Wir dokumentieren hier eine Rede von Viktor Orbán, die aufhorchen lässt: „Ich habe jene Anzeichen zusammengetragen, die sich vor den vergangenen Weltkriegen schon einmal ereignet hatten. Denn Weltkriege brechen selten unerwartet aus, es gibt Vorzeichen, Prozesse, die zum Krieg führen“.
von Krisztina Koenen
Zum 34. Mal hat im siebenbürgischen Bálványos die ungarische Sommeruniversität stattgefunden. Im Laufe der mehrtägigen ungarischen Kulturveranstaltung hält der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán traditionell eine Rede, in der er sich vor allem außen- und weltpolitischen Themen widmet.
Wir veröffentlichen hier jene Teile der am 27. Juli gehaltenen Rede, die sich mit dem Krieg in der Ukraine sowie der Lage und der Zukunft der Europäischen Union beschäftigen, hier die Auszüge aus Orbáns Rede:
Gehen wir auf einen Weltkrieg zu? Diese Frage kann nicht mit Sicherheit beantwortet werden. Mit dem Amtsantritt von Präsident Trump ist dessen Wahrscheinlichkeit zwar gesunken, aber sie besteht weiterhin. Ich beobachte in der internationalen Politik, dass die ganze Welt die kalten Vorboten des Krieges spürt. Ich möchte Ihnen eine europäische Studie vorstellen. Die darin gestellte Frage lautete: Wird es innerhalb der nächsten fünf bis zehn Jahre zum Dritten Weltkrieg kommen? Franzosen: Ja – 55 Prozent, Spanier: Ja – 50 Prozent, Italiener: Ja – 46 Prozent, Amerikaner: Ja – 45 Prozent, Briten: Ja – 41 Prozent, Deutsche: Ja – 41 Prozent. Zugleich erscheinen viele von Studien, Bücher und Analysen zum Thema Dritter Weltkrieg. Auf die Vorboten des Sturms folgt nicht immer ein Sturm. Aber es gibt bedrohliche Anzeichen.
Ich habe jene zusammengetragen, die sich vor den vergangenen Weltkriegen schon einmal ereignet hatten. Denn Weltkriege brechen selten unerwartet aus, es gibt Vorzeichen, Prozesse, die zum Krieg führen. Ich habe folgende Vorzeichen gefunden: Vor Weltkriegen verschärft sich immer die Rivalität zwischen den Großmächten. (…) Heute gibt es drei ernstzunehmende militärische Großmächte, sie sind Mitglieder des UN-Sicherheitsrats: Russland, China und Amerika.
Ein weiteres Zeichen ist, dass vor jedem Weltkrieg die Zahl der bewaffneten Konflikte steigt. 1990 gab es weltweit 111 bewaffnete Konflikte, 2024 waren es 184. Seit 2010 hat sich die Zahl der Konflikte, die bewaffnet ausgetragen wurden, und in die auch Staaten direkt involviert waren, verdoppelt. Vor jedem großen Krieg verschärft sich das Wettrüsten. Ich habe mir die Zahlen angesehen. Zwischen 1990 und 2025 werden die Militärausgaben um das Eineinhalbfache gestiegen sein, der Umsatz der hundert größten Rüstungsunternehmen der Welt ist auf das Anderthalbfache gestiegen. Hinzu kommt, dass ein Großteil der Rüstungsausgaben über Kredite finanziert wird, das heißt, die Waffen müssen sich als Investitionen amortisieren. Bei einer Waffe ist der Krieg selbst die Rendite.
„Die Wahrscheinlichkeit eines Weltkrieges wächst stetig“
Ein Vorbote großer Kriege ist die Blockbildung in der Weltwirtschaft, zumindest war dies in den ersten beiden Weltkriegen so, als große geopolitische Blöcke ihre Märkte voneinander abschotteten. Ich habe nachgesehen: Innerhalb von zehn Jahren hat sich die Zahl der Maßnahmen zur Einschränkung des freien Handels in der Weltwirtschaft verfünffacht.
