Die Moderatorin Nadia Kailouli treibt den Filz zwischen Politik und öffentlich-rechtlichen Medien auf die Spitze. Sie arbeitet nicht nur für die ARD, sondern gleichzeitig auch für die Bundesregierung. Außerdem betätigt sie sich als Professorin, ohne jedoch einen Hochschulabschluss vorweisen zu können.
von Dirk Schmitz
Die Verflechtungen zwischen öffentlich-rechtlichem Rundfunk und Politik erreichen neue Dimensionen, was sich besonders eindrucksvoll am Beispiel der ARD-Moderatorin Nadia Kailouli zeigt, die gleichzeitig für den öffentlich-rechtlichen Staatsfunk und die Bundesregierung arbeitet: Sie moderiert nicht nur das ARD-Magazin “Report Mainz”, sondern kassiert gleichzeitig noch von der Bundesregierung Bezüge.
Und weil aller guten Dinge drei sind, ist Kailouli obendrein auch noch Professorin ohne Hochschulabschluss. Dreifach abkassieren auf Kosten von Gebühren- und Steuerzahlern – alle Achtung! Unabhängige Berichterstattung? Von wegen. “Selbst Nutten arbeiten transparenter”, lautet ein pointierter Netzkommentar zu Kailoulis Eskapaden.
Die bequeme Wahrheit des Chefredakteurs
Es war ein bemerkenswerter Auftritt, den Marcus Bornheim, Erster Chefredakteur von “ARD-aktuell”, kürzlich auf dem YouTube-Kanal der “Tagesschau” hinlegte: “Die Politik darf hier überhaupt nicht mitreden”, verkündete er selbstbewusst und behauptete ironiefrei, der öffentlich-rechtliche Rundfunk sei “staatsfern organisiert”. Man lasse sich “von niemandem reinreden”. Dass die Kommentarspalte unter seinem Video kurz darauf vorsichtshalber deaktiviert wurde, spricht Bände über das Dialogverständnis der Anstalt.
Formal und theoretisch mag Bornheim recht haben: Das Bundeskanzleramt ruft sicher nicht morgens an und diktiert die Themen. Praktisch jedoch sieht die Realität völlig anders aus: Kein Intendant im ÖRR wurde jemals ohne den Segen der regierenden Parteien in den Bundesländern des jeweiligen Sendegebietes ernannt. Einige waren vorher sogar selbst Sprecher der Bundesregierung – wie Ulrich Wilhelm beim “Bayrischen Rundfunk” und Ulrike Demmer beim “Radio Berlin-Brandenburg”.
Die Drehtür zwischen Redaktion und Regierungsbank
Die personellen Verflechtungen zwischen ÖRR und Politik sind erschreckend: Derzeit arbeiten gleich drei Ministeriumssprecher als ehemalige Redakteure des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Und darauf ist man offenbar sogar stolz, wie ein kürzlich entstandenes Foto von Aline Abboud und Sarah Frühauf zeigt. Die beiden posieren lächelnd zusammen, darunter der Kommentar: “Früher gemeinsame TV-Schalten. Jetzt gemeinsame Regierungspressekonferenzen.” Wie lustig.
Beim ZDF-Fernsehrat liegt die Politikerdichte bei über 50 Prozent. Bereits vor elf Jahren sah sich das Bundesverfassungsgericht zu einer Klarstellung veranlasst: Die Staatsferne werde bei dieser Dichte der politischen Kaste kaum gewährleistet, sie sollte auf ein Drittel der Mitglieder begrenzt werden. Passiert ist seither: praktisch nichts.
Der Fall Kailouli: Gebührenzahler und Steuerzahler gleichzeitig zur Kasse gebeten
Nochmals zum Fall Nadia Kailouli, weil dieser besonders brisant ist. Schon vor zwei Jahren wurde sie dafür kritisiert, einerseits als Reporterin für ÖRR-Formate wie “Panorama” und „STRG_F“ zu arbeiten sowie außerdem das “Mittagsmagazin” der ARD zu moderieren – andererseits aber auch als Moderatorin durch den Bürgerdialog zum Tag der offenen Tür der Bundesregierung mit dem damaligen Kanzler Olaf Scholz zu führen. Konsequenzen? Fehlanzeige. Im Gegenteil: Kailouli wurde daraufhin sogar zur Moderatorin von “Report aus Mainz” befördert.
Gleichzeitig arbeitet sie weiterhin für die Bundesregierung: Seit zwei Jahren moderiert sie den Podcast „Einbiszwei„, der von der Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung betrieben wird. Die bisherigen 70 Folgen haben den Steuerzahler stolze 608.000 Euro gekostet. Wie viel davon an die Moderatorin geflossen ist, will das Ministerium nicht verraten – “aus Datenschutzgründen”.
Professorin ohne Abitur
Als wäre das nicht genug, hat Kailouli auch noch, wie erwähnt, ein drittes Standbein als Hochschullehrerin: Sie wurde 2022 zur Professorin der Hochschule für Fernsehen berufen – und das, obwohl sie weder Abitur noch ein abgeschlossenes Studium vorweisen kann. Die Hochschule wird aus Mitteln des Freistaates Bayern mit Steuergeldern finanziert. Kailloulis W-Professur zu 50 Prozent bringt ihr zwischen 35.000 und 55.000 Euro im Jahr ein.
“Für mich ist der Eindruck beim Publikum entscheidend. Gerade weil der ÖRR so in der Kritik steht, bedeutet eine verantwortungsvolle Berufsausübung, diesen Kontext zu kennen und sein Verhalten danach auszurichten.” So höflich formuliert es Volker Lilienthal, Professor für Qualitätsjournalismus an der Universität Hamburg. Er spricht von einer “Distanznorm”, die einzuhalten sei, da der Journalist sonst seine “Wächterfunktion nicht wahrnehmen” könne.
Ein System mit Tradition
Kailouli steht dabei keineswegs allein. Sie hat lediglich getan, was Klaus Kleber, Linda Zervakis, Petra Gerster, Peter Hahne, Tom Buhrow, Johannes B. Kerner und Anja Kohl vor ihr gemacht (und vorgemacht) haben: Geld sowohl von der Regierung als auch vom Gebührenzahler zu nehmen. Auf eine Anfrage der AfD hin erklärte die Bundesregierung, an ÖRR-Journalisten zwischen 2018 und 2022 für Veranstaltungen der Regierung 875.000 Euro Honorar gezahlt
Die Übergänge sind fließend und die Grenzen verschwimmen dabei vollends: Judith Rakers moderierte sogar mittags die Verleihung des “Deutschen Umweltpreises” – und las am selben Tag die Meldung dazu in der “Tagesschau” um 20 Uhr vor. Von irgendeiner journalistischen Restdistanz kann hier wohl kaum noch die Rede sein.
Die Wagenburg-Mentalität des ÖRR
Selbst langjährige Unterstützer des öffentlich-rechtlichen Systems zeigen sich mittlerweile fassungslos. Jule und Sascha Lobo, die lange für öffentlich-rechtliche Sender gearbeitet haben, erklären in ihrem Podcast “Feel the News”, mittlerweile Gegner der ARD zu sein. Viele Redakteure würden sich dort als das “Korrektiv der Gesellschaft” verstehen und hätten eine “moralische Perspektive auf die Welt”.
Es sei eine eigene Form von “Wir sind richtig, wir sind auf einer Mission”, so Lobo, der weiter moniert, dass viele Redakteure der ARD mittlerweile “ideologisch verbohrt” und “null gesprächsbereit” seien. Lobo kann diesbezüglich als unverdächtige Quelle gelten, er kennt das Milieu, über das er redet.
Das Vertrauen erodiert – aus gutem Grund
Die Zahlen zum (noch) verbliebenen Vertrauen in den ÖRR schwanken je nach Auftraggeber der Studie erheblich. Während eine vom “Westdeutschen Rundfunk” bei dimap in Auftrag gegebene Studie 77 Prozent Vertrauen ins Radio und 71 Prozent ins Fernsehen des ÖRR ermittelt, kommt das private Schweizer Unternehmen Media Tenor International auf lediglich 31 Prozent. Die Diskrepanz legt nahe, dass es sich bei der WDR-Erhebung um eine Gefälligkeitsstudie handelt.
Wie dem auch sei, Fakt ist: Das Vertrauen erodiert – und Fälle wie der von Nadia Kailouli zeigen, warum. Die fehlende Abgrenzung zur Politik ist kein Versehen, sondern hat System. Solange Journalisten ungestraft zwischen Redaktionsstuhl und Regierungsbank wechseln können und Moderatoren gleichzeitig von Gebührenzahlern und Steuerzahlern alimentiert werden, solange bleibt die viel beschworene “Staatsferne” des ÖRR nichts weiter als ein Desiderat und eine fromme Legende.
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