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Chef des Deutschen Richterbundes: „Alles außer Mord und Totschlag wird quasi nicht mehr verfolgt“

Chef des Deutschen Richterbundes: „Alles außer Mord und Totschlag wird quasi nicht mehr verfolgt“
Jens Gnisa, Vorsitzender des Deutschen Richterbundes

Fast vier Jahre nach Merkels eigenmächtiger Grenzöffnung ist die deutsche Justiz in großen Teilen fast vollständig zusammengebrochen. Keine zwei Wochen nachdem der Vorsitzende der Vereinigung Berliner Staatsanwälte, Ralph Knispel, die Kapitulation der Hauptstadt-Justiz live im ZDF verkündtete, hat sich mit Jens Gnisa nun auch der Chef des Deutschen Richterbundes zu Wort gemeldet.

von Stefan Schubert

»Der Rechtsstaat funktioniert nicht mehr.« »Dass mutmaßliche Totschläger frei herumlaufen können, ist auch ein Symptom der Überlastung der Justiz.« Beide Aussagen von Ralph Knispel bergen das Potenzial, um als Titel auf einem Buchcover zu prangen. Überraschenderweise fielen diese Äußerungen in einem Gespräch mit dem ZDF-Mann fürs Schönreden, Markus Lanz. In diesem Fall stand dies dem Erkenntnisgewinn jedoch nicht im Wege – sofern dem Autor dieses Beitrags ein Schuss Sarkasmus gestattet ist. Dass der Oberstaatsanwalt Ralph Knispel so offen über den Zusammenbruch der Berliner Justiz berichtete, liegt daran, dass er als Vorsitzender der Vereinigung der Staatsanwälte sprach, während ihm als Oberstaatsanwalt wegen behördlicher Maulkörbe ansonsten solche öffentlichen Aussagen verboten sind.

Über die Behauptung, die Bundeshauptstadt sei eine attraktive Metropole für Arbeitnehmer aus dem Justizsektor, hat der leitende Jurist nur ein zynisches Grinsen übrig. In Berlin verdienen die Juristen am wenigsten bundesweit, für die gleiche Arbeit erhalten sie in Bayern 5000 Euro netto jährlich mehr. Das Schildern der täglichen Arbeit des Oberstaatsanwalts mutet denn auch eher an Arbeitsplatzbeschreibungen in Dritte-Welt-Ländern an; doch es handelt sich um eine Realität in der von SPD-Grünen-Linke verwalteten Hauptstadt. Der Begriff »regieren« verbietet sich hier schlicht.

Der Oberstaatsanwalt schildert, wie er jeden Tag neue Aktenberge von Kapitalverbrechen auf seinen Schreibtisch bekommt, die nicht einmal von einem Innendienst oder einer Poststelle geliefert werden. Er muss die Akten selbst abholen. Auch gebe es keine Schreibkräfte, die Berliner Staatsanwälte tippten selbst, genauso wie sie auch Arbeitszeit investierten, um benötigte Kopien anzufertigen, und hierfür den Kopierraum aufsuchen müssten. Um wie viel effektiver eine Justiz arbeitete, wenn ihr diese Hilfsarbeiten abgenommen würden, müsste jedem klar sein. Jeden zweiten Mittwoch im Monat ist um 17 Uhr gezwungenermaßen Dienstschluss, da wegen Wartungsarbeiten sämtliche Computer im Amt heruntergefahren werden.

Doch es geht noch schlimmer: Im Kriminalgericht Moabit verfügen die 43 Staatsanwälte nicht mal über ein eigenes Büro. Die Zimmer sind dort mehrfach belegt. Die Staatsanwälte können dort weder in ihre Diktiergeräte sprechen, die ohnehin über schlecht funktionierende Sprachprogramme verfügen, die sich auf einem ähnlichen Niveau wie die WhatsApp-Funktion befinden und mit den hauptsächlich arabischen Namen überfordert sind, noch können sie konzentriert telefonieren oder gar Zeugen und Tatverdächtige in ihrem Büro verhören. Ebenfalls verhindert die Überbelegung, dass Referendare gewissenhaft ausgebildet und dass mit Polizisten ungestört Fallakten erörtert werden.

Die Berliner Politik hat dem überlasteten Justizapparat für das Jahr 2026 die Einführung einer elektronischen Akte versprochen. Nach den Erfahrungen mit dem Berliner Flughafen wird dieser »digitale Fortschritt« wohl erst um 2038 zur Verfügung stehen, wenn viele der heutigen Staatsanwälte schon im Ruhestand sind. Oberstaatsanwalt Ralph Knispel fasst die Zustände folgendermaßen zusammen: »Die Bedingungen, unter denen wir arbeiten, sind teilweise unzumutbar.«

56 Prozent der bearbeiteten Straftaten bleiben unaufgeklärt

Bei dieser politischen »Führung« ist es wenig verwunderlich, dass die Aufklärungsquote – sofern man angesichts der Zahlen überhaupt von Aufklärung sprechen kann – in Berlin bei gerade einmal 44 Prozent liegt. Berlin hält auch in dieser Statistik die rote Laterne. Markus Lanz berichtet in diesem Gespräch von einem anderem Studiogast, dem Vorsitzenden des Deutschen Richterbundes, Jens Gnisa. Dieser schilderte Lanz, dass zuerst Mord und Totschlag von der Justiz verfolgt würden, wenn teilweise auch mit großer Verzögerung. Alle darunter befindlichen Delikte würden jedoch zu 90 Prozent nicht weiterverfolgt oder im Sande verlaufen wegen des drastischen Personalmissstandes in der Justiz. Das Buch von Gnisa, Das Ende der Gerechtigkeit, bezeugt ebenso den drastischen Verfall des deutschen Justizsystems wie auch der Spiegel-Bestseller des Autors dieses Beitrags, Die Destabilisierung Deutschlands: Der Verlust der inneren und äußeren Sicherheit.

Zur Einschätzung der Berliner Verhältnisse sagte Knispel: »Die Berliner Justiz ist den aktuellen Anforderungen nicht gewachsen.« Weiterhin führte der Oberstaatsanwalt aus: »Das Thema nicht vollstreckter Haftbefehle spielt bundesweit eine Rolle, insbesondere in Berlin, und wird auch teilweise von der Senatsverwaltung für Justiz offensichtlich unzureichend aufgearbeitet. In Berlin hatten wir im letzten Jahr, Stichtag war März 2018, mehr als 8500 nicht vollstreckte Haftbefehle. (…) Auch wenn wir zurückdenken an den Prozess in Freiburg, wo elf Flüchtlinge angeklagt waren wegen Vergewaltigung – der Hauptangeklagte, auch gegen den lag ein Haftbefehl vor, und auch der ist noch nicht vollstreckt worden.«

»Straftäter lachen uns aus«

Diese Zustände sind nicht auf Berlin beschränkt, sondern auch in anderen Bundesländern anzutreffen. Der Justiz-Insider spricht aber von einem deutlichen Nord-Süd-Gefälle. Ebenso berichtet der Oberstaatsanwalt von überfüllten Gefängnissen (hier sei erläutert, dass nicht etwa wegen hoher Haftstrafen die Haftanstalten förmlich »aus allen Nähten platzen«, sondern wegen des Abbaus von Haftplätzen in der Vergangenheit). Deshalb müssten Straftäter ihre rechtskräftig verhängten Strafen gar nicht mehr absitzen. Vor diesem Hintergrund würden sogar Täter aus der Organisierten Kriminalität sehr schnell in den offenen Vollzug überführt. Auf die Frage von Lanz: »Nehmen die Leute, die diese Straftaten begehen, den Rechtsstaat überhaupt noch ernst?«, antwortete der Berliner Oberstaatsanwalt: »Nein. Die lachen uns aus!«

Aufgrund dieser unglaublichen Personalmisere häufen sich sogar Fälle, in denen dringend tatverdächtige Gewalttäter und mutmaßliche Foltermörder aus der Untersuchungshaft entlassen werden müssen, da es die Justiz nicht schafft, die vorgeschriebenen Fristen einzuhalten. Welche Taten sich hinter diesem Justizskandal verbergen, wurde Anfang Juli in Cottbus öffentlich. Seit Anfang 2017 befindet sich ein (angeblich) 17-jähriger syrischer »Flüchtling« in Untersuchungshaft. Dieser ist dringend tatverdächtig, die 82-jährige Gerda K. bestialisch ermordet zu haben.

Milde für syrischen Raubmörder

Er wird beschuldigt, die Seniorin gefesselt und mit einer Tüte über den Kopf liegen gelassen zu haben, um dann alle Schubläden und Schränke zu durchwühlen. Gerda K. erstickte qualvoll. Der Syrer hat demnach einen besonders brutalen Raubmord begangen. Nach dem Jugendstrafrecht drohen dem Einwanderer ohnehin nur 10 Jahre Haft. Doch nun hat das Oberlandesgericht das Staatsversagen komplettiert. Der Syrer sei umgehend aus der U-Haft zu entlassen, da diese »unverhältnismäßig lange« andauere. »Im Namen des Volkes« ist dieser skandalöse Vorgang sicherlich nicht.

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