und hatte die Eroberung der Reichshauptstadt durch die Rote Armee der Sowjetunion zur Folge. Die Kämpfe forderten Schätzungen zufolge über 170.000 gefallene und 500.000 verwundete Soldaten sowie den Tod mehrerer zehntausend Zivilisten; weitere Folge war die weitgehende Zerstörung der durch Raketenbeschuss und Luftangriffe noch nicht zerstörten Teile der Stadt durch einen der blutigsten „Häuserkämpfe“ der Geschichte.
Letzter Showdown
Der erfahrene General und Ritterkreuzträger Helmuth Otto Ludwig Weidling war damals Stadtkommandant von Berlin; er sollte eigentlich kurz vor seiner Ernennung noch erschossen werden und starb später in russischer Kriegsgefangenschaft. Beteiligt auf russischer Seite waren 2,5 Millionen Soldaten, 6.250 Panzer und 7.500 Flugzeuge; auf deutscher Seite waren es in diesem letzten Showdown des Dritten Reichs immerhin noch 1 Million Soldaten, 1.500 Panzer und 3.300 Flugzeuge (siehe hier).
Welche Wahnsinnigen üben bitte heute den Häuserkampf in Berlin? Ganz abgesehen von der Sinnlosigkeit solcher Aktionen in Zeiten von Drohnen, Lenkwaffen und Präzisionsraketen (vom nuklearen Overkill ganz zu schweigen), weiß jeder Militär: Wenn der Feind erst einmal vor der Hauptstadt steht, war es das. Es war auch damals nicht die Aussicht auf auch nur die geringste reale Chance einer erfolgreichen Abwehr “des Russen”, sondern Hitlers fanatischer Wahnsinn, der die Deutschen bis zum letzten Mann in aussichtsloser Sache kämpfen und verrecken ließ. An diese Taktik anzuknüpfen, um die heute wiederbeschworene Russen-Phobie möglichst martialisch zu unterstreichen, ist nicht minder wahnsinnig – weshalb man den Soldaten, die hier in U-Bahnen und “freizukämpfenden Verkehrswegen” den Nahkampf proben, leider zurufen muss: Ihr und Eure Befehlshaber seid gefährliche Irre! Wenn das zum Ernstfall würde, was ihr hier übt, werden die Überlebenden durch Todesurteil enden – ob vom Sieger oder der Nachfolgeregierung verhängt, bleibt offen. Wollen wir wirklich noch einmal dahin? Ich empfehle jedem, sich Oliver Hirschbiegels Film „Der Untergang“ nochmals anzusehen (siehe vor allem hier und hier).
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