Deutschland

Bundesregierung holt Afghanen aus Pakistan

Bundesregierung holt Afghanen aus Pakistan
Afghanische Flüchtlinge nahe der pakistanisch-afghanischen Grenze.

Am Donnerstag sind 188 Afghanen in Leipzig gelandet. Unserer Redaktion liegen Informationen vor, dass im kommenden Jahr weitere voll besetzte Charterflüge folgen werden.

von Maximilian Beer

Rund 1000 pro Monat, so viele Afghanen wollte die Ampel-Regierung über ein „Bundesaufnahmeprogramm“ (BAP) nach Deutschland holen. Gedacht ist es für besonders schutzbedürftige Menschen aus Afghanistan, also etwa für Aktivisten, Journalisten und ehemalige Ortskräfte, die nach der Machtübernahme der Taliban im August 2021 um ihr Leben fürchten müssen.

Insgesamt sollten auf diese Weise bis zur kommenden Bundestagswahl Tausende Afghanen nach Deutschland kommen. Doch das Vorhaben stockt, zwischenzeitlich wurde es vom Auswärtigen Amt wegen Missbrauchsvorwürfen pausiert. Bis Mitte November waren lediglich 13 Menschen über das Aufnahmeprogramm eingereist.

Flucht aus Afghanistan: Nächstes Jahr soll es weitere Charterflüge geben

Nun aber sind wieder Afghanen über das BAP nach Deutschland gekommen. Das berichtete zuerst die Deutsche Presse-Agentur (dpa). Demnach hatten sich die Flüchtlinge zuletzt in Pakistan aufgehalten. Das Flugzeug sollte am Donnerstagabend in Leipzig landen.

Wie die dpa berichtet, warteten nach Angaben der Bundesregierung Ende November rund 11.500 Menschen aus Afghanistan mit einer Aufnahmezusage auf die Ausreise nach Deutschland. Davon befanden sich demnach etwa 3.000 in Pakistan, 300 im Iran und mehr als 8.000 in Afghanistan. Insgesamt hat die deutsche Regierung laut Angaben des Bundesinnenministeriums 44.000 besonders gefährdeten Afghanen und deren berechtigten Familienangehörigen eine Aufnahme in Aussicht gestellt.

Am Donnerstag habe es wieder einen Charterflug mit Afghanen aus dem pakistanischen Islamabad nach Deutschland gegeben, heißt aus dem Auswärtigen Amt gegenüber der Berliner Zeitung. Die Gruppe setze sich aus Personen aus Aufnahmeverfahren für besonders gefährdete Gruppen aus Afghanistan – wie etwa dem Bundesaufnahmeprogramm – oder dem gesonderten Ortskräfteverfahren zusammen.

Die Aufnahmeverfahren aus Afghanistan würden fortgesetzt, heißt es. Wie die Berliner Zeitung erfuhr, sind für das kommende Jahr weitere Charterflüge in Vorbereitung.

„Sicherheit hat bei den Ausreiseprozessen oberste Priorität“, heißt aus dem Ministerium bezüglich der Auswahl von schutzbedürftigen Flüchtlingen. „Zugleich ist sich die Bundesregierung aber natürlich auch der Bedrohungslagen bewusst, in denen sich die Aufnahmesuchenden befinden.“ Demnach werden die Prozesse weiterhin verbessert, im Vorfeld der Ausreisen fänden zusätzlich zum Visumverfahren weitere Befragungen statt.

Unklar ist, wo die 188 Afghanen aus Islamabad künftig unterkommen werden. Aus dem Auswärtigen Amt waren dazu keine Informationen zu erfahren. Es liegt nahe, dass die Schutzsuchenden auf die Bundesländer verteilt werden.

CDU-Politiker Throm: Das Aufnahmeprogramm muss gestoppt werden

Dass das Aufnahmeprogramm überhaupt noch läuft, stößt in Teilen der Opposition auf Kritik. „Das Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan muss sofort gestoppt werden“, sagt der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Alexander Throm (CDU), der Berliner Zeitung. „Deutschland hat über 300.000 Asylanträge in den ersten elf Monaten dieses Jahres zu bewältigen, und gleichzeitig fliegt die Ampel weiter Personen aus Afghanistan ein, die ohne jeden Bezug zu Deutschland sind.“

Insgesamt wurden laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) in diesem Jahr knapp 305.000 Erstanträge auf Asyl gestellt. Das sind mehr als doppelt so viele wie im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Hauptherkunftsstaaten der Schutzsuchenden waren demnach Syrien, die Türkei und Afghanistan.

Ganz offenbar, so Throm, nehme die Regierung kaum noch wahr, wie sehr die Kommunen unter der Migrationskrise litten. „Anders lässt sich auch nicht erklären, warum die SPD auf ihrem Parteitag ernsthaft über eine Ausweitung des Familiennachzugs zu subsidiär Schutzberechtigten beraten will“, sagt der CDU-Politiker. „Anstatt den irregulären Zuzug nach Deutschland einzudämmen, sendet die Ampel das Signal für noch mehr Asyl-Zuwanderung in die Welt.“

Bereits im September hatte die Unionsfraktion die Regierung aufgefordert, alle Bundesaufnahmeprogramme zu stoppen. Ein entsprechender Passus findet sich in ihrem Antrag für einen „Deutschland-Pakt in der Migrationspolitik“. Auch das Programm Afghanistan müsse eingestellt werden, sofern es über die Aufnahme von Ortskräften hinausgehe, die in Afghanistan für Deutschland im Einsatz waren.

Anders als CDU und CSU kritisiert die Linke, dass bislang nur wenige Afghanen über das Programm aufgenommen wurden. Am Donnerstag, bevor der Flug aus Pakistan über die Deutsche Presse-Agentur öffentlich wurde, teilte die Abgeordnete Clara Bünger mit: „Es ist höchste Zeit, dass die Bundesregierung ihren großen Versprechungen gegenüber gefährdeten Afghan*innen endlich Taten folgen lässt.“

Mit Blick auf die bis dahin 13 eingereisten Afghanen sprach Bünger von einer „unterirdischen Bilanz“. Zahlreiche Menschen, die jetzt in Deutschland sein könnten, seien in Afghanistan gestorben.

Retten Sie das Meinungsklima!

Ihnen gefallen unsere Inhalte? Zeigen Sie Ihre Wertschätzung. Mit Ihrer Spende von heute, ermöglichen Sie unsere investigative Arbeit von morgen: Unabhängig, kritisch und ausschließlich dem Leser verpflichtet. Unterstützen Sie jetzt ehrlichen Journalismus mit einem Betrag Ihrer Wahl!

🤝 Jetzt Spenden

Neu: Folge uns auf GETTR!

GETTR – 100% Meinungsfreiheit! zensurfrei · unabhängig · zuverlässig
Teilen via