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Kriegstourismus nach Kiew: Champagner schlürfen und ukrainische Leichen zählen

Kriegstourismus nach Kiew: Champagner schlürfen und ukrainische Leichen zählen
Champagner-Party am 25. Juli 2022 in Kiew: Nancy Faeser (SPD), Vitali Klitschko und Hubertus Heil (SPD)

Die Stimmung wirkt ausgelassen, die Sonne strahlt und es wird herzlich gelacht – das Champagnerglas in der Hand. Ein Foto der Ukraine-Reise, dass Innenministerin Nancy Faeser gemeinsam mit Arbeitsminister Hubertus Heil und Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko zeigt, sorgt für einen Tsunami der Empörung.

von Daniel Matissek

Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Es gibt Aufnahmen, die bringen den ganzen Irrsinn, die monströse Absurdität einer Zeit besser auf den Punkt als noch so viele wohlgesetzte Analysen und Beschreibungsversuche. So zeigen die heute publik gewordenen Fotos der deutschen Minister Nancy Faeser und Hubertus Heil beim heiteren Anstoßen mit Champagner auf dem Kiewer Rathausbalkon mitten im „Kriegsland” Ukraine all das, was derzeit in der deutschen und europäischen Politik schief läuft, welche ungeheuerliche Verlogenheit und Verblendung vorherrschen und für wie dumm wir fortwährend von noch dümmeren Akteuren verkauft werden, wie unter dem Brennglas.

Für Deutsche allgemein und für Sozialdemokraten im Besonderen muss es ein Fanal der Schande und eine moralische Bankrotterklärung sein, wie uns unsere eigene „Volksdiener” bar jedes Fingerspitzengefühls hier verhöhnen und den eigenen Bürgern kalt lächelnd ins Gesicht rotzen, die das Steuergeld für ihre großzügigen Wohlfahrtstrips, für Hilfszusagen, Waffen und Wiederaufbauhilfen sauer verdienen müssen. Wir dürfen machtlos zusehen, wie die im eigenen Land zunehmend schwindende Restsubstanz und die eigentlich für Deutschland erwirtschafteten Früchte unserer Leistung geradezu kriminell ins Ausland verschleudert werden, damit sich moralische Heuchler den eigenen Heiligenschein polieren können.

Während wir in der Heimat vor leeren Supermarktregalen stehen, Energie sparen und frieren sollen, aufs Reisen oder Autofahren (wer sich beides überhaupt noch leisten kann) verzichten müssen und wegen der Gaskrise im Namen der Ukraine-Solidarität einen Wirtschaftszusammenbruch mit Massenarbeitslosigkeit erwarten dürfen, verlustieren sich die beiden Ampel-Ressortchefs für Inneres und Soziales bei perlendem Schaumwein auf Logenplätzen in Kiew, wo sie von regierenden Korruptionsoligarchen und Vertretern der profitierenden Kleptokraten-Créme unserer neuen Verbündeten und künftigen EU-Partner hofiert werden.

Aus Sicht der ukrainischen Führung, der Anstand und Instinkt ebenso abhold sind wie Dankbarkeit oder Demut – die überfälligerweise endlich entsorgte Unperson Andrij Melnyk lässt grüßen! – mag es völlig normal sein, die Korken knallen zu lassen, während das eigene Volk hungert und darbt oder, wie jetzt im Krieg, abkratzt. Außer bei gelegentlichen Fototerminen mit Uniform vor Ruinen oder im Commandante-Look bei Zoom-Konferenzen haben auch die Selenskyjs und Klitschkos längst keinen Bezug mehr zur Realität ihres Landes. Wer sich mit Ukrainern einmal unterhalten hat – und zwar wohlgemerkt westlichen, nicht russischstämmigen Ukrainern – kann ein Lied von ihrem ohnmächtigen Zorn singen.

Die „osteuropäische” Mentalität

Es verrät mehr über die politische Kultur und den Zustand der ukrainischen Gesellschaft  (viel mehr als in all den Antragsnoten und Beitrittsformularen für den EU-Beitritt zusammengestunken und -gelogen werden wird), dass sich dortige politische Spitzenrepräsentanten inmitten eines „Krieges” derart taktlos beim Champagner-Empfang zeigen und entspannt ihren Lifestyle und Luxus zelebrieren, während zugleich Zivilisten massenhaft krepieren und Menschen auf der Flucht sind. Die zugrundeliegende Mentalität ist dieselbe wie die in allen UdSSR-Nachfolgestaaten: Egoismus, Großkotzigkeit und Protzigkeit sind gesellschaftlich hoch angesehen, gelten als legitime und natürliche Attribute derer, die es „geschafft” haben und nun ihre verdiente Beute auskosten. Mehr oder minder insgeheim wird dort neureiches Gebaren eher als Erfolgsbeweis und Zeichen von Stärke wahrgenommen – was die riesigen Fuhrparks ukrainischer Luxusschlitten in Europas Hauptstädten ebenso erklärt wie die in den „Pandora-Papers” enthaltenen Vermögenswerte der ukrainischen „Eliten”. Kein Wunder – ist die dortige Führung doch sogar noch korrupter als das vielgeschmähte „System Putin“ in Russland, womit sich das abgestumpfte ukrainische Volk schon lange vor dem Krieg arrangiert hat. Wo solche Politiker nicht zum Teufel gejagt werden, nimmt deshalb auch garantiert keiner Notiz von – oder Anstoß an – klirrenden Champagnergläsern.

Und ebenso wundert sich in der Ukraine auch keiner ernsthaft darüber, dass die dortigen Staatsrepräsentanten in Wahrheit wohl gar kein Interesse daran haben, den erfolgreich zum Sprudeln gebrachten Milliardenbrunnen des Westens durch ein vorzeitiges Kriegsende zum Versiegen zu bringen. Lieber empfängt man die deutsche Bundesregierung (von der im „Kriegsland“ inzwischen bald jeder vom Kanzler bis zum Hausmeister zu Gast gewesen sein dürfte), absolviert Sightseeing-Tours zu plakativen Zerstörungsszenerien und macht anschließend in angenehmer Atmosphäre die Honneurs, um so den passenden Rahmen fürs anschließende Zücken der Scheckbücher herzustellen.

Gezückte Scheckbücher

Die Selenskyjs, Klitschkos und Monastyrskyjs tun dabei genau das, was clevere Lobbyisten und Wirtschaftsvertreter bei PR- und Verkaufsveranstaltungen schon immer taten: Sie machen es ihren „Kunden” (in diesem Fall: Geldgebern) so annehmlich wie möglich. Insbesondere die naiven und empathiefrei-arroganten Vertreter Deutschlands vom Schlage einer früheren Provinzpolitikerin Faeser oder eines feisten Versorgungsfalls Heil sind für solche Schmeicheleien natürlich anfällig; in solchen Momenten fühlen sie sich dann besonders erhaben und wichtig – und wähnen sich in der Realitätssimulation des vermeintlich „echten Lebens“ auf einem biographischen Zwischenhoch.

Und wer sich verwundert fragt, wann und wo in der Geschichte es so etwas eigentlich je gegeben hat, dass ausländische Politiker wie am Fließband in die Hauptstadt eines „Kriegsgebietes“ tingeln, dort für die Kameras Betroffenheitsmienen aufsetzen und später in gelöster Runde die verbalen Geldkoffer abladen, während die Front, die Bilder von Toten und zerbombten Städten so ferne sind und von den heimischen Medien stets dissoziativ, wie aus der „anderen Ukraine“ eines Paralleluniversums eingeblendet werden – dem sei nochmals gesagt: Um „die Menschen in der Ukraine”, um „Frieden” geht es hier nicht. All die Betroffenheitsfloskeln von humanitärem Leid, von Zerstörungen und von russischen Terrorakten gegen die Zivilbevölkerung werden durch diese „Balkonszene” zur Farce gemacht. Worum es stattdessen geht: Dass hier eine Clique von Nutznießern das Maximum  herausholen will – nicht für ihr Volk, sondern für sich selbst.

Millionen für Externe, aber kein PR-Berater?

Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Faeser und Heil sind nur die jüngsten Glieder in einer endlosen Reihe nützlicher Idioten. Besonders praktisch dabei ist, dass ihnen ihre eigenen deutschen Landsleute dabei ebenso schnurzpiepegal sind wie den Kiewer Oligarchen deren Bevölkerung.

Wer hier nur von einem „PR-Desaster“ spricht, von einer „unglücklichen“ oder „unpassenden“ Situation, so wie manche Journalisten und Twitterer zerknirscht urteilen (der Mainstream thematisiert den Skandal bislang erst gar nicht!), der sollte sich zwei Fragen stellen: Erstens, was verrät dieser Vorfall über die charakterliche und persönliche Eignung (von der fachlichen ganz zu schweigen) von gänzlich taktlosen und unsensiblen Politikern für ihre Ämter? Und zweitens, wenn denn schon diese wichtigen Ämter mit solchen skandalösen Flachpfeifen besetzt werden – wofür gibt dann eigentlich die deutsche Bundesregierung mehr Geld für externe Berater als je zuvor aus, da sie offenkundig ja nicht einmal über simple PR-Berater verfügt, die solche Riesenfettnäpfe vermeiden helfen?

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