Meinung

Die vergessenen Christen

Die vergessenen Christen

Während man in vielen deutschen Kirchen über Probleme des linken Zeitgeists predigt, leiden 365 Millionen Christen weltweit unter Verfolgung – aber sie sind hierzulande vergessen. Doch an sie sollten wir an diesem Ostersonntag denken.

von Henry Albrecht

s ist Ostern, der wichtigste christliche Feiertag. Im öffentlichen Leben spielt das allerdings kaum mehr eine herausragende Rolle. Dass immer mehr Deutsche christliche Traditionen zunehmend aus ihrem Leben streichen, ist traurig – aber nicht völlig unverständlich. Während immer mehr Kirchen in Deutschland sich einem linken Zeitgeist unterwerfen, kämpfen 365 Millionen Christen weltweit täglich mit Verfolgung, Mord, Folter und Gewalt. Christen sind nach wie vor die am meisten verfolgte Religionsgemeinschaft der Welt. Dieser Umstand findet in Deutschland keine Beachtung. Weder von den Kirchen, noch von der Politik.

Dabei haben bei der Vereidigung der aktuellen Bundesregierung 9 der 17 Kabinettsmitglieder den Eid mit den Worten „So wahr mir Gott helfe“ geschworen – unter anderem Bundeskanzler Scholz (SPD), Innenministerin Faeser (SPD), Außenministerin Baerbock (Grüne) und Finanzminister Lindner (FDP). Bislang äußerte sich kaum einer von Ihnen zur Verfolgung der Christen weltweit. Nichteinmal nach dem schockierenden Anschlag auf eine katholische Kirche in Istanbul vor wenigen Monaten gab es ein Statement von etwa Außenministerin Baerbock oder Kanzler Scholz.

Auch immer mehr Kirchen scheinen leider den Bezug zu den verfolgten Christen verloren zu haben. Statt der Unterstützung für die Millionen Brüder und Schwestern im Glauben interessieren sich die Kirchen für den Zeitgeist – dies gilt vielerorts sowohl für Protestanten als auch Katholiken. So findet man an Kirchen LGBT-Flaggen oder es gehen Predigten fließend in Klima-Aktivismus über.

Bezeichnend dafür war die Predigt während des Abschlussgottesdienstes des Kirchentags 2023. Der ostfriesische Pastor Quinton Ceasar predigte: „Jetzt ist die Zeit, zu sagen: Wir sind alle die Letzte Generation. Jetzt ist die Zeit, zu sagen: Black Lives Always Matter. Jetzt ist die Zeit zu sagen: Gott ist Queer. Jetzt ist die Zeit, zu sagen: We leave no one to die. Und jetzt ist wieder zu sagen: Wir schicken ein Schiff und noch viel mehr. Wir empfangen Menschen an sicheren Häfen“.

Dieser Realitätsverlust ist es auch, der die Gläubigen von der Kirche wegzieht. Seit den siebziger Jahren führt die EKD alle zehn Jahre die Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung durch. Zum ersten Mal beteiligte sich nun auch die Katholische Bischofskonferenz an dieser Befragung. Die Umfrage ergab ein Schockergebnis: Nur noch 13 Prozent der Bevölkerung verstehen sich als „kirchlich-religiös“. Fast die Hälfte denkt über einen Kirchenaustritt nach – sowohl bei Katholiken als auch bei Protestanten.

Persönlich kann ich mich nicht erinnern, wann ich in einer Predigt, dass letzte Mal etwas über die weltweite Christenverfolgung gehört habe. Nur hin und wieder werden die Millionen Menschen in Bittgebeten oder Spendenaufrufen erwähnt, mehr aber auch nicht. Es ist schlichtweg feige, dass sich die Kirche für alles einsetzt – nur nicht für die verfolgten Glaubensbrüder und Schwestern.

Die vergessenen Christen

Christen bleiben auch im Jahr 2024 die meist verfolgte Religionsgemeinschaft der Welt. Im Ende Januar veröffentlichten jährlichen Weltverfolgungsindex von Open Doors ist die Rede von „entfesselter Gewalt gegen Christen“. Der Bericht über die Christenverfolgung für den Zeitraum vom 1. Oktober 2022 bis zum 30. September 2023 erklärt Nordkorea als das Land mit der intensivsten Verfolgung von Christen, gefolgt von Somalia, Libyen, Eritrea, Jemen, Nigeria, Pakistan, Sudan, Iran und Afghanistan, während die bevölkerungsreichsten Länder der Welt, Indien und China, auf den Plätzen 11 und 19 rangieren.

Open Doors verzeichnet weltweit jährlich zuletzt 4.998 aufgrund ihrer Glaubensausübung ermordete Christen, wobei aufgrund von Dokumentationsschwierigkeiten in Konfliktregionen eine erhebliche Dunkelziffer anzunehmen ist. Allein in Nigeria wurden 4.118 Morde verzeichnet. Auffallend ist auch der Anstieg von physischer Gewalt und Todesdrohungen gegen Christen von 29.411 im Vorjahr auf 42.849, sowie ein sprunghafter Anstieg von Angriffen auf christliche Haushalte um 371 Prozent auf 21.431. Insgesamt sind 365 Millionen Christen in 78 Ländern Verfolgungen ausgesetzt, besonders in Subsahara-Afrika, wo die Mehrheit der Morde stattfindet.

In Äthiopien, Burkina Faso und der Zentralafrikanischen Republik eskalieren Angriffe auf christliche Einrichtungen und Eigentum. Das Regime der kommunistischen Partei in China lässt reihenweise Kirchen schließen und zerstören, während in Nicaragua und Kuba die kommunistischen Regierungen Kirchenmitglieder verhaften oder den Zugang zu Gottesdiensten verwehren. Die Situation ist durch eine dramatische Zunahme der Vertreibung von Christen gekennzeichnet, mit mehr als einer Verdoppelung der Flüchtlingszahlen auf 278.716. Nigeria, Äthiopien, Burkina Faso und die Zentralafrikanische Republik melden erschreckende Zunahmen von Gewaltakten gegen Christen.

Wir sprechen in deutschen Kirchen zu wenig über diese elementaren Dinge und zu viel über den sinnlosen Zeitgeist. Während Sie und ich unbehelligt in die Kirche gehen können, können diese Millionen Menschen es eben nicht. Es ist Zeit, die verfolgten Christen, die in manchen Fällen das Christentum länger als wir Deutschen in ihren Kulturen verankert haben, wieder in den Fokus der Kirche zu stellen. Sie sollten wir dieses Jahr einmal mehr in unsere Gedanken nehmen. Ihnen und ihren Familien ein gesegnetes Osterfest!

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