Dagegen ist sogar Kiesewetter noch harmlos: Das hochkompetente Antlitz der CDU-Außen- und Sicherheitspolitik, der hessische Hinterbänkler Jürgen Hardt, fordert “zur Not den Abschuss” von russischen Jets und plappert uns damit direkt in den Dritten Weltkrieg.
von Daniel Matissek
Einst waren Deeskalation und unbedingte Dialogbereitschaft in Echzeit der Schlüssel zum anhaltenden Frieden. Selbst in Zeiten der schlimmsten nuklearen Bedrohungpotenziale zwischen den Supermächten bestand doch immer ein direkter Draht, und der beiderseitige, stets rückversicherte Wille zum Austausch und zur Konfliktvermeidung stand über allem. Das hat die Menschheit drei Generationen vor einem Großkonflikt bewahrt. Davon ist inzwischen nichts mehr übrig geblieben, seit die NATO in ihrer sklavischen Selbstankettung und Proxy-Verbrüderung mit ausgerechnet der Ukraine, diesem korruptesten Regime Europas, das unsere “Freiheit” sichern soll, einen blindwütigen und völlig geisteskranken Eskalationskurs gegen die Atommacht Russland fährt. Der dekadente und taumelnde Westen ist friedensmüde geworden und es scheint wirklich etwas dran zu sein: Je länger die jeweils letzten großen Waffengänge zurückliegen, je mehr mahnende Stimmen von Zeitgenossen mit persönlichen Kriegserfahrungen durch deren unvermeidliches Aussterben verstummen, umso mehr erheben wieder kriegsgeile Borniertheit und blindwütiges Säbelrasseln bei gleichzeitiger Verdammung jedweder realistischen Folgenabschätzung ihr hässliches Haupt.
Immer unfähiger, dummdreister und nassforscher werden die Parolen. In völliger Verkennung der tatsächlichen militärischen Kräfteverhältnisse und der eigenen globalen Relevanz beerdigen die einstigen europäischen “Friedensmächte”, verhöhnen dabei jene, die sich an Vehandlungslösungen versuchen (so wie beim Trump-Putin-Gipfel geschehen) und drehen lustvoll weiter an der Eskalationsspirale – so lange, bis es wieder mal kein Zurück mehr gibt. 1914 liegt lange zurück – zu lange. Und so, in der kultur- und epochenübergreifenden Rückschau, liefern nun auch die so universalsensiblen, aufgeklärten und scheinzivilisierten Europäer den nächsten Beweis, dass die Menschheit aus Kriegen, Tod und Leid grundsätzlich nicht zu lernen imstande ist und jeder Rückfall in Barbarei und Vernichtung früher oder später unvermeidlich ist, fast schon im schicksalhaften Sinne einer Spengler’schen zyklischen Bestimmung: Früher oder später treten immer wieder dieselben moralischen Überhöhungen und Gut-Böse-Denkmuster zutage, erklimmen kompromisslose Porzellanzertrümmerer und Maulhelden das politische Parkett, gießen Öl ins Feuer und machen die vormalige Staatskunst der Diplomatie zur Makulatur. Es scheint ein historischer Automatismus – und so sehen wir nun überall im Westen seine Auswüchse.
Gute Chancen auf den Darwin-Award
Das gilt insbesondere für Deutschland, wo allein auf billige Zustimmung und Effekthascherei bedachte intellektfreie und uncharismatische Polit-Hinterbänkler und Systemlinge aus schieren Selbstprofilierungsgründen und für den billigen Applaus ihrer ÖRR-gehirngewaschenen und propagandaverhetzten Anhängerschaft mittlerweile ganz Ungeheuerliches vom Stapel lassen und Sätze äußern, die keinem einzigen früheren deutschen BRD-Politiker, der auch nur einen Funken Verantwortungsgefühl, Risikobewusstsein und Anstand besaß, je über die Lippen gekommen wären. Vor allem in der Union finden sich diese Provinz-Profilneurotiker und Maulhelden. Nach den Anti-Putin-Sottisen von Norbert Röttgen oder den Entgleisungen von Roderich “Der Krieg muss nach Russland getragen werden” Kiesewetter, die – damals noch in der Scheinopposition – sogar den Stilblüten der dilettierenden Außenministerin Annalena Baerbock (“We are fighting a war against Russia”) den Rang abliefen, scheint nun ein neuer Polarstern am Horizont der kompletten außenpolitischen Idiotie auf, der gute Chancen auf den Darwin-Award als suizidaler Kriegshetzer hält: In Zeiten, in denen der Ukraine-Krieg bereits unermessliches Leid verursacht, ist es nun der CDU-Bundestagsabgeordnete Jürgen Hardt, der beweist, wie verantwortungslos die deutsche Regierungspartei CDU unter Lügen-Merz agiert. Als Reaktion auf eine angebliche Verletzung des NATO-Luftraums durch russische Flugzeuge fordert Hardt, der Volkswirt aus Hessen, der neuerdings als “Außenexperte” auftritt, allen Ernstes den Abschuss von russischen Jets.
Unter normalen Umständen würde ein Bundeskanzler jeden Politiker, der in einer so sensiblen Krisenlage derart brandgefährliche Sprüche klopft, sofort politisch erledigen und das außenpolitische Heft des Handelns sogleich demonstrativ ergreifen, um weiteren Schaden abzuwenden und die Gemüter zu beruhigen. Doch statt den Konflikt durch Diplomatie zu entschärfen, erfährt Hardt von breiten Teilen seiner Partei Zuspruch – ebenso wie von einer medial gegen Russland heillos aufgewiegelten Öffentlichkeit. Solch ein Wahnsinn kommt an, obwohl die dadurch massiv gesteigerte Gefahr, Europa in einen nuklearen Strudel zu reißen, das genaue Gegenteil des beeidigten Postulats darstellt, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden. Denn was hier nach “harter Haltung” und “Konsequenz” klingt, ist pure Provokation und stößt direkt das Tor zur Hölle auf.
Der nächste Hoax?
Abgesehen davon, dass es während des gesamten kalten Krieges immer wieder territoriale Verletzungen der See- und Lufthoheit zwischen den Mächten gab und Irritationen sogleich anschließend diplomatisch-geräuschlos beigelegt wurden, während man sie jetzt geradezu zum casus belli hochjazzt: Es ist mehr als zweifelhaft, ob hier wirklich eine Luftraumverletzung stattfand. Russland dementiert diese, und nachdem sich die angeblichen “russischen Provokationen” der letzten drei Wochen – zuerst der angebliche Störsender-Angriff auf ein EU-Flugzeug mit von der Leyen an Bord, dann der behauptete Drohnenangriff in Polen – als haltloser Hoax erwiesen haben, ist es allemal wahrscheinlicher, dass dies der nächste Versuch ist, dem Schauermärchen vom geplanten Russen-Harakiriangriff auf Europa und die NATO irgendeine Glaubwürdigkeit einzuhauchen. Je weniger die Realität sowohl auf dem ukrainischen Kriegsschauplatz als auch hinsichtlich hinsichtlich der Putin’schen Eroberungspläne mit der westlichen Panikmache in Deckung zu bringen ist, umso mehr drehen die Kriegstreiber am Rad. Hardt und seine CDU-Kollegen, eng verstrickt mit der transatlantischen Hardliner-Front, priorisieren Symbolpolitik über Vernunft. Brandt, Schmidt, Kohl – sie alle würden im Grab rotieren: Statt Verhandlungen in Genf oder Istanbul zu fordern – wie es die UNO und sogar Teile der EU propagieren –, setzen sie auf Aufrüstung und Konfrontation. Das ist nicht nur feige, sondern kriminell naiv.
Wären solche Gestalten während der Kubakrise 1962 oder der Able-Archer-Eskalation 1983 am Drücker gewesen, gäbe es uns alle längst nicht mehr. Damals rettete Diplomatie die Welt vor dem Atombrand, und heute schwafeln beleibte CDU-Wohlstandssesselfurzer vom Abschuss von Kampfjets und “harter Linie”. Ganz egal, auf welcher Seite man hier steht und welche Moral man gepachtet zu haben glaubt: Es baucht endlich Realitätssinn und Beschwichtigung statt ständiges Hocheskalieren – und dafür haben wir die genau falschen Politiker am Ruder. Ironischerweise muss man heute beten und darauf vertrauen, dass wenigstens Trump und der vermaledeite Putin einen kühlen Kopf bewahren und weltpolitische Verantwortung zeigen – und die europäischen Geisterfahrer vor sich selbst retten, deren politische Totalausfälle weder Besonnenheit noch Ausgleich kennen und sich stattdessen um Kopf und Kragen reden. Krieg ist kein Videospiel. Da wir weiterhin Zeiten einer weiterhin existierenden nuklearen Bedrohung (auch wenn diese inzwischen völlig ausgeblendet oder zur scheinbaren quantité négligeable herunterverspottet wird) könnte jeder Fehler der letzte sein. Das ist vielleicht der einzige Trost, frei nach einem Zitat aus dem Hollywood-Film “Einsame Entscheidung”: Wenn sie Scheiße bauen, werden wir es nie mehr erfahren.
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