Ein weiteres Vorzeichen für Krieg ist die Zunahme der Völkerwanderungen, die wir heute als Migration bezeichnen. Im Vergleich zu 1990 ist die globale Migration heute doppelt so hoch: Sie betrifft 300 Millionen Menschen. Was ich also in dieser vielleicht wichtigsten Frage, ob es einen dritten Weltkrieg geben wird, mit Verantwortung sagen kann, ist, dass die Wahrscheinlichkeit eines Weltkrieges stetig wächst.
Was bedeutet das für Ungarn? Am meisten brauchen wir Gelassenheit, Besonnenheit und strategische Ruhe.Als erstes darf die Ukraine nicht in die Europäische Union aufgenommen werden, auch wenn sich ganz Brüssel auf den Kopf stellt, denn damit würden wir den Krieg ins eigene Haus holen. Die zweite Konsequenz ist, dass wir uns aktiv um den Frieden bemühen müssen. Der diplomatische und machtpolitische Einfluss Ungarns ist offensichtlich begrenzt. Das habe ich selbst erlebt, als ich vor einem Jahr Präsident Zelensky in Kiew besucht und versucht habe, ihn zu einem Waffenstillstand, ja sogar zu Friedensverhandlungen zu bewegen, mit dem einfachen, für alle einleuchtenden Argument, dass die Zeit im russisch-ukrainischen Krieg nicht auf der Seite der Ukrainer sei. Deshalb sei es besser, sagte ich ihm vor einem Jahr, wenn es so schnell wie möglich zu einem Waffenstillstand käme, denn je länger der Krieg andauere, desto größere Verluste würden sie, die Ukrainer, erleiden, weil die Zeit nicht auf Ihrer Seite sei. Wie begrenzt unser Einfluss ist, zeigt sich daran, dass er mir antwortete, ich lege falsch, denn die Zeit sei auf ihrer Seite, der Krieg müsse fortgesetzt werden und sie würden ihn gewinnen.
Daraus wird deutlich, dass sich Ungarn natürlich auch in der Welt der Großen für den Frieden einsetzten muss, aber in erster Linie müssen wir uns auf den Frieden in unserer Region, auf unsere Nachbarschaft konzentrieren. Wir müssen Friedensbündnisse schließen, mit wem auch immer wir können. Wir haben solche mit den Serben und den Slowaken geschlossen und hoffentlich können wir das in Zukunft auch mit den Rumänen, den Tschechen und vielleicht nach den Wahlen, auch mit den Polen machen, die schon auf halbem Wege zurück sind, und auf die Österreicher wollen wir auch nicht verzichten. Regionale Friedensbündnisse – das ist es, was wir für den Frieden tun können.
„Im Falle eines Krieges aus dem Krieg herausbleiben“
Die dritte Konsequenz aus der Kriegsgefahr ist: Wir müssen uns darauf vorbereiten, dass wir im Falle eines Krieges aus dem Krieg herausbleiben. Das tue ich seit Jahren, denn auf der höchsten Abstraktionsebene ist dies das Leitprinzip der ungarischen Außenpolitik. Wir müssen uns auf die Nichtbeteiligung am Krieg vorbereiten. Das ist nicht nur eine Deklaration, wenn wir erklären, dass wir uns heraushalten werden. Sich Herauszuhalten, das muss man können, das ist eine Fähigkeit. (…)
Wir brauchen einen langfristigen Plan, der die Stabilität hinter der Heraushaltung sichert. Das wäre ein Plan, der über Legislaturperioden und womöglich auch über Generationen hinausgeht. Wir müssten in Ungarn ein nationales Einverständnis darüber herbeiführen, dass wir niemals Teil irgendeines Blocks werden. Wir sind Teil des westlichen Bündnissystems, aber wir müssen auch in der Wirtschaft des Ostens präsent sein. Das ist keine Offenheit, sondern ein Gleichgewicht. Das Ziel ungarischer Außen- und Wirtschaftspolitik muss das Gleichgewicht sein. Die nationale Strategie muss das Ziel des Gleichgewichts verfolgen, wenn wir die kommenden Jahrzehnte als ungarische Nation überdauern wollen. (…)
