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Paul Schreyer: Er ist der Mann, der die RKI-Protokolle freigeklagt hat

Paul Schreyer: Er ist der Mann, der die RKI-Protokolle freigeklagt hat
Multipolar-Herausgeber: Paul Schreyer

Paul Schreyer und sein Magazin Multipolar haben mit erfolgreichem Freiklagen der RKI-Protokolle erreicht, dass die Corona-Aufarbeitung von einer nie dagewesenen Dynamik erfasst wurde. Doch wer ist der Mann, der hinter diesem Erfolg steht?

von Felix Perrefort

Bevor seine Arbeit zu den RKI-Dokumenten hohe Wellen schlug, hat Paul Schreyer mit seinen Büchern in der Vergangenheit bereits sehr viel Beachtung gefunden. Er ist Spiegel-Bestseller-Autor von „Chronik einer angekündigten Krise: Wie ein Virus die Welt verändern konnte“ (2020), „Die Angst der Eliten“ (2018), „Wir sind die Guten. Ansichten eines Putinverstehers oder wie uns die Medien manipulieren (2014)“. Auch „Wer regiert das Geld?“ (2016) war erfolgreich. In der Spiegelbestseller-Liste rangierte es 2016 auf Rang 13. 

Schreyer ist einer von drei Herausgebern von Multipolar, ein 2020 gegründetes, aus freiwilligen Leserspenden finanziertes Magazin mittlerer Reichweite, das als unabhängiges journalistisches Medium durchaus etabliert ist: unter Lesern, die der Medienlandschaft politische Unausgewogenheit vorwerfen und sich in den gängigen Medien nicht vertreten fühlen.

„Fundierte Herrschaftskritik“

„Gegenwärtig erleben wir den Übergang von einer unipolaren zu einer multipolaren Weltordnung“, schreibt Multipolar in seiner Selbstvorstellung. „Seit dem gescheiterten Irakkrieg des Jahres 2003 verfällt die einstige globale US-Hegemonie. Dieser schmerzhafte Prozess des Niedergangs birgt eine Gefahr für den äußeren und inneren Frieden. Doch zugleich eröffnet er große Chancen für alternative Entwicklungen, für eine friedliche, freie und plurale Welt. Diesen spannenden und komplexen geopolitischen Vorgängen wollen wir in unserem Magazin besondere Aufmerksamkeit schenken.“ 

Die Schwerpunkte liegen, so das Medium weiter, bei „Politik, Gesellschaft und Medienkritik. Herrschaft und demokratisch nicht legitimierte Macht existieren nicht nur im Ausland, sondern auch bei uns. Fundierte Herrschaftskritik ist dringend geboten, im modernen Journalismus allerdings Mangelware.“ Themen, die in jüngerer Zeit von Multipolar zeitgeistkritisch behandelt werden, sind vor allem der Russland-Ukraine-Krieg und die Corona-Politik. Dafür im folgenden zwei Beispiele.

In „Nord Stream und die deutsche Psyche“ kritisiert Schreyer, dass die von Investigativ-Journalist Seymour Hersh Position vertretene Position, der zufolge die USA für die Sprengungen der Nordstream-2-Pipeline verantwortlich seien, nicht in Betracht gezogen werde und in den Medien stattdessen die Geschichte dominiere, laut welcher der Anschlag „von einer kleinen Urlaubssegelyacht aus durchgeführt worden sei und die Hintermänner – ungenannte – Ukrainer wären“. 

Den Grund, warum man dieser Geschichte eher glauben würde als der Erklärung Seymours, sieht Schreyer darin, dass die Deutschen den Amerikanern gegenüber in einem psychisch schwierigen Verhältnis lebten, das seit der Nachkriegszeit bestehe. Die alliierten Bombenangriffe auf deutsche Städte seien Kriegsverbrechen gewesen, die eigentlich aufgearbeitet gehören, es aber mit der West- und Nato-Bindung nie wurden. Aus diesem Komplex heraus sei es nicht möglich, die USA – wie im Fall der Nord-Stream-Sprengung – als Schuldigen zu benennen. Schreyer schreibt: „Mit der Sprengung der Nord Stream-Pipelines wurden, so scheint es, die alten psychischen Muster erneut aktiviert. Man ‚darf‘ darüber nicht offen reden, es ‚darf‘ keine Untersuchungsergebnisse geben, die die USA belasten.“ 

„Es bleibt beim (fehlerhaften) Kopieren von (irreführenden) Agenturmeldungen“ 

In „Faktencheck: 15 Millionen Corona-Tote?“ geht Schreyer einer Aufsehen erregenden, medial vielfach verbreiteten Meldung auf den Grund, wonach die WHO 15 Millionen Corona-Tote errechnet haben soll. Nach einem Blick in die Studie, die der Meldung zugrunde liegt, stellt Schreyer fest, dass die Zahl 15 Millionen auf die Berechnung einer Übersterblichkeit zurückgeht. Sie umfasst also nicht nur, so Schreyer, „die Opfer der Corona-Viruserkrankung, sondern auch die Todesfälle in Folge von verschobenen Operationen, von Falschbehandlungen (etwa der umstrittenen, einer WHO-Empfehlung folgenden künstlichen Beatmung), sowie die Toten in Folge der sozialen und gesundheitlichen Auswirkungen der Lockdowns, so etwa durch den Zusammenbruch der Nahrungsmittelversorgung in armen Regionen der Welt.“

So kommt er schließlich zu dem Ergebnis: „So gut wie alle großen Medien sind bei einem entscheidenden Aspekt der Coronakrise nicht in der Lage, die vorliegenden Informationen korrekt wiederzugeben, geschweige denn sie kritisch zu hinterfragen. Es bleibt beim (fehlerhaften) Kopieren von (irreführenden) Agenturmeldungen.“ 

Multipolar veröffentlichte die RKI-Dokumente unter dem Aufhänger, dass eine geschwärzte externe Person, die nicht dem RKI angehört, damals für die Hochstufung der Gefährlichkeit des Corona-Virus von „mittel“ auf „hoch“ verantwortlich war – Grundlage für die ersten Lockdown-Maßnahmen. Demnach hätte das RKI nicht wissenschaftlich, sondern auf politische Veranlassung gehandelt. 

Ein ZDF-Bericht, der dieser Auffassung von Multipolar zunächst gefolgt war, wurde hinterher umgeschrieben, ohne dass die Veränderungen unter dem Text kenntlich gemacht wurden. Im veränderten Beitrag heißt es: „Die Passage in den Protokollen legt allerdings nahe, dass das RKI die Risikobewertung selbst gemacht und nach dieser das Risiko als ‘hoch’ einstuft hat. Einzig die Veröffentlichung der Risikobewertung hing demnach von der Freigabe der nicht namentlich genannten Person ab.“ Das RKI hätte selbst öffentlich gemacht, das es sich um einen Mitarbeiter handele.

Multipolar hält diese Version für „unbelegt“ und „unplausibel“. Das Medium argumentiert: „Wenn, wie das Protokoll vermerkt, am Wochenende vom 14. zum 15. März ‘eine neue Risikobewertung vorbereitet’ worden ist – und dies innerhalb des RKI geschehen sein soll –, dann müsste es beim RKI selbstverständlich auch Dokumente dazu geben: die Risikobewertung selbst sowie sämtliche Kommunikation und Beratung dazu. Dem ist aber nicht so.“ Lauterbach will die Corona-Protokolle des RKi „weitgehend entschwärzen“ lassen. Vielleicht wird so bekannt werden, wer die geschwärzte Person ist. 

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