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Anfrage enthüllt: 1,5 Millionen für gekaufte Journalisten – auch vom BND

Anfrage enthüllt: 1,5 Millionen für gekaufte Journalisten – auch vom BND
Vom deutschen Staat korrumpiert: Astrid Frohloff, gekaufte Journalistin und Fernsehmoderatorin

Rund 1,5 Millionen Euro für gekaufte Journalisten – das Geld kam auch vom BND. Dies teilte die Bundesregierung auf eine Anfrage der AfD-Bundestagsfraktion mit. Dass der Geheimdienst systematisch Journalisten schmiert, ist spätestens seit den Enthüllungen des langjährigen Redakteurs der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, Udo Ulfkotte, bekannt.

von Marco Gallina

Das Jahr 2022 war ein Schreckensjahr für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Der RBB-Skandal förderte Günstlingswirtschaft, überbordende Honorare und Sondergehälter zutage. Die Affäre Schlesinger wurde zum Sinnbild einer reformbedürftigen Anstalt. Die politisch-moralische Schlagseite, mit der das Gebührenfernsehen seit Jahren durch das Meer der Massenmedien fährt, ist dabei nur ein kleiner Teil im Bilde einer üppig finanzierten Institution, die im Angesicht der eigenen Probleme nur eine Forderung kennt: den Gebührenbetrag neuerlich zu erhöhen und Kritiker als Demokratiefeinde zu denunzieren.

Doch vielleicht könnte das Jahr 2023 das vergangene Jahr noch toppen. Denn eine Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage der AfD enthält Zündstoff. Die ewige Frage, wie staatsfern der ÖRR wirklich ist, stellt sich damit von Neuem. Die Bundestagsfraktion forderte Transparenz bei den Zahlungen der Ministerien an Journalisten. Sie bekam eine Anlage von vier Seiten, die die Ausgaben der letzten fünf Jahre aufschlüsselte. Kostenpunkt insgesamt: rund 1,5 Millionen Euro.

Journalisten auf der Lohnliste des Staates – ein pikantes Thema. Vorab gesagt: Das muss nicht prinzipiell anrüchig sein. Bei einer Diskussionsrunde prominenter Entscheidungsträger einen professionellen Journalisten als Moderator zu verpflichten, kann durchaus sinnvoll sein. Problematisch wird die Sache jedoch dann, wenn solche Situationen systematisch werden. Und wenn sie öffentlich-rechtliche Journalisten betreffen, die nicht nur die eigene Staatsferne betonen, sondern auf denen besondere gesellschaftliche Aufmerksamkeit lastet – und die wiederholt solche Aufträge annehmen.

Von den rund 1,5 Millionen Euro entfallen allein auf das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) rund 200.000 Euro. Es ist damit der Spitzenreiter unter den Ministerien, betrachtet man nur die öffentlich-rechtlichen Journalisten. Es hat zwischen 2018 und 2023 insgesamt 46 Aufträge vergeben – macht im Schnitt rund 4.300 Euro pro Auftrag. Davon profitierten 30 Journalisten. Auffällig ist dabei die Journalistin mit der Nummer 73 (Namen werden von der Bundesregierung aus Datenschutzgründen nicht genannt), die allein acht Aufträge erhielt und für die ARD, den NDR und einmal als „Freie Journalistin“ arbeitet. Genderkorrekt arbeitet die Auskunftstelle nicht – denn alle Personen sind in der männlichen Berufsform „Journalist“ geführt. Dass es sich um eine Frau handelt, verrät sich nur in diesem Detail. Am häufigsten erteilt das Ministerium Journalisten von ARD, WDR und Deutscher Welle den Auftrag.

Weitere 100.000 Euro bezahlte das BMBF für Journalisten privater Medien in 27 Fällen, womit der Auftragswert durchschnittlich niedriger lag (rund 3.700 Euro). Neben der Heise Gruppe und dem Tagesspiegel beauftragte das Ministerium vor allem freie Journalisten für Moderationstätigkeiten.

Nennenswert auch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), das die größten Ausgaben aller Ministerien verzeichnet. Es bezahlte 142.000 Euro an öffentlich-rechtliche und sogar 161.000 Euro an privatrechtliche Journalisten, darunter auffällig viele „freie“ Journalisten. Die Diskrepanz lädt zur Spekulation ein: Fördert das BMEL bevorzugt Aktivisten (die sich oft auch Journalisten nennen)? Eine ganz ähnliche Tendenz lässt sich auch im Umweltministerium und Umweltbundesamt beobachten (BMUV bzw. UBA), die 92.000 Euro für fast durchweg freie Journalisten ausgaben. Dagegen erteilte das BMUV nur zehn Aufträge im Gesamtwert von 21.000 Euro an öffentlich-rechtliche Journalisten, vornehmlich vom ZDF und WDR.

Auch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) fällt mit seiner Bezahlung öffentlich-rechtlicher Journalisten auf. 110.000 Euro blätterte es dafür hin. Empfänger: die ganze Riege von ARD und ZDF über WDR und MDR bis Phoenix. Bei 26 Aufträgen ergibt sich ein Durchschnittssalär von rund 4.200 Euro. Und wie immer: Dieselben anonymen Journalisten erhielten mehrere Aufträge.

Apropos anonyme Journalisten: Obwohl die Aufstellung nach Ministerien nicht nur die Identifikation erschwert, sondern auch die Auswertung, welcher Journalist besonders häufig Aufträge erhalten hat, lassen sich mit etwas Zeitaufwand durchaus einige Profiteure herausfinden. Journalistin 6 (MDR/ZDF) und Journalist 21 (Deutsche Welle) erhielten je 10 Aufträge in fünf Jahren. Journalist 9 (Phoenix/Deutsche Welle) kommt auf 9 Einträge, Journalist 47 (RBB) auf 6 Einträge, Journalist 20 (RBB) und Journalist 49 (ARD/ZDF) immerhin auf je 5 Einträge. Es gibt auch gewisse Muster. So erhielt Journalist 29 (ARD, WDR, SWR) über vier Jahre hinweg 6 Aufträge – alle beim Finanzministerium.

Rund 200 verschiedene Journalistennummern finden sich in der Liste. Bisher bekannter Spitzenreiter ist allerdings Journalist 53 von „FluxFM“. Für diese Stelle sind 15 Einträge verzeichnet. Die auch als „Freie Journalistin“ geführte Person hat im BMBF, BMWK und vor allem im BMEL Aufträge erhalten. In einem Fall ist die Journalistin auch für den RBB geführt. Ähnlich sieht es mit der freien Journalistin 61 aus. Bei ihr stellt das Entwicklungsministerium fest, dass nicht klar war, für wen sie im Arbeitszeitraum arbeitete. Solche Journalisten mit unbekanntem Hintergrund tauchen immer wieder auf.

Das sind nur Ausschnitte eines Mosaiks. Dessen Steine ergeben das Bild von Netzwerken, von Daueraufträgen und Bindungen an bestimmte Ministerien. Sie insinuieren problematische Konstellationen – denkt man nur daran, dass kürzlich ein öffentlich-rechtlicher Journalist noch eine Lobeshymne auf den neuen Verteidigungsminister Pistorius schrieb und wenig später zu dessen Pressesprecher befördert wurde. Gibt es hier Nachwuchsförderung? Geschäftsbeziehungen, die sich später umwandeln lassen? Gelder an Aktivisten über Umwege?

Und vor allem: Entspricht eine solch weitreichende Nebenvergütung von öffentlich-rechtlichen Journalisten durch den Staat wirklich den Grundsätzen des Rundfunks? Genau diese Frage hat auch die AfD in ihrer Anfrage aufgeworfen. Sie fragte, wie die Bundesregierung eine solche Auftragspraxis bewerte, angesichts der Rolle der Presse als „Vierte Gewalt“ im Staat. Darauf gibt die Bundesregierung keine konkrete Antwort. Sie sieht allerdings ihre Pflicht als erfüllt an. Zitat:

Dem benannten Interesse der Fragesteller, ob eine staatliche Einflussnahme auf Journalistinnen und Journalisten durch verdichtete Auftragsvergabe an Individuen auf finanzielle Gefälligkeits- oder Abhängigkeitsmuster hindeuten könnte, wird mit der gewählten Darstellungsform Genüge getan.

In der Tat: Mit dieser Liste hat die Bundesregierung zu der Causa alles gesagt, was sie sagen muss. Wenn es auch eine wenig schmeichelhafte Antwort auf die Frage ist, wie weit Staat und Presse tatsächlich verdrahtet sind.

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