Kehren wir nach dem Weltkrieg zurück nach Europa! Wird es einen Krieg in Europa geben? Die drohenden Schatten eines Weltkrieges sind sichtbar, doch der Krieg in Europa ist Realität. Den europäischen Krieg gibt es bereits. Der russisch-ukrainische Krieg ist ein europäischer Krieg. Tatsächlich spielt Europa seit 2014 mit dem Feuer – erinnern Sie sich an den Krim-Konflikt – ich könnte sogar sagen, das ist ein Spiel mit der Hölle. Der russisch-ukrainische Konflikt wird von der westlichen Politik so beschrieben, als sei das ein Konflikt zwischen den demokratischen Systemen und einem autoritären System. Ich weiß nicht, ob sie das wirklich glauben oder nur sagen. Aber sicher ist, dass die Beschreibung nichts mit der Realität zu tun hat, oder wenn doch, dann wäre es in dieser Angelegenheit, in der Angelegenheit des Krieges, völlig irrelevant. Die Auflösung des Kräftegleichgewichts, insbesondere wenn sie militärischer Natur ist und die Nato-Mitgliedschaft der Ukraine der Preis ist, um den es geht, dann handelt es sich für die Teilnehmer um einen existentiellen Konflikt. Und dem entsprechend werden sie auch handeln.
„Auch gute Absichten können Kriege auslösen“
Der Westen hat dies nicht verstanden. Indem er die Ukraine an den Westen binden wollte, oder milder ausgedrückt, den Wunsch der Ukraine nach der Westbindung akzeptierte, hat er eine Kriegsspirale in Gang gesetzt. Warum sollte es denn nicht selbstverständlich sein, wenn eine Nation danach strebt, irgendwo dazuzugehören, zum Beispiel zum Westen? Und warum sollte es nicht selbstverständlich sein, dass jene, zu der sie gehören möchte, beispielsweise die NATO oder die Europäische Union, mit „Ja natürlich, kommt!“ antwortet? Aber so denken nur Amateure. Denn jeder dieser Schritte stört das Kräftegleichgewicht und löst bei der Gegenseite zwangsläufig eine sofortige Reaktion aus, da es sich für sie um eine existenzielle Frage, eine Frage der Sicherheit handelt. Die Lehre für den Westen daraus ist, dass auch gute Absichten Kriege auslösen können, wenn sie am falschen Ort und auf die falsche Weise zum Ausdruck kommen. (…)
Das heißt, dass es keine direkte Entscheidung gab, Krieg, einen Krieg in Europa zu führen. Und wenn es zu einem Weltkrieg kommen sollte, wird auch das niemand so entschieden haben. Es wird ein Endergebnis sein. Das globale System ist zerbrechlich, und in unserem Beruf ist es ein Gemeinplatz, dass derjenige, der die globale Ordnung erfunden hat, auch den globalen Zusammenbruch erfunden hat, denn wer einen Zug erfindet, erfindet auch das Zugunglück. Das ist auch hier der Fall. Wenn es dazu kommt, dass es keine globale Ordnung mehr gibt, wird es nur noch regionale Überlebenszonen geben. Die Frage ist, wie die europäische Überlebenszone, also die Europäische Union, in fünf bis zehn Jahren aussehen wird, nachdem wir uns so in den Krieg in der Ukraine verstrickt haben. Was ich Ihnen sagen kann, basiert auf den Erfahrungen, die ich bei den letzten Gipfeltreffen der europäischen Ministerpräsidenten gesammelt habe.
Die Europäische Union hat beschlossen, in den Krieg zu ziehen, sie hat beschlossen, dass sie auch dann, wenn die Vereinigten Staaten aussteigen, ihre Unterstützung für die Ukraine fortsetzen wird. Das ist für mich eine Enttäuschung, weil die Europäische Union, die als Friedensprojekt gegründet wurde, damit zu einem Kriegsprojekt geworden ist.
