Welch Jubel, welch Freude! Die Grünen wählen Vorsitzende, Reporter/innen der ARD überschlagen sich vor Begeisterung. Tina Hassel ist so überwältigt, dass sie nicht mal merkt, wie Kollegen sie verspotten und verhöhnen. Ein Klassiker von Null Distanz.
Er ist der neue Star der ARD, mit einem „starken“ 81-Prozent-Ergebnis, jubelt Hauptstadtleiterin Tina Hassel. Immerhin 83% Zustimmung hat auch Horst Seehofer von der CSU erhalten; damals nannte die Frankfurter Rundschau das niedrige Ergebnis eine „Ohrfeige“. Für die Grünen ist es stark? Zum Vergleich: Lindner wurde mit 92,4 Prozent bestätigt, Merkel als Parteivorsitzende in der Flüchtlingskrise mit 89,5%. Wo ist das Ergebnis stark, außer man ist bei der ARD auf diesem Auge blind? (Gut, Cem Özdemir erhielt zuletzt 76,9 Prozent. Auf den Maßstab kommt es eben an, und der ist bei den Grünen eben ARD-Like.)
Neuer #grüner Star #Habeck mit % zum Vorsitzenden gewählt 81,3%! Starkes Ergebnis #bdk18
— Tina Hassel (@TinaHassel) 27. Januar 2018
Die Grünen sind im Deutschen Bundestag eine Oppositionspartei, und zwar die Kleinste. Aber sie regieren Deutschland, ach was, das Universum, mindestens – ARD-gefühlt jedenfalls, Tina Hassel: „Aufbruchstimmung wie in Frankreich“. Na denn, dann regiert mal schön; die ARD macht ja die Nachrichten.
Frische #grüne Doppelspitze lässt Aufbruchsstimmung nicht nur in Frankreich spüren. #Habeck und #Baerbock werden wahrgenommen werden! #Verantwortung kann auch Spaß machen u nicht nur Bürde sein Wichtiges Signal in diesen Zeiten! #bdk18
— Tina Hassel (@TinaHassel) 27. Januar 2018
Ulf Poschardt, Chefredakteur der WELT lacht sich scheckig über die analytische Tiefenschärfe aus dem ARD-Hauptstadtstudio. Immerhin, ein Problem: Nicht überbietbar, nicht mal von der Pressestelle der Grünen, was die ARD da vorlegt.
?????? https://t.co/KkWrmAMgOh
— Ulf Poschardt (@ulfposh) 27. Januar 2018
Und so geht es weiter. Glückliche Runde mit den grünen Stars, Tina Hassel stellt strahlend gefällige Fragen und Gaudi-Bursch Habeck steht für Faxen statt Politik.
Gute Laune vor dem ersten gemeinsamen Interview der neuen Doppelspitze: Robert Habeck und Annalena Baerbock bei @TinaHassel. Zu sehen um 23.40 in @DasErste. pic.twitter.com/wiVbydzzRj
— Arnd Henze (@arndhenze) 27. Januar 2018
Der außenpolitische Korrespondent kann da nicht nachstehen: Gute Laune ist der Maßstab der Bewertung, wenn Grüne auf die ARD treffen. Jubel, Trubel, ARD. Das erste gemeinsame Interview! Mann, da ist ja toll. Gemeinsam! Erstes!
Auszählungsprobleme bei der #bdk18 der @Die_Gruenen
Claudia Roth malt derweil einen Regenbogen. Ein ganz normaler Grünen-Parteitag. pic.twitter.com/iuL7MhRJrS— Kristin Joachim (@KristinJoachim) 26. Januar 2018
Hassel-Mitarbeiterin Kristin Joachim jubelt über das neue „Dream Team“ der Grünen, überschlägt sich vor lauter Begeisterung. Kritische Distanz? Null. Anbiedernde Nähe zu Claudia Roth tritt an die Stelle kritischen Journalismus. Es hätte darüber berichtet werden können: Stimmzettelpanne. Gemauschel, Getuschel. Hier nur: Regenbogen, „ganz normal“. Demokratiepannen eben, ganz normal.
Das wird ein spannend: @Die_Gruenen wählen in Hannover zwei neue Vorsitzende! Meine Empfehlung für aktuelle von der #BDK18: Folgt @TinaHassel @KristinJoachim @arndhenze @JaninaLueckoff @akm0803 @braunsteff @Herr_Decker @NickLeifert @fneuhann @UlrichSchulte @c_eubel #followfriday
— Matthias Deiss (@MatthiasDeiss) 26. Januar 2018
Es wird spannend? Wirklich, Matthias Heinz, spannend ist nur, wie der Redaktionsleiter „Kontraste“ den Vor-Jublern seiner Anstalt folgt. Hier wird jede Sprechblase aufgeblasen zur Breaking-News.
„Demokratie ist kein Sprint, sondern Marathon… wir haben die besseren Konzepte, Köpfe und Kondition“ ruft @peter_simone. Bekommt standing ovations zum Abschied #bdk18 pic.twitter.com/T57esd1hvi
— Angela Ulrich (@AngelaUlrichrbb) 26. Januar 2018
Da muss hr-INFO twittern: „Kaum eine Partei hat so viele profilierte und beliebte Politiker in ihren Reihen…“ – beliebt bei wem jetzt? Bei Journalisten von der ARD, ok. Das ist die Nachricht. Was zählen schon Wahlergebnisse? Mal schauen, ob die gebührenfinanzierte Wahlhilfe sich auszahlt, irgendwann.
Kaum eine Partei hat so viele profilierte und beliebte Politiker in ihren Reihen, die aber in der Partei offiziell nichts zu sagen haben wie die Grünen. Und kaum eine Partei hat seit ihrem Bestehen so viele Vorsitzende verschlissen. Woran liegt das? #BDK18 https://t.co/Sjo6HEuRFd
— hr-iNFO (@hrinfo) 26. Januar 2018
Der Personalfriedhof der Grünen – diesmal kein Jubel. Aber keine Sorge. Gleich geht es weiter. Nina Barth bejubelt für den SWF aus Berlin ihr Dreamteam der Sieger.
So sehen Sieger aus: @ABaerbock und @RobertHabeck neue Chefs der #Grünen. Jubel und Standing Ovations auf der #Bdk18 pic.twitter.com/kjYoSr5iNg
— Nina Barth (@ninabarth_hsb) 27. Januar 2018
(Kleine Nachhilfe für Nina Barth: Jubel gehört zum Parteitagsritual. Überall, bei allen, bloß fallen nicht alle Journalisten darauf herein.)
Ungewöhnlich großes Interesse der Presse im Vorfeld der #bdk18 Schon eine Art Habeck-Effekt? pic.twitter.com/FRwFFiPDv1
— Kristin Joachim (@KristinJoachim) 24. Januar 2018
Und wieder Kristin Joachim. Wer Parteitage kennt – das Interesse ist mäßig an den Grünen, geradezu traurig. Nur eine Handvoll Journalisten; beim SPD-Parteitag eine Woche früher waren es geschätzte 20 mal so viele. Aber was brauchen die Grünen Journalisten, wenn sie schon die ARD haben?
“Denn sie bietet in diesen Tagen ein Alleinstellungsmerkmal, das weit über ihr Kernthema Klimaschutz hinaus geht: sie ist die derzeit einzige Partei, die Mut und Lust auf Politik ausstrahlt”, kommentiert @arndhenze den Parteitag der Grünen. pic.twitter.com/FEnpPV4Upv
— tagesschau (@tagesschau) 27. Januar 2018
Arnd Henze meldet sich per Kommentar über die Bildschirme – mit (s)einer Wahlempfehlung? Robin Alexander von der WELT kontert das peinliche Getwittere mit Ironie.
Leider berichte ich nicht über @Die_Gruenen. Aber zum nächsten Parteitag fahre ich trotzdem. Diese Begeisterung, die aus den Tweets vieler Journalisten spricht, möchte ich auch einmal empfinden. #bdk18
— Robin Alexander (@robinalexander_) 27. Januar 2018
Ironie im Journalismus ist gefährlich. Er wird zu regelmäßig missverstanden. Und in ihrer grenzenlosen Begeisterung platscht Tina Hassel in den Mustopf.
Ich war da, Robin, und kann das nur bestätigen. Mal sehen, wie lange es hält #grüne #bdk18 gruene @robinalexander_ https://t.co/s8lVP7JLMg
— Tina Hassel (@TinaHassel) 27. Januar 2018
Ja, lieber Robin, komm zu uns und juble mit im grünen Club. Erhält die WELT dann einen Gebührenanteil? Schaun mer mal. Tina jedenfalls war da. Und wie.
Jetzt wird es richtig peinlich…?? https://t.co/gyk2ZjWmHX
— Peter Rossberg (@PRossberg) 27. Januar 2018
Peter Rossberg recherchiert für BILD im Bereich der Kriminalität. Hoffentlich noch länger. Der Job ist gefährlich. Jubel ist gebührenfinanziert. Tina ist immer noch blind vor Begeisterung.
Die kritiklose Begeisterung der öffentlich-rechtlichen Sender für die Grünen kennt keine Grenzen. Man lese auch diesen Kommentar und wundere sich über nichts mehr:https://t.co/3k7vouRRab https://t.co/WXNofUO4Km
— stefanolix (@stefanolix) 27. Januar 2018
Langsam wächst die Kritik am ARD-Jubel im Netz.
Die Pressesprecherin der #Grünen wird dieser Tage offenbar direkt von der #ARD bezahlt. #bdk18ِ #bdk18 gruene #journalismussimulation pic.twitter.com/8EuXAvrmon
— Dr. Alexander Will (@AF_Will) 27. Januar 2018
Der Nachrichten-Chef der Nordwest-Zeitung wundert sich über die Journalismus-Simulation der ARD. Und Nachhilfe kommt von der Mittelstandsvereinigung.
Ich weiß gar nicht, was peinlicher ist: die euphorische Pro-Grünen-Propaganda der @TinaHassel oder, dass sie nicht versteht, wenn sie wegen dieser Pro-Grünen-Propaganda von richtigen Journalisten ironisch überführt wird. #bdk18 #ARD @robinalexander_ https://t.co/hjcT74LI6q
— Thorsten Alsleben (@BerlinReporter) 27. Januar 2018
Ironie darf im Journalismus nur begrenzt eingesetzt werden. Er wird zu leicht missverstanden. Dafür gibt es Ironie-Emoticons, rät aus Washington Clemens Wergin von der WELT. Tina Hassel aber kommt nicht aus dem Mustopf. Sie simuliert ihren Journalismus einfach weiter, bis ihr Glückstag sich zu Ende neigt. Sie ist frei von jeder Ironie.
Der Moment in dem man merkt, dass der Kollege @robinalexander_ vergessen hat das Ironie-Emoticon zu setzen, damit’s auch wirklich jeder versteht https://t.co/lIfuEj70OM
— Clemens Wergin (@clemenswergin) 27. Januar 2018
Henrik Hübschen vom WDR befindet:
Ich vermisse bei der Berichterstattung über die #bdk18 der @Die_Gruenen und die Wahl von #Habeck bei vielen Kollegen die angemessene journalistische Nüchternheit. Oder ist das jetzt #DSDS?
— Henrik Hübschen (@HuebschenH) 27. Januar 2018
Jedenfalls neigt sich der Tag zu Ende. Der neue Grünen-Chef spricht seltsame Sachen, unverständlich. Tina Hassel und ihr Dream-Team schweigen. Endlich.
“Integration heißt auch, dass die, die hier geboren sind, sich in die Gesellschaft integrieren.” @RobertHabeck auf der #BDK18
— BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN (@Die_Gruenen) 27. Januar 2018
Jetzt sprechen die Grünen für sich. Die hier Geborenen sollen sich in die Gesellschaft integrieren. Alle? Und wenn nicht?
Wir können nur mit Ihrer Hilfe überleben!
Ihnen gefallen unsere Inhalte? Zeigen Sie Ihre Wertschätzung. Mit Ihrer Spende von heute, ermöglichen Sie unsere investigative Arbeit von morgen: Unabhängig, kritisch und ausschließlich dem Leser verpflichtet. Unterstützen Sie jetzt ehrlichen Journalismus mit einem Betrag Ihrer Wahl!