Milliardäre wie Elon Musk, Richard Branson und Jeff Bezos läuten eine neue Ära in der Raumfahrt ein, während Europa seine Vormachtstellung auf diesem Gebiet längst verloren hat. Auch in Deutschland verschläft man die Entwicklung.
von Sven Reuth
Die Festung Europa ist schon seit fast einem halben Jahrhundert zur Realität geworden – und zwar mitten im südamerikanischen Regenwald. Palmen, Peugeots und Papayas prägen die Überseeregion Französisch-Guayana. Mehr als 90 Prozent des Landes sind mit einem der artenreichsten Tropenwälder der Welt bedeckt, in dem sich Pumas, Jaguare und Anakondas, die größten Schlangen der Welt, tummeln. Doch an einer Stelle der Atlantikküste des Département d‘outre-mer ragen wie in einem Film von George Lucas Türme und riesige Hallen aus dem dichten Dschungel. Dort befindet sich auf einer Fläche, die etwa jener Hamburgs entspricht, der Weltraumbahnhof Kourou.
«Der Leonardo da Vinci des 21. Jahrhunderts.» Biograf über Elon Musk
Ausgerechnet an diesem gottverlassenen Fleckchen Erde hat Europa, schwer bewacht von den stahlharten Kämpfern der französischen Fremdenlegion, eine seiner ganz großen Erfolgsgeschichten geschrieben, die 1975 mit der Gründung der Weltraumorganisation ESA begann. Schon vier Jahre später, am Heiligabend 1979, hob auf dem etwa 60 Kilometer von der Hauptstadt Cayenne entfernten Areal die erste Trägerrakete vom Typ Ariane ab. Multinationale Unternehmen wie Arianespace oder Airbus lehrten ihre globalen Wettbewerber fortan das Fürchten und sicherten sich immer größere Marktanteile, beispielsweise im damals stark wachsenden Geschäft mit dem Transport von Satelliten. Das lag zum einen an der technologischen Vormachtstellung, die man sich in immer mehr Bereichen erarbeitete, zum anderen aber auch an der Lage von Kourou. Die Stadt ist nämlich nur gut 500 Kilometer vom Äquator entfernt, was den von dort aus startenden Raketen wegen der Erdrotation einen mächtigen Schub verleiht und sie somit zur Aufnahme hoher Nutzlasten befähigt. Seit 2011 starten sogar russische Sojus-Raketen, deren Vergangenheit weit in sowjetische Zeiten zurückreicht, vom Centre Spatial Guyanais aus.
Musk strebt zum Mars
Allerdings ist die europäische Dominanz in der Raumfahrt längst Geschichte. Grund dafür ist das Engagement eines Mannes, der schon die Automobilindustrie aufgemischt hat – nämlich Elon Musk: Unternehmerikone, Technikvisionär, für viele schlicht der «Leonardo da Vinci des 21. Jahrhunderts», wie ihn einer seiner Biografen nannte. Der gebürtige Südafrikaner hatte 2002 mit 100 Millionen Dollar aus seinem Privatvermögen die Firma SpaceX gegründet, deren Grundidee darin besteht, wiederverwendbare Flugkörper zu entwickeln, die große Ladungen ins All befördern können. So soll eines Tages eine bemannte Mission zum Mars und sogar seine Besiedlung ermöglicht werden. Zwar explodierten die ersten drei von SpaceX gebauten Raketen, was seinerzeit einen großen Teil des Vermögens von Musk aufzehrte, das er zuvor als IT-Unternehmer im Silicon Valley mit seinen Unternehmen Zip2 und Paypal erwirtschaftet hatte. Doch im September 2008 erreichte die Falcon 1 als erste ausschließlich privat finanzierte und mit Nutzlasten beladene Rakete den Orbit. Wenige Monate später bekam das Technikwunderkind von der amerikanischen Weltraumbehörde NASA einen Auftrag über 1,6 Milliarden US-Dollar für zwölf Versorgungstransporte zur Internationalen Raumstation ISS. Weltweit liegen mittlerweile zwei Drittel aller zivilen Raumfahrtmissionen in der Hand von SpaceX – und Musk arbeitet gerade daran, auch noch die militärische Raumfahrt zu übernehmen. Insider berichten, dass das nicht börsennotierte Unternehmen schon jetzt eine Goldgrube sei.
Amazon-Gründer Jeff Bezos will Industrie und Energieerzeugung ins All verlegen.
Der Erfolg hat drei entscheidende Faktoren. Da ist zum einen die Persönlichkeit von Musk, der seit Jahrzehnten keinen Urlaub mehr gemacht hat und 120 Stunden in der Woche für seine beiden Unternehmen Tesla und SpaceX arbeitet. Da ist zum anderen der epochale Durchbruch, den der 1971 in Pretoria geborene Unternehmer am 21. Dezember 2015 in Cape Canaveral feiern konnte, als eine seiner Falcons Satelliten in den Weltraum brachte, um dann punktgenau und unbeschadet wieder am Startort in Florida zu landen. Die Wiederverwendbarkeit von Raketen gilt als einer der entscheidenden Schlüssel für eine profitable Raumfahrt. Und da ist zum Dritten die Entstehung von New Space, einer von Privatunternehmen dominierte Astronautik, die einen radikalen Bruch mit der staatlich dominierten Raumfahrt darstellt.
Wettrennen der Milliardäre
Der neue Unternehmenssektor basiert auf Technologien wie leistungsfähigen Rechnern, einem breiten Angebot von Spezialsoftware, einer Vielzahl verfügbarer industrieller Bauteile und der Möglichkeit des 3-D-Drucks. So wird auch relativ kleinen Firmen der Markteintritt möglich – die Größe spielt nicht mehr die entscheidende Rolle, sondern der Geist und die Herangehensweise der Gründer. Fast alles scheint mittlerweile in den Bereich des Möglichen zu rücken. Schon lange geistert die Zahl von einer Billion Dollar durch die Szene, die im All zu verdienen wäre. Space Mining – also der Abbau von Rohstoffen auf anderen Planeten – galt noch vor wenigen Jahren als Thema der Science-Fiction-Literatur. Diese Einschätzung hat sich grundlegend geändert, seit Noah Poponak, Raumfahrtanalyst der Investmentbank Goldman Sachs, in einer Studie aus dem Jahr 2017 die Kosten für den Edelmetallabbau auf einem Asteroiden auf unter drei Milliarden US-Dollar schätzte. Das ist eine gewaltige Summe, aber doch sehr viel weniger als etwa die 22 Milliarden Dollar, die Investoren allein für die Taxi-App Uber aufbrachten. Platin ist heute auf der Erde Mangelware, laut Poponaks Analyse ist es aber bereits auf einem Asteroiden von der Größe eines Fußballfeldes so umfangreich vorhanden, dass damit ein Erlös von bis zu 50 Milliarden Dollar erzielt werden könnte.
Der Erfolg hat drei entscheidende Faktoren. Da ist zum einen die Persönlichkeit von Musk, der seit Jahrzehnten keinen Urlaub mehr gemacht hat und 120 Stunden in der Woche für seine beiden Unternehmen Tesla und SpaceX arbeitet. Da ist zum anderen der epochale Durchbruch, den der 1971 in Pretoria geborene Unternehmer am 21. Dezember 2015 in Cape Canaveral feiern konnte, als eine seiner Falcons Satelliten in den Weltraum brachte, um dann punktgenau und unbeschadet wieder am Startort in Florida zu landen. Die Wiederverwendbarkeit von Raketen gilt als einer der entscheidenden Schlüssel für eine profitable Raumfahrt. Und da ist zum Dritten die Entstehung von New Space, einer von Privatunternehmen dominierte Astronautik, die einen radikalen Bruch mit der staatlich dominierten Raumfahrt darstellt.
Wettrennen der Milliardäre
Der neue Unternehmenssektor basiert auf Technologien wie leistungsfähigen Rechnern, einem breiten Angebot von Spezialsoftware, einer Vielzahl verfügbarer industrieller Bauteile und der Möglichkeit des 3-D-Drucks. So wird auch relativ kleinen Firmen der Markteintritt möglich – die Größe spielt nicht mehr die entscheidende Rolle, sondern der Geist und die Herangehensweise der Gründer. Fast alles scheint mittlerweile in den Bereich des Möglichen zu rücken. Schon lange geistert die Zahl von einer Billion Dollar durch die Szene, die im All zu verdienen wäre. Space Mining – also der Abbau von Rohstoffen auf anderen Planeten – galt noch vor wenigen Jahren als Thema der Science-Fiction-Literatur. Diese Einschätzung hat sich grundlegend geändert, seit Noah Poponak, Raumfahrtanalyst der Investmentbank Goldman Sachs, in einer Studie aus dem Jahr 2017 die Kosten für den Edelmetallabbau auf einem Asteroiden auf unter drei Milliarden US-Dollar schätzte. Das ist eine gewaltige Summe, aber doch sehr viel weniger als etwa die 22 Milliarden Dollar, die Investoren allein für die Taxi-App Uber aufbrachten. Platin ist heute auf der Erde Mangelware, laut Poponaks Analyse ist es aber bereits auf einem Asteroiden von der Größe eines Fußballfeldes so umfangreich vorhanden, dass damit ein Erlös von bis zu 50 Milliarden Dollar erzielt werden könnte.
Besuch bei der Mondgöttin
Als am 3. Januar 2019 die nach einer antiken chinesischen Mondgöttin benannte Sonde «Chang’e-4» im Von-Karman-Krater im Aitken-Becken, das auf der erdabgewandten Seite des Mondes in der Nähe des Südpols liegt, weich aufsetzte, da eröffnete sich «ein neues Kapitel in der lunaren Erforschung», wie die Pekinger Weltraumbehörde CNSA mit berechtigtem Stolz erklärte. Es gibt kaum einen besseren Punkt, um hochempfindliche physikalische und astronomische Messungen vorzunehmen, als die Rückseite des Mondes. Das liegt vor allem an der totalen Abwesenheit von jedem irdischen Störlicht sowie von jeder Form von irdischem Funkverkehr. Deshalb gilt die Mondrückseite auch als idealer Standort für Messungen im Rahmen des SETI-Programms zur Suche nach außerirdischen Zivilisationen. Für den Planetenforscher Harald Hiesinger war die Chang’e-4-Mission auch der letzte Beweis dafür, dass die Volksrepublik im Bereich der Mond-Raumfahrt «momentan nicht nur gleichauf mit ESA und NASA, sondern in mancher Hinsicht weit voraus» ist, wie er in einem Interview mit der Neuen Zürcher Zeitung vom 1. Februar dieses Jahres erklärte.
Die Begeisterung in Deutschland fällt leider wesentlich verhaltener aus. Der frühere Airbus-Vorstandsvorsitzende Tom Enders klang in einem Interview mit dem Spiegel im Oktober 2018 fast schon ein wenig resigniert, als er auf die ethische Verantwortung beim Rohstoffabbau auf Asteroiden angesprochen wurde und lakonisch antwortete, dass nur ein deutscher Journalist derartige Fragen stellen könne. «Während andere große Nationen solche Themen angehen und sich anschicken, daraus ein Geschäft zu machen, müssen in Deutschland immer erst Ethikkommissionen eingesetzt werden. Ich kann beim besten Willen nicht erkennen, was daran unethisch sein soll, auf irgendwelchen Felsbrocken, die im Weltall rumtaumeln, Bodenschätze zu nutzen», so der Topmanager. Das von Enders beschriebene Dilemma dürfte sich in Deutschland unter einer von den technik- und innovationsfeindlichen Grünen geführten Regierung nochmals verschärfen. Uns bliebe nur die Rolle des Zuschauers, während anderswo eine neue Epoche der Menschheit eingeläutet wird.
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