Ungarn hat beschlossen, nicht in den Krieg zu ziehen. Die Europäische Union hat beschlossen, dass auch Ungarn in den Krieg ziehen muss. Die Europäische Union hat beschlossen, dass Ungarn, damit es in den Krieg zieht, eine neue, ukrainefreundliche und Brüssel-freundliche Regierung bekommen soll. Das ist die heutige Grundformel der ungarischen Innenpolitik. Und wir haben beschlossen, dass wir weder die Tisza-Partei noch die Demokratische Koalition an die Regierung lassen werden, weil wir wollen, dass Ungarn auch nach den Wahlen eine friedliebende und nationale Regierung bekommt. (…)
„Wir machen keine Zugeständnisse bei unserer Souveränität“
In diesem Zusammenhang steht auch der Entwurf für den siebenjährigen Haushalt der EU, die unlängst veröffentlicht wurde. Eine schwere Lektüre. Wer sich da durcharbeitet, sieht, dass es sich um einen Kriegshaushalt handelt. Alles, was da drin steht, entspricht der Logik des Krieges. 20 Prozent der Gelder gehen in die Ukraine, und was übrigbleibt, wird nicht für Entwicklung, Landwirtschaft oder Bauern ausgegeben, sondern für Kriegsvorbereitungen. Dieser Haushalt steht für eine Europäische Union, die sich im Krieg mit Russland befindet, die auf ukrainischem Gebiet Krieg gegen Russland führt. Es ist der Haushalt einer Europäischen Union, die Russland auf ukrainischem Territorium besiegen will, in der Hoffnung, dass eine Niederlage im Krieg das russische Regierungssystem erschüttert und den Weg für einen Machtwechsel ebnet – Präsident Biden: „Putin must fail“ –, was dann den Weg für eine liberale Politik eröffnen würde, die Jelzin-Ära zurückkehren würde und das Business wieder losgehen könnte. So kann ich die Antwort auf die Frage „Warum?“ kurz zusammenfassen.
Ungarn ist an einem Kriegsbudget nicht interessiert, wir brauchen ein Budget, das Frieden und Entwicklung fördert, daher akzeptieren wir den vorgelegten Entwurf nicht einmal als Verhandlungsgrundlage. Wir brauchen etwas anderes. Es erleichtert uns die Sache, dass die EU-Führung bis zu unseren Wahlen im Frühjahr 2026 nicht wirklich mit uns darüber verhandeln will. Danach werden wir dann sehen, denn wir sprechen hier immerhin von einer Verhandlungsphase von mindestens zwei Jahren. Ich möchte einen Exkurs zu den EU-Geldern machen. Wer holt sie nach Hause und zu welchem Preis? Die Hälfte der uns zustehenden Gelder – 12 Milliarden Euro – haben wir bereits nach Hause geholt, sie sind auf unserem Konto und werden von der ungarischen Wirtschaft verwendet. Aber die andere Hälfte muss auch nach Hause geholt werden. Das wird auch geschehen, denn die Verabschiedung des neuen siebenjährigen Haushalts erfordert Einstimmigkeit. Und solange wir unser ausstehendes Geld nicht bekommen, wird es auch keinen neuen EU-Haushalt geben. Wir holen es zurück und machen keine Zugeständnisse bei unserer Souveränität. (…)
Ich möchte an dieser Stelle etwas zur Frage sagen, was man in der EU warum macht. Heute hat sich Europa zur Unterstützung jener Ideologie auf globaler Ebene verpflichtet, die wir als progressiv oder woke bezeichnen können, und gegen die Präsident Trump in den Vereinigten Staaten gekämpft und gesiegt hat und nun gerade dabei ist, sie zu beseitigen. Diese Verpflichtung wurde auf den aufeinanderfolgenden Gipfeltreffen der EU-Ministerpräsidenten beschlossen. Das heißt, die Europäische Union hat sich in eine Rolle manövriert, in der die US-Regierung die Europäische Union nicht einmal mehr als eine internationale Organisation betrachtet, gegen die sie Vorbehalte hat, sondern als einen politischen Gegner. Deshalb wird die derzeitige Führung der Europäischen Union – ich sage Ihnen das aufgrund der aktuellen Zollstreitigkeiten – mit den Vereinigten Staaten immer als Letzte und immer die schlechtesten Vereinbarungen treffen. Die derzeitige Führung der Europäischen Union hat die Union auf eine Bahn gelenkt, die zwangsweise zu einem Handelskrieg führen wird, den wir nicht gewinnen können.
„Was ist der Sinn von alledem?”
In der Europäischen Union ist ein Führungswechsel notwendig. Die Anführer der Union glaubten auch, dass wenn wir gemeinsam mit den Vereinigten Staaten die Konfrontation mit China suchen, uns dies enger an die Vereinigten Staaten bringen würde. Doch die Hoffnung war trügerisch, und nun haben sich die Beziehungen der EU zu den USA und auch zu China drastisch verschlechtert. Darüber hinaus ziehen sich die USA schrittweise und kontinuierlich aus dem Krieg zwischen Russland und der Ukraine zurück. Ihr letztes großzügiges Angebot bestand darin, dass die Europäer amerikanische Waffen kaufen und diese an die Ukrainer weitergeben könnten. Das ist der Stand der Dinge. Das bedeutet, dass Brüssel, nachdem es sich nicht zu einem Waffenstillstand und dem Frieden bereit erklärt hat, nun die durch den Rückzug der USA entstandene wirtschaftliche, finanzielle und militärische Lücke füllen soll. Und dies schließt die Möglichkeit einer Normalisierung unserer Beziehungen zu Russland aus. Das heißt, die Lage in Europa sieht heute so aus, dass Brüssel im Wesentlichen einen Handels- oder Kalten Krieg mit den Vereinigten Staaten und China vorbereitet, sich in einem heißen Krieg mit Russland befindet und gleichzeitig seine Kriegsteilnahme in der Ukraine aufrechterhalten und vertiefen will. Das ist die Lage.
Ein Mensch mit einem einigermaßen klaren Verstand muss sich unter diesen Umständen die Frage stellen: Warum? Was ist der Sinn von alledem? Vor allem, wenn wir der Überzeugung sind, dass dies den Interessen der Mitgliedstaaten zuwiderläuft, und auch die Mehrheit der europäischen Bevölkerung lehnt diese Politik zunehmend ab. Warum tun sie das? Ich kann natürlich nur auf einige Aspekte hinweisen. (…)
Der erste Apekt ist, dass es einen föderalistischen Masterplan gibt. Die Europäische Kommission in Brüssel betrachtet jede Krise als eine neue Chance für den Aufbau eines föderalen Europas, der Vereinigten Staaten von Europa. Schauen Sie sich das an: Welche Krise auch immer ausgebrochen ist, ob Finanz-, Migrations-, Pandemien- oder Corona-Krise oder jetzt Krieg, jedes Mal wurde die Entscheidung getroffen, die Befugnisse Brüssels weiter auszubauen und den Nationalstaaten Befugnisse zu entziehen. Das ist eine Trägerrakete, ein Trägerkörper, jede Krise ist eine Chance, so auch die Kriegskrise für den weiteren Aufbau der Brüsseler Föderation.
Der zweite Aspekt, anhand dessen wir nach einer Antwort suchen können, ist die Tatsache, dass die Haushaltsführung der Europäischen Union heute nur noch durch Kriegswirtschaft und Kriegskredite aufrechterhalten werden kann, weil die Union ihre Wettbewerbsfähigkeit verloren hat.
Und drittens könnte auch der Aspekt eine Rolle spielen, dass die EU-Mitgliedschaft der Ukraine den Schutz der Interessen bestimmter Wirtschaftsakteure dort gewährleisten kann, indem ein je nach Bedarf steuerbarer EU-Mitgliedstaat geschaffen wird. Das zeigt sich auch deutlich in der aktuellen Auseinandersetzung zwischen Selensky und der Europäischen Kommission. Ich möchte Ihnen dazu nur sagen, dass wir in den letzten zehn Jahren England rausgelassen haben und nun die Ukraine aufnehmen wollen. Das ist wirtschaftlich gesehen Wahnsinn, so hat es doch Methode. Denn England ist souverän und würde niemals einer föderalen Vereinigten Staaten von Europa zustimmen, die Ukraine hingegen schon. England ausschließen oder England herauslassen, die Ukraine aufnehmen? Es ist Wahnsinn, aber es hat System. (…)
„Die Großstädte werden in absehbarer Zeit mehrheitlich muslimische Gebiete sein“
Zum Schluss möchte ich darüber sprechen, warum die Zukunft Mitteleuropa gehört. Wegen der Migration, meine lieben Freunde! Wir sollten uns die Frage stellen, warum der Westen sich nicht vor der Migration schützen konnte und warum Mitteleuropa sich schützen konnte. Einige Fakten zur Veranschaulichung der Ernsthaftigkeit der Lage. In Deutschland haben 42 Prozent der Schüler einen Migrationshintergrund. In Frankreich haben 40 Prozent der Kinder unter vier Jahren einen Migrationshintergrund. 41,2 Prozent der Schüler in Wien sind muslimischen Glaubens, der Anteil der christlichen Schüler beträgt 34,5 Prozent. Das ist in Wien – 230 Kilometer von Budapest entfernt! Aus diesen und vielen anderen Daten lässt sich schließen, dass sich die Länder westlich von uns unumkehrbar zu gemischten Gesellschaften mit einem wachsenden muslimischen Bevölkerungsanteil entwickelt haben. Die Großstädte werden in absehbarer Zeit mehrheitlich muslimische Gebiete sein, in den Großstädten wird es zu einem Bevölkerungsaustausch kommen.
Europa bleibt auch weiterhin ein Migrationsziel. Hier gibt es bereits fertige Aufnahmegemeinschaften. Wer sich auf den Weg nach Europa macht, kommt nicht ins Nichts, sondern zu Menschen, die sich um ihn auch kümmern. Und wenn dann auch Afrika wirklich losgeht, was vor uns liegt, wird sich der Westen mit einer Migrationsgesellschaft dieser Größenordnung innerhalb seiner Grenzen nicht verteidigen können. Ich muss sagen, dass es in etwa zehn Jahren eine der wichtigsten Aufgaben des künftigen Ministerpräsidenten, der Regierungsmehrheit und des künftigen Landes sein wird, auch unsere westlichen Grenzen vor der Migration zu schützen. Nicht nur die südlichen, sondern auch die westlichen! Wir an dieser Frage dranbleiben, wir müssen fragen, warum sie sich nicht verteidigen konnten. Denn vielleicht ist das die größte Lektion für uns in dem Sinne, dass wir wissen, welchen Fehler wir nicht begehen dürfen. Das Wasser im Topf kocht langsam, der Frosch blinzelt noch, aber er kann nicht mehr herausspringen. Warum wohl ist er bisher nicht herausgesprungen?
Im Jahr 732 n. Chr. fand bei Poitiers die letzte Schlacht statt, die über das Schicksal von Nationen entschieden hatte, über den Fortbestand von Nationen, die mit dem Christentum verbunden waren. Das war vor 1300 Jahren. Seit 1300 Jahren hat die westliche Welt keine Erfahrung mehr damit, dass die Erhaltung des Christentums und der Fortbestand als Nation miteinander verknüpft sind. Wenn man das Christentum verliert, wir wissen nicht wie, aber früher oder später wird dann auch nationale Existenz verloren gehen. Diese Erkenntnis ist im westlichen nationalen Instinktsystem nicht vorhanden. Im Gegensatz dazu ist die ungarische Verfassung klar und sagt: Wir erkennen die Rolle des Christentums für den Erhalt der Nation an. Wenn ich diesen Satz im Westen sage – was ich manchmal tue –, wird er nicht verstanden, weil das in der Geschichte der meisten Länder nicht so war. Dieser Satz war für sie bisher einfach sinnlos. Jetzt beginnt man ihn zu begreifen, aber jetzt ist es zu spät! In den westlichen Köpfen hat die Alarmglocke nicht geläutet, aus dem westlichen nationalen Instinkt fehlt dieser Reflex und deshalb geht die alte, vertraute Heimat verloren. Die Frage ist, ob das Christentum uns noch zusammenhält, angesichts dieses anhaltenden und sogar ständig wachsenden Migrationsdrucks.
Es gibt einen Moment der kulturellen Aufgabe
Ich habe es bereits erwähnt: Zwischen 1990 und 2020 hat sich die Zahl der Menschen, die weltweit aus- und einwandern, auf 300 Millionen verdoppelt, so viele Menschen sind unterwegs, und wenn man nach Afrika schaut, sieht man ungefähr, was sich dort zusammenbraut und vor welchen Herausforderungen Europa stehen wird. Ich denke viel über den Zusammenhang zwischen Christentum und Politik im Hinblick auf die Migration nach, aber ich erspare Ihnen einen langen Vortrag darüber. Ich möchte nur sagen, dass es meiner Meinung nach im Verhältnis zwischen Christentum und Politik im Wesentlichen drei Phasen gibt.
Es gibt drei Zustände. Es gibt einen Zustand, den ich in der Vergangenheitsform beschreiben muss: Es gab einen Moment in der europäischen Geschichte, in dem die Mehrheit der europäischen Nationen einen lebendigen Glauben besaß. Dieser Glaube war nicht religiös oder kulturvermittelt, sondern lebendig, wir nennen ihn Glaubenschristentum.
Die Säkularisierung hat dies abgewürgt. In diesem zweiten Zustand schwindet der lebendige Glaube, aber die aus dem christlichen Glauben heraus gewachsene Kultur als Koordinatensystem bleibt noch eine Weile bestehen: Was ist gut, was ist schlecht, was sollen wir über die Beziehung zwischen Mann und Frau, über Familie, Kinder, Eltern, Verantwortung, unseren Nächsten, uns selbst denken, was ist Sünde, was ist Tugend, was ist Strafe, was ist Vergebung? Die Antwort darauf geben wir gemäß der aus dem Christentum gewachsenen, aus dem lebendigen Glauben gewachsenen christlichen Kultur. Das nenne ich kulturelles Christentum. Das ist die heutige Situation in Mitteleuropa.
Was danach kommt, ist der dritte Zustand, der Zustand der Religionslosigkeit, den ich auch als Nullchristentum bezeichnen könnte. Das ist der Zustand, in dem das Christentum als Kultur nicht einmal mehr als Code- oder Koordinatensystem vorhanden ist und aus dem Leben der Gesellschaft verdrängt wird. Es gibt einen Wendepunkt, einen Moment der kulturellen Aufgabe, der meiner Meinung nach dann kommt, wenn die gleichgeschlechtliche Ehe akzeptiert und gesetzlich verankert wird. Das ist der Wendepunkt. Diese Entscheidung lehnt die Grundprinzipien des christlichen Zusammenlebens ab. Hier stehen die Menschen im Westen heute, und in diesem Zustand hat sie die Massenmigration angetroffen, und dieser Zustand hat sie wehrlos gemacht. Ob es für sie noch weiter bergab geht und ob wir uns dort, wo wir sind, behaupten können oder ob wir wieder in die Welt der erhaltenden Kraft des lebendigen Glaubens zurückkehren können, weiß ich nicht. Aber ich weiß, dass es nur von uns abhängt und von den jungen Menschen, von unseren Kindern, die wir erzogen haben! Haben wir ihnen beigebracht, dass sie als Ungarn eine Aufgabe haben? Und diese Aufgabe lautet: zu bewahren, was wir haben, zu erlangen, was wir noch nicht haben, aber brauchen, und Nein zu sagen zu dem, was wir nicht brauchen. Jetzt wird sich zeigen, was für Eltern wir waren.
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