Der Chef der Schweizer Weltwoche, Roger Köppel, ist wohl der nächste, der wegen seiner Russland-Berichterstattung widerrechtlich auf die EU-Sanktionsliste gesetzt wird.
von Daniel Matissek
In diesem moralisch und rechtsstaatlich verkrüppelten Europa ist inzwischen mit allem zu rechnen. Jegliche kritischen Töne über den anhaltenden Eskalationskurs von Brüssel und den Regierungen in Paris, London, Berlin sowie anderer westlicher Ländern, die jegliche diplomatischen Wiederannäherungsversuche mit Moskau verteufeln und sich durch immer verantwortungslosere Geld- und Waffenlieferungen an die Ukraine zunehmend zur Kriegspartei und damit Zielscheibe machen, gelten inzwischen als Hochverrat und Defätismus. Wer dem Fahnenappell der Kriegstüchtigkeit und blinden Unterstützung für Kiew allen noch so bizarren Korruptionsenthüllungen zum Trotz nicht folgen mag, wird mit undemokratischen Grundrechtseinschränkungen und Willkürakten belegt, Kontokündigungen, Jobverluste, Reiseverbote und Polizeischikanen inklusive. Sogar Nicht-EU-Bürger geraten neuerdings ins Visier der Eurokraten: Gerade traf es den Schweizer Ex-Generalstabsobersten und renommierte Militäranalysten Jacques Baud, der auf der EU-Sanktionsliste landete.
Bauds Schicksal könnte nun auch anderen unliebsamen Publizisten drohen – konkret dem Schweizer “Weltwoche”-Chefredakteur Roger Köppel. Ihm droht wohl ebenfalls die Abstrafung durch die EU-Kommission –wegen seiner angeblich “russlandfreundlichen Berichterstattung”. Gemeint ist damit Köppels Festhalten am Prinzip von Ausgewogenheit und Äquidistanz zu Regierungsnarrativen, für das der Qualitätsjournalismus der “Weltwoche” steht, den deren Leser seit jeher schätzen. Die Gefahr, dass gegen Köppel zeitnah ebenfalls Sanktionen verhängt werden, hält zumindest der deutsche Rechtsprofessor Viktor Winkler, ein führender Experte für internationales Sanktionsrecht, in einem Interview für realistisch oder zumindest “nicht unwahrscheinlich”. Unter Juristen werde diese Option bereits länger diskutiert, so Winkler, denn die EU verschärfe derzeit ihre Linie gegen mutmaßliche “prorussische Propaganda” respektive alles, was sie dafür hält. Winkler rät Köppel, sich “proaktiv” an die EU zu wenden, um präventiv abzuklären, ob Sanktionsvoraussetzungen vorliegen. Potentiell belastend könnten sich dabei Köppels mehrmalige Moskau-Reisen auswirken, außerdem auch seine Forderung an den Schweizer Bundesrat, die Russland-Sanktionen aufzuheben, sowie positive Äußerungen zu Auftritten von Wladimir Putin.
Feindbild der EU-Scharfmacher
Nicht genug also damit, dass Politiker nicht mehr mit allen Seiten und Konfliktparteien reden, was fatal genug ist; nun werden also auch noch Journalisten, die an diesem Grundsatz festhalten und damit eine Selbstverständlichkeit ihrer Zunft leben, kriminalisiert. Eine größere Perversion lässt sich kaum mehr denken. Selbst “Bild”-Chefreporter Paul Ronzheimer, der mit der Auszeichnung des Bambi kürzlich quasi das offizielles Zertifikat für seine handzahme Kritiklosigkeit und Systemkonformität überreicht bekam, scheint mittlerweile zu dämmern, dass hier etwas ganz entsetzlich schiefläuft und dass hinter der Sorge um die Presse- und Meinungsfreiheit womöglich doch steckt als ein Propaganda-Topos der vermaledeiten AfD. Ronzheimer twittert: “Ich habe mit Roger Köppel hier bei X und anderswo schon einige heftige Kämpfe ausgetragen wegen seiner Russlandhaltung… aber wo sind wir bitte hingekommen, dass darüber jetzt offenbar ernsthaft diskutiert wird? Wir müssen unterschiedliche Sichtweisen aushalten, egal, für wie verquer wir sie selbst halten.” Gut gebrüllt, Löwe! Jetzt fehlt nur der Schritt der Selbstreflexion – und ein weiterer “Schwurbler“ ist geboren.
Fragwürdig ist, dass sich selbst renommierte Medien an der diesbezüglichen Verdachtsberichterstattung über Köppels angebliche “Putin-Nähe” beteiligen; so nannte ihn etwa die “NZZ am Sonntag” den “exponiertesten Schweizer” in diesem Kontext und warf ihm vor, die “Schweizer Moskau-Connection” zu pflegen. Köppel selbst verweist auf die “bewährten redaktionellen Grundsätze objektiver Berichterstattung”, denen sich die “Weltwoche” seit 92 Jahren verpflichtet fühle und die grundsätzliche alle relevanten Stimmen einbeziehe. Doch eben diese Standhaftigkeit macht den 60-jährigen Schweizer und Ex-SVP-Nationalt erst recht suspekt bei den ideologisch verbohrten EU-Scharfmachern und Promotoren der großen Zuspitzung. Denn für sie ist jede noch so nüchterne und faktenbasierte Darstellung der russischen Sichtweise eine “Verschwörungstheorie”, und jeder, der zu Deeskalation und Ausgleich mahnt, ein verfemtes “Sprachrohr prorussischer Propaganda”. So entwickelt sich die undemokratische EU immer mehr zu einem Gefängnis von Gesinnungskontrolle und Zensur – und nähert sich ironischerweise just den Zuständen an, die sie Russland unter Putin ankreidet.
☝️Ihnen gefallen unsere Inhalte?
Wenn Ihnen gefällt, was wir tun, dann zeigen Sie bitte Ihre Wertschätzung. Mit Ihrer Spende von heute ermöglichen Sie unsere investigative Arbeit von morgen: Unabhängig, kritisch und ausschließlich dem Leser verpflichtet. Unterstützen Sie jetzt ehrlichen Journalismus mit einem Betrag Ihrer Wahl – einmalig oder regelmäßig:


