Meinung

Ende eines politischen Kartells

Ende eines politischen Kartells
Deutungshoheit verloren: David Schraven und die von ihm gegründete NGO Correctiv

Ob „rechtsradikale“ Bauernproteste, „Deportationstreffen“ in Potsdam oder das Aiwanger-Flugblatt: Immer weniger Menschen wollen sich von linken Shitstorms treiben lassen. Die Diskurs-Lufthoheit geht verloren.

von Max Roland

Nun hat man über die „Correctiv-Recherche“, die von der Aufmachung ja eher eine Inszenierung ist, seit fast einem Monat lang und breit diskutiert. Etwas Bemerkenswertes jedoch scheinen viel zu wenige so wirklich zu registrieren: Die Reaktion der AfD. Die fällt, gemessen an den Vorwürfen, nämlich außerordentlich gering aus. Kein Wort des Bedauerns, keine Pressesprecher in der Abwehrschlacht gegen die Horror-Vorwürfe wie „Wannseekonferenz 2.0“. Ja: Im Hintergrund wird Weidels persönlicher Referent entlassen. Aber das ist eigentlich auch schon alles. Wie das? Wie kann die AfD einen derart massiven Angriff einfach so abtropfen lassen?

In den jüngsten Umfragen wählt rund jeder fünfte die AfD. Noch vor fünf Jahren hätte ein Hitpiece wie das von Correctiv vermutlich ein vielfaches seiner politischen Vernichtungskraft entfaltet. Gemessen an dem Aufwand, der seit rund einem Monat um die Dämonisierung der AfD und dieses ominösen Treffens betrieben wird, verzeichnet die AfD aktuell lächerlich geringe Verluste. Und vielleicht sogar nur Momentaufnahmen. Die AfD hat eine Stärke aufgebaut, die vorerst zumindest beständig bleiben wird – und das über die bloße Parteipolitik hinaus.

Die Gesellschaft verschiebt sich im Augenblick nach Rechts – und das, obwohl so viele Politiker, Journalisten und die „Zivilgesellschaft“ seit mindestens 10 Jahren eifrig gegen Rechts und Rechtsruck kämpfen. Diese Entwicklung ist offenkundig, aber auch durch Studien wie jüngst eine der Bertelsmann-Stiftung belegt. Die spezielle Milieustudie, über die der Tagesspiegel am Montag berichtete, zeigt einen krassen Vertrauensschwund der Mitte-Links Parteien SPD, Grüne und FDP – fast die Hälfte der Unter- und Mittelschichtler, die 2021 eine der drei Ampel-Parteien gewählt haben, sich inzwischen der Opposition zuwendet. Das bedeutet vor allem: der AfD. Die rechte Partei profitiert massiv von der Ampel-Enttäuschung, fast viermal so viel wie die Union. 

Union wird nicht als echte Opposition wahrgenommen

Die hat ohnehin Schwierigkeiten, von den Wählern als grundsätzliche Ampel-Alternative wahrgenommen zu werden – die Bertelsmann-Studie zumindest hält nur geringe Zugewinne für die Union fest.  Vergleicht man die Umfrageergebnisse der Union (die aktuell vergleichsweise gut dasteht) mit dem Wählerpotenzial und den Wahlergebnissen vergangener Bundestagswahlen, zeigt sich, wie wenig die Christdemokraten von der Ampel-Ablehnung tatsächlich profitieren. Unter Merkel räumte die Union selbst bei ihrer schlechtesten Bundestagswahl noch mehr ab, als Merz und Söder aktuell in den Umfragen prognostiziert werden. 

1,5 Millionen Merkel-Wähler unterstützten 2021 die SPD, 920.000 wählten die Grünen – nahe läge doch, dass diese Menschen im Zweifel wieder zur Union zurückkehren würden. Offenbar tun sie es nicht. Und das liegt vielleicht nicht daran, dass Friedrich Merz oder andere Unionsköpfe zu rechts sind – wo doch die AfD um ein Vielfaches mehr von den vergraulten Ampel-Wählern profitiert. Wahr ist: Mit dem weit verbreiteten Ampel-Frust zeigt sich auch immer mehr ein genereller Parteien-Frust. Profiteur ist die Anti-Partei AfD.

Das ist zumindest einer der Gründe, warum die Partei mittlerweile eine ziemlich solide Basis in den Umfragen aufgebaut hat. Wir sehen die angestachelten Demos mit Hunderttausenden Teilnehmern in ganz Deutschland und erleben die absolute Schärfe des Diskurses gegen AfD und Rechts („AfDler töten“!). Und wie reagiert die AfD selbst? Kaum. Niemand kriecht öffentlich zu Kreuze – was vor wenigen Jahren noch eine Abwehrschlacht von Pressestatements, Rücktritten, Entschuldigungen und Erklärungen des Bedauerns erfordert hätte, wird jetzt in einem neuen Selbstbewusstsein als politisierter Angriff schlicht abgetan. AfD-Vertreter wie der Bundestagsabgeordnete René Springer gehen sogar unmittelbar in die Offensive und unterstreichen ihre Position mit Nachdruck.

Der Einfluss schwindet. Das sieht man am jüngsten „Unwort des Jahres“: Der Versuch, den Begriff „Remigration“ unsagbar zu machen, macht die dahinterstehenden Ideen und Konzepte erst einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Ein Buch des Identitären-Aktivisten Martin Sellner über „Remigration“ erreichte Platz 1 der Amazon-Bestsellerliste. Sellner und seine identitären Freunde nennen sowas einen „metapolitischen Erfolg“. In diesem Fall wahrscheinlich eher einen metapolitischen Riesenerfolg. Und es ist eine gigantische Niederlage für die bisher diskursbestimmenden Kräfte, Personen und Institutionen.

Nicht die Politik leid, sondern das linke Establishment

Was unsagbar sein soll, wird plötzlich zum heißen Kandidaten für den politischen Begriff des Jahres. Das zeigt: Die Mechanismen gesellschaftlicher Macht, die in den letzten Jahren so oft griffen, haben sich abgenutzt. Das Schwert der „Rechtsextrem!“-Empörung ist abgestumpft. Und das liegt vor allem daran, dass immer mehr Menschen dem, was man „Establishment“ nennen kann – die etablierten Parteien und Medien, die sogenannte „Zivilgesellschaft“ et cetera – nichts mehr glauben wollen. Die Akteure der Empörungsmaschinerie haben brutal überreizt und immer mehr Menschen verprellt. Zu oft haben Politiker und Journalisten in den letzten Wochen, Monaten und Jahren aus allen Rohren gegen „Rechts“ gefeuert. Oft haben sie dabei auch mit Kanonen auf Spatzen geschossen und nicht-Ereignisse mit einer Barrage an aufgehetzten Framings aufgeblasen – man denke an die „Wannseekonferenz 2.0“ oder den „Fähr-Angriff auf Robert Habeck“.

Da wirkt auch noch die jüngste Vergangenheit nach. Vieles hat bei den Menschen Vertrauen in die bisherigen Gestalter des öffentlichen Diskurses, wenn man so will, zerstört. Die Migrationspolitik mit dem Märchen der stetig kommenden „Fachkräfte“, die ja seit Jahren hier sind und am Fachkräftemangel trotzdem nichts verändert haben, oder auch die Coronapolitik mit all ihren falschen Narrativen, Grenzüberschreitungen und Totalitarismen, tragen sicherlich viel zu diesem Vertrauensverlust bei. Da hat eine Sensibilisierung stattgefunden: Viele Menschen merken immer mehr, wenn sie veräppelt werden sollen, und lassen sich das immer weniger bieten.

Die linke Diskursmacht ist hohl und substanzlos

Und sie wenden sich „Rechts“ zu, weil auch die Auseinandersetzung mit „Rechts“ inzwischen nicht mehr auf einer Sachebene, sondern auf einem völlig clownesken Level stattfindet. Beispiel „Remigration“. Politik und Presse schreien eigentlich nur „Deportation“, „völkische Rassenideologie“ und „Holocaust“. Viele Menschen hingegen fragen sich: Was ist eigentlich falsch daran, viele derer, die gar nicht hier sein dürften, zurückzuführen? Ist es tatsächlich demokratisch-humanistischer Imperativ, dass illegale Migranten alle hierbleiben sollen?

Ist es wirklich neuer Nationalsozialismus, wenn man die hunderttausenden, die hier bereits nach geltender Rechtslage gar nicht sein dürften, rückführen will? Müssen wir unser Land wirklich mit Menschen teilen, die es und uns offenkundig verachten und geringschätzen? Ist jeder, der das nicht akzeptieren will, ein Rassist? All diese Fragen sind legitim und verständlich – aber werden von denen, die dem Volk dafür eine Antwort schulden, lieber mit der großen Nazikeule niedergedroschen. Sie haben ihre eigene Rhetorik so überdreht, dass sie sachlich gar nicht mehr antworten können – sie können nur noch beschimpfen. Die linke Diskurshoheit ist längst hohl und substanzlos.

Und die AfD, als einzige wirkliche Antithese zu dieser Diskurshoheit, baut Stärke auf – laufen die politischen Entwicklungen so weiter wie bisher, wahrscheinlich nachhaltig. Auch die „Flugblatt-Affäre“ um Aiwanger, die mit dem scharfen Schwert des NS-Vorwurfes daherkam, perlte unterm Strich wirkungslos an dem Freie-Wähler-Chef ab – und er profitierte sogar. Und die verzweifelte Verleumdung der Bauernproteste als rechtsradikal, gewaltbereit und putschistisch schaffte es Anfang dieses Jahres nicht, den Demos gegen die Ampel ihr Momentum zu nehmen. Das ist neu – vor fünf Jahren wären diese Kontroversen noch anders ausgegangen.

Das ist keinesfalls Symptom von „Politikverdrossenheit“ – oder Ergebnis dessen, dass man Wähler „in die Arme der Rechten treibt“. Ohnehin sollten manche politisch-mediale Akteure es sich mal abgewöhnen, von unliebsamen Wählern als objektifizierte, willenlose Massen zu sprechen, die im Grunde nur von anderen hin- und herbewegt werden. In Wahrheit emanzipieren sich immer mehr Menschen eben ganz bewusst von Links weg – die Gesellschaft und ihr Diskursfenster rücken insgesamt nach rechts. Und das ist so erstmal urdemokratisch.

Die Menschen sind es schlicht leid, sich links belehren, beschimpfen und pathologisieren zu lassen. Sie hören nicht mehr auf diejenigen, die ihnen ständig ein X für ein U vormachen wollen – manche würden ihnen nicht mal mehr glauben, dass Wasser nass und der Himmel blau ist. Wenn die üblichen Akteure etwas zum „Unwort“ erklären, wird es für viele erst interessant. Und wenn die Politik, die doch für die aktuelle Lage verantwortlich ist, mehr über die AfD und „Rechts“ schimpft als über substanzielle Lösungen spricht, denken immer mehr Menschen: So übel kann „Rechts“ ja gar nicht sein.

Fest steht: Immer weniger Menschen wollen die Herrschaft weniger über das Narrativ noch akzeptieren. Die etablierten Parteien und Medien täten gut daran, diese Entwicklung nicht zu verleumden oder schlechtzureden, sondern sie mal zu registrieren und ernstzunehmen – sonst werden die Entwicklungen sie bald überholen. Es ist langsam auch fünf vor zwölf: Politiker, die Fragen der Bürger nicht beantworten, sondern nur noch beschimpfen können, haben in Wahrheit schon längst abgewirtschaftet. Eine Machtelite, die so Politik macht, ist innerlich längst am Ende.

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