Deutschland

Schauprozess nach 9 Monaten U-Haft: Anklage gegen Querdenken-Gründer

Schauprozess nach 9 Monaten U-Haft: Anklage gegen Querdenken-Gründer
Querdenken-Gründer Michael Ballweg

Seit letzten Sommer schmort Michael Ballweg in Untersuchungshaft in der JVA Stammheim. Obwohl sich der ursprüngliche Tatvorwurf des vollendeten Spendenbetrugs nicht halten ließ, hat die Staatsanwaltschaft Stuttgart nun Anklage gegen den Gründer der Querdenken-Bewegung erhoben.

von Simone Schamann

Seit 29.06.2022 sitzt Querdenken-Gründer Michael Ballweg in U-Haft in Stuttgart Stammheim. Ursprünglich hatte die ermittelnde Staatsanwältin Dr. Gräfe dem IT-Unternehmer vorgeworfen, 640.000 Euro Spendengelder, die Ballweg während der Coronakrise für Demos der Querdenken-Bewegung gesammelt hatte, für private Zwecke verwendet zu haben. Der Tatvorwurf wurde laut Ballwegs Anwälten inzwischen auf ein 146.000 Euro-Darlehen für eigene Zwecke und versuchten statt vollendeten Spendenbetrug heruntergekocht.

Anklage: Genauer Vorwurf noch unklar

Nach ungewöhnlich langer U-Haft, die zuletzt nicht nur Ballweg-Anhänger hinterfragt hatten, hat die Stuttgarter Staatsanwaltschaft am Montag nun Anklage gegen den Querdenken-Gründer erhoben, wie „Achtung, Reichelt!“ exklusiv von seinen Anwälten erfuhr.

„Wir wissen noch nicht auf welchen Vorwurf die Anklage genau lautet“, sagte Rechtsanwalt Dr. Alexander Christ, Sprecher des Juristenteams um Ballweg gegenüber „Achtung, Reichelt!“. Am frühen Montagabend sei der für Donnerstag angesetzte dritte Haftprüfungstermin vor dem Amtsgericht Stuttgart mit der Begründung, die Staatsanwaltschaft habe Anklage zum Landgericht erhoben, kurzfristig abgesagt worden. „Mehr wissen wir auch noch nicht“, so Anwalt Christ. Man warte nun auf die Anklageschrift, werde diese genau prüfen und umgehend Stellung nehmen. „Im nächsten Schritt wird das Landgericht entscheiden, ob es die Anklage gegen unseren Mandanten zulässt.“

Ballwegs Anwälte: Es ist ein politisches Verfahren

Ballwegs Anwälte hatten der ermittelnden Staatsanwältin Dr. Gräfe mehrfach schleppende Ermittlungen vorgeworfen, mit einer Beschwerde wegen Ballwegs andauernder Untersuchungshaft war man beim Bundesverfassungsgericht zuletzt aber vorläufig abgeblitzt. Anfang des Jahres hatte das Oberlandesgericht Stuttgart entschieden, dass der 48-Jährige auch über die Frist von einem halben Jahr wegen Fluchtgefahr in Untersuchungshaft bleiben muss.

Aus Sicht seiner Verteidiger handelt es sich bei Ballweg um einen politischen Gefangenen. „Die Vorwürfe gegenüber unserem Mandanten waren von Anfang haltlos“, so Rechtsanwalt Christ gegenüber „Achtung, Reichelt!“. „Es war zu keinem Zeitpunkt ein faires Verfahren.“ Mit Ballwegs Verhaftung habe man ein Exempel, wie mit einflussreichen Maßnahmen-Kritikern zu verfahren ist, statuieren wollen.

In zahlreichen öffentlichen Statements hatte das Verteidigerteam Ballwegs immer wieder auf Ungereimtheiten im Ermittlungsverfahren hingewiesen und betont, dass die Vorwürfe gegenüber Ballweg aus Sicht seiner Anwälte konstruiert seien. Nach der Befragung von knapp 1000 Zeugen habe die Stuttgarter Justiz bereits im November 2022 eingeräumt, dass der Unternehmer Spenden, die er für Querdenken erhalten hatte, nicht für sich selbst ausgegeben hat